BEM ist Pflicht des Arbeitgebers

Seit 2004 müssen Arbeitgeber ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchführen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 167 Abs. 2 SGB IX vorliegen. Diese Pflicht trifft alle Arbeitgeber, unabhängig von der Betriebsgröße. Gleichgültig ist auch, ob es in dem Betrieb einen Betriebsrat oder Personalrat gibt.

Durch das betriebliche Eingliederungsmanagements (nachfolgend BEM) sollen die Verfahrensregelungen zur betrieblichen Prävention fortentwickelt werden, um insbesondere durch Gesundheitsprävention das Arbeitsverhältnis möglichst dauerhaft zu sichern. Die Durchführung des BEM ist für den Arbeitgeber gesetzliche Pflicht. Allerdings ist die Verletzung dieser Pflicht nicht unmittelbar sanktioniert, weshalb ein gewisser Spielraum zur Entscheidung besteht, ob und zu welchem Zeitpunkt das BEM durchgeführt werden soll.

Ab wann besteht Anspruch auf eine betriebliche Wiedereingliederung?

Das BEM gilt für alle Beschäftigten und setzt ein, sobald die zeitliche Grenze von sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit überschritten ist (Betrachtungszeitraum = 1 Jahr). Das BEM ist auch dann durchzuführen, wenn die Arbeitsunfähigkeit noch andauert.

Nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Gesprächspartner des Arbeitgebers die Interessenvertretung, bei schwerbehinderten oder gleichgestellten Beschäftigten außerdem eine vorhandene Schwerbehindertenvertretung, während der betroffene Beschäftigte hinzugezogen und beteiligt wird.

Zur Durchführung des BEM sind alle Arbeitgeber verpflichtet. Auf die Betriebsgröße kommt es dabei nicht an. Die betriebliche Interessenvertretung hat gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch darauf, dass ihr die Namen sämtlicher Arbeitnehmender - auch ohne deren Einverständnis - genannt werden, die für die Durchführung eines BEM in Betracht kommen.

Arbeitnehmer dürfen BEM ablehnen

Unabdingbare Voraussetzung für die Durchführung des BEM ist die vorherige Zustimmung des Beschäftigten. Diese hat der Arbeitgeber vom Beschäftigten nach Information über die verwendeten Daten und Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements einzuholen.

Verweigert der Beschäftigte die Zustimmung, darf das Verfahren nicht begonnen bzw. weitergeführt werden. Dieser Vorbehalt ist Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts des Beschäftigten. Der Arbeitgeber hat, wenn er zuvor seiner Informationspflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist, seine Pflicht erfüllt. Erteilt der Beschäftigte jedoch später ausdrücklich die Zustimmung, beginnt die Pflicht zur Durchführung erneut.

Dauer des betrieblichen Eingliederungsmanagements

Wie das BEM konkret abzulaufen hat, ist gesetzlich nicht geregelt. Es ist ein nicht formalisiertes Verfahren, das den Beteiligten großen Spielraum lässt. Eine genaue Dauer des BEM lässt sich nicht festlegen. Das BEM kann so lange in Anspruch genommen werden, bis entschieden werden kann, ob durch die Maßnahmen die Arbeitsunfähigkeit überwunden werden kann oder nicht.

BEM: Pflicht zur Belehrung

Eine Belehrung nach § 167 Abs. 2 Satz 4 SGB IX gehört zu einem regelkonformen Bemühen des Arbeitgebers, die Zustimmung des Arbeitnehmenden zur Durchführung eines BEM einzuholen. Die Belehrung soll dem Arbeitnehmenden die Entscheidung ermöglichen, ob er oder sie dem BEM zustimmt oder nicht. Wichtig ist dabei, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmenden eindeutig auffordert, mit ihm ein BEM-Verfahren durchzuführen.

Dem Beschäftigten muss erklärt werden, was ein BEM bedeutet. Er oder sie muss insbesondere darauf hingewiesen werden, was mit seinen/ihren datenschutzrechtlich besonders geschützten Gesundheitsdaten im Verfahren geschieht und dass eine diesbezügliche Einwilligung nur wirksam ist, wenn sie auf einer freien Entscheidung beruht. Die Belehrung muss eine Darstellung der Ziele des BEM beinhalten. Dazu gehört eine Erläuterung, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und wie das Arbeitsverhältnis erhalten werden kann.

Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an die ordnungsgemäße Durchführung eines BEM:

  • Dem oder der Arbeitnehmenden muss klar werden, dass es um die Grundlagen seiner/ihrer Weiterbeschäftigung geht und dazu ein ergebnisoffenes Verfahren durchgeführt werden soll, in das er/sie auch selbst Vorschläge einbringen kann.
  • Es ist ein Hinweis zur Datenerhebung und Datenverwendung erforderlich, der deutlich macht, dass nur solche Daten erhoben werden, deren Kenntnis erforderlich ist, um ein zielführendes BEM durchführen zu können.
  • Dem Arbeitnehmenden muss offengelegt werden, welche Krankheitsdaten – als sensible Daten im Sinne von § 46 Abs. 1 BDSG i. V. m. Art. 9 Abs. 2 DSGVO – erhoben und gespeichert werden und inwieweit und für welche Zwecke sie dem Arbeitgeber zugänglich gemacht werden.

Hinzuziehung einer Vertrauensperson

Seit der Neufassung des § 167 Abs. 2 Satz 2 SGB IX durch das am 10. Juni 2021 in Kraft getretene Teilhabestärkungsgesetz muss der Arbeitgeber die betroffenen Arbeitnehmenden im Rahmen der Belehrung auch auf das Recht hinweisen, zusätzlich eine Vertrauensperson eigener Wahl hinzuziehen zu können. Die bei der Hinzuziehung einer Vertrauensperson eventuell entstehenden Kosten hat allerdings der Arbeitnehmende zu tragen.