Kolumne: Talent Management mit Agenten

Was Personalmanagement mit Sport gemeinsam hat? Hier wie da läuft nichts ohne die richtigen Talente. Doch Talent Manager können noch vom Sport lernen: Talentagenten werden bald die Vermittlung zwischen Unternehmen und Talenten übernehmen, prognostiziert unser Kolumnist Martin Claßen. 

Was haben Takuhiro Nakai und Vincent Claßen gemeinsam? Beide sind neun Jahre alt, beide lieben Fußball über alles, beide wollen später ein richtiger Profi werden. Was unterscheidet sie? Der erste wechselte unlängst aus Japan in die E-Jugend von Real Madrid und gilt als Superstar der Zukunft. Vertragsdetails für den Transfer wurden nicht bekannt. Der zweite, mein Sohn, spielt mit viel Freude beim SV Ebnet und trifft gelegentlich ins gegnerische Tor.

Vermutlich hat Takuhiro einen Agenten, noch ein Unterschied. Das ist im Spitzensport, im Medienbereich, im Kultursektor bereits seit langem gang und gäbe. Der Agent von Takuhiro verhandelte zunächst mit einem anderen spanischen Spitzenclub. Den er gegen die Madrilenen ausspielte. Nun wird aus Takuhiro eben kein Klein-Messi sondern ein Klein-Ronaldo. Sei's drum.

Deutsche Realität: Agenten sitzen nur im Arbeitsamt

Nur im Business sind Agenten ausgesprochen selten - noch. Hat etwa Martin Winterkorn, VW-Chef und dem Verdienst nach Deutschland allergrößtes Talent, für seine berufliche Karriere jemals einen Agenten gebraucht? Nein, hat er nicht. Er kam 1981 von sich aus in die Unternehmensgruppe. Vermutlich hatte er nur den ein oder anderen Mentor sowie manche eng verbundenen Seilschaftsgenossen.

Hierzulande gibt es Agenten für den Job bislang allenfalls in tieferen Sedimentschichten des Arbeitsmarkts. Dort kümmern sie sich – vom Beschäftigungsvermittler zum „persönlichen Ansprechpartner“ gemausert – um die Zusammenführung von Angebot und Nachfrage. Daher heißt das Arbeitsamt inzwischen Agentur für Arbeit.

Die ersten Talentagenten sind schon auf dem Markt

In eigentlich allen unausgeglichenen und undurchsichtigen Märkten schieben sich irgendwann Makler zwischen Angebot und Nachfrage. Das wird im Talentmarkt in absehbarer Zeit nicht anders sein. Bereits jetzt treten die allerersten Talentagenten in Erscheinung.

Mit einem weiteren Anschwellen des Talentproblems werden sich sämtliche Möchtegern-Winterkorns ihren eigenen Agenten zulegen. Dieser lebt von der Vermittlungsprovision, die vom letztlich den Zuschlag erhaltenden Arbeitgeber entrichtet wird. Das Prinzip kennt man vom kunterbunten Headhunter-Treiben. Nur dass diese Kopfjäger als Nachfrager von Arbeitskraft in Erscheinung treten. Hingegen verstehen sich Agenten als Anbieter von Arbeitskraft. Vermutlich werden bald auch die aus dem Fußball bekannten Handelsformen wie Ablösesummen, Verleihgeschäfte und Ausbildungsentschädigung um sich greifen. An denen der Agent nochmals mitverdient.

Solche Agenten werden ihre Produkte – also die Talente – in geschickter Weise anpreisen, etwa per Video im Internet. So hat es jedenfalls der von Takuhiro gemacht. Auf YouTube sind beeindruckende Dribblings des Jungstars zu sehen. Nur ins Tor trifft er ganz selten. Kurz vor dem spielentscheidenden Schuss ist der Videostream jeweils abgeschnitten.

Martin Claßen hat 2010 das Beratungsunternehmen People Consulting gegründet. Talent Management gehört zu einem seiner fünf Fokusbereiche in der HR-Beratung.