Kolumne Talent Management: Bewertungsportale

Plattformen für Arbeitgeberbewertungen sind ein weiterer Recruiting-Kanal, den Talent Manager kennen und richtig nutzen sollten. Kolumnist Martin Claßen hat sich Kununu und Jobvoting einmal näher angesehen – mit durchwachsenem Ergebnis.

Haben Sie sich auch schon gefragt was "Kununu" eigentlich heißt? Dies bedeutet "unbeschriebenes Blatt" auf Suaheli. Ganz so unbeschrieben ist das namensgleiche Bewertungsportal für Arbeitgeber mit rund einer halben Million Bewertungen von etwa 140.000 Unternehmen allerdings nicht. Oder doch? Im Schnitt sind das gerade drei Einschätzungen pro Firma – also doch ziemlich unbeschrieben.

Und dazu noch ziemlich unleidlich; liegt doch die Durchschnittsbewertung bei 2,4 auf einer Skala von eins bis fünf. Aus purer Neugier schaue ich nach der Stimmung beim immer noch aufgelisteten Drogeriemarkt Schlecker: 2,34 – offenbar ein ganz typischer Arbeitgeber, denn nicht nur dort neigen die Einschätzungen verstimmter Beschäftigter versus verzückter Mitarbeiter eines Unternehmens zum typisch deutschen Meckern und Lästern. Um diese Miesepetersicht auszugleichen, gibt es vermutlich inzwischen den aus anderen Bewertungsportalen für Produkte wie Hotels et cetera bekannten Berufsstand des PBF (Positivbewertungs-Faker).

Schritt für Schritt die Bewertungsportale durchsuchen

Unzufriedene Arbeitnehmer können sich auf der Suche nach einer besseren Stelle auf Kununu peu à peu vortasten. So habe ich – obwohl nicht auf der Suche – als Standort meine Heimatstadt eingegeben mit einem Umkreis von maximal 15 Kilometern (Stichwort "Bequemlichkeit"). Immerhin 300 Unternehmen poppen hoch, die meisten allerdings mit sehr wenig oder sehr miesen Bewertungen.

Also nutze ich die Filtermöglichkeiten: Mindestens 25 Urteile sollen es bitteschön schon sein, damit es ausgewogen wird. Die durchschnittliche Bewertung muss auf jeden Fall bei 4,0 liegen – wenn schon, denn schon. Bei den Benefits kreuze ich flexible Arbeitszeiten und Homeoffice an. Schließlich will ich mindestens meinen heutigen Standard halten.

Übrig bleibt kein einziges der anfangs gelisteten Unternehmen.

Nun sehe ich beim wichtigsten Konkurrenten für Kununu nach: Jobvoting. Ganz ehrlich, mit dem Konfigurator von Jobvoting komme ich überhaupt nicht klar. Ist wohl nur etwas für die Generation Y und nichts für "Silver Hairs". Darum flugs wieder raus. Denn eine Kolumne ist primär dafür da, ihren Lesern Einschätzungen zum Stand der Dinge zu geben.

Die Geschäftsmodelle der Bewertungsplattformen

Schauen wir uns einmal die Geschäftsmodelle der beiden Konkurrenten an: Anfang 2013 wurde die Plattform Kununu für kolportierte 3,6 Millionen Euro vom Karrierenetzwerk Xing gekauft, das wiederum selbst seit Ende 2012 mehrheitlich zum Medienkonzern Burda gehört. Vermutlich handelt es sich nicht um eine reine Finanzinvestition. Nun könnte man spekulieren, welches Geschäftsmodell hinter diesen Verbindungen steht. Die Bewertungen bei Kununu für die Mutter Xing (4,00) und die Oma Burda (3,39) liegen jedenfalls im grünen Bereich.

Der Betreiber von Jobvoting erklärte kürzlich der Süddeutschen Zeitung: "Die Umsätze sind fünfstellig, der Gewinn positiv". Wie das gehen soll, bei aller Bescheidenheit, ist mir ein Rätsel. Da hätte die Journalistin schon mal nachhaken können. Der Kaufpreis von Jobvoting dürfte jedenfalls deutlich geringer ausfallen.

Wie Talent Manager handeln könnten

Mein Fazit: Wenn ich für das Talent Management einer größeren Firma verantwortlich wäre, würde ich darüber nachdenken, mir so ein Arbeitgeberportal für lau zu kaufen, dann die Benutzerfreundlichkeit etwas aufzupeppen und schließlich bei den Bewertungen ein klein wenig ...

... Nein, das würde ich nicht machen.

Martin Claßen hat 2010 das Beratungsunternehmen People Consulting gegründet. Talentmanagement gehört zu einem seiner fünf Fokusbereiche in der HR-Beratung.