Talent Management: Wenn Eltern Talent Manager sind

Talent Management beginnt früh – vielleicht zu früh, wie Talent-Management-Experte Martin Claßen in seiner Kolumne feststellt. Junge Eltern sind Talent Manager und eifern chinesischen Idealen nach. Den Unternehmen könnte das zu Gute kommen. Darum unterstützen sie dabei auf ihre Weise.

China in den 1960ern: Damals war das Land im fernen Osten eine unerreichbare, unbegreifliche, unfassbare Welt. In den alten Erdkundebüchern gab es bunt gemalte Menschen: Weiße, das waren wir. Schwarze, die man noch Neger nannte. Rote, die auf Pferden mit Pfeil und Bogen hinter Büffeln herjagten. Braune, die pelzummantelt in Kajaks zwischen Eisbären paddelten. Die gelben mit den Schlitzaugen nannten wir "Schinäsen". Am liebsten waren mir als Kind natürlich Indianer, weit mehr als die wuselnden Ameisen aus dem Reich der Mitte. Die wurden immer nur als Vielzahl dargestellt. Masse waren wir als "Babyboomer" bereits selbst.

Aber auch Indianer stammten aus einer fernen Sphäre. In unsere Kleinstadt kamen damals gerade Gastarbeiter aus dem Süden Italiens mitsamt ihren Familien. Schon das waren Fremde von einem anderen Stern. Immerhin lernten wir so Pizza, Spaghetti-Eis und manche Fußballraffinesse kennen. Vermutlich wirkt eine solche frühkindliche Sozialisation noch nach.

China gilt heute als Vorbild für Ökonomen

Heute gilt China als Wirtschaftswunderland, als Triebfeder der globalen Ökonomie, als Hoffnungsträger unserer ausfuhrorientierten Unternehmen. Die Zukunft liegt jedenfalls dort und nicht hier, lautet das Mantra vieler Ökonomen. Selbst der aktuelle Knacks – Wachstumsraten von "nur" noch knapp acht Prozent – sei ein Klacks, bedeutet keine echte Krise.

Die Volksrepublik bleibt trotz wirtschaftlicher Bremsspuren wichtigster Motor multinationaler Konzerne für "Profitable Growth". Längst hat China Deutschland überholt: Als Exportnation Nummer Eins, als Urlaubernation Nummer Eins, als Hinrichtungsnation Nummer Eins.

Eltern beginnen früh mit dem Talent Management

So waren Eltern schon immer: Ihre Kinder sollen es einmal besser haben. Bei erfolgreichen und gutsituierten Eltern legt dies die Messlatte weit nach oben. Für ihre Zöglinge können die Voraussetzungen zum späteren beruflichen Erfolg nicht früh genug gelegt werden. Zur Differenzierung des eigenen Nachwuchses vom Rest der Kiddies sind ganz neue Wege zu beschreiten.

Nun soll hier nicht vom pränatalen Talent Management die Rede sein, also etwa Mozartmusik bei der Schwangerschaftsgymnastik. Blicken wir auf die Kita-Phase, die bei besonders geförderten Kindern oft bereits acht Wochen nach der Geburt beginnt: In großen Städten bieten innovative Einrichtungen mit Namen wie Glückskinderhaus und dem Slogan „Multikulti für die Kleinsten“ Chinesisch, also Mandarin. Natürlich spielerisch gestaltet durch "native Bildungskindergärtnerinnen". Die Wartelisten sind lang. Denn, das ist heute Allgemeingut, die Weichen für das Leben werden früh gestellt.

Selbstverständlich bieten solche Glückskinderhäuser lange und flexible Öffnungszeiten. Damit die Eltern der kleinen Talente weiter an ihrem eigenen beruflichen Erfolg arbeiten können. Sie wissen ihren Nachwuchs ja von klein auf in guten Händen und auf der Überholspur.

Martin Claßen hat 2010 das Beratungsunternehmen People Consulting gegründet. Talent Management gehört zu einem seiner fünf Fokusbereiche in der HR-Beratung.