Robot Recruiting und künstliche Intelligenz im Recruiting

Viele HR-Prozesse lassen sich durch Verfahren der künstlichen Intelligenz (KI) automatisieren und optimieren. Vor allem im Recruiting kann das sinnvoll sein, jedoch nutzen erst wenige Unternehmen KI-Elemente für das Recruiting. Die Akzeptanz seitens der Stellensuchenden indessen ist hoch.

Da im Recruiting häufig digitalisierte Daten in großer Menge vorliegen, bieten sich viele Prozesse zur Automatisierung an. Der vollautomatische "Robot Recruiter" ist jedoch in weiter Ferne: Laut der Studie "Recruiting Trends 2020" der Universität Bamberg setzen erst drei Prozent der Unternehmen einen HR-Chatbot ein, der Anfragen von Bewerbern beantwortet. Einen Recommender, der Kandidaten automatisiert Jobangebote beziehungsweise dem Unternehmen neue Talente vorschlägt, haben immerhin bereits knapp 13 Prozent der Unternehmen. Digitale Auswahlsysteme, die eingehende Bewerbungen mit dem Stellenprofil abgleichen, finden sich bei neun Prozent der Unternehmen.

Bewerber und Personaler befürworten KI im Recruiting

Dabei stehen die Stellensuchenden den intelligenten Recruiting-Helfern durchaus aufgeschlossen gegenüber: Über die Hälfte ist laut Recruiting-Trends-Studie der Ansicht, dass ein Chatbot die Bewerbung schneller macht. 41 Prozent erwarten sich eine einfachere Bewerbung und 39 Prozent direktere Kontakte zum Unternehmen. Acht von zehn Stellensuchenden finden den Einsatz von Job-Recommendern gut und möchten in Zukunft relevante Stellen vorgeschlagen bekommen. 46 Prozent erhoffen sich von digitalen Auswahlsystemen ein schnelleres Feedback und 36 Prozent weniger Diskriminierung im Recruiting.

Ähnlich positiv ist auch die Haltung der Personalverantwortlichen gegenüber Verfahren der künstlichen Intelligenz (KI), wie die Studie "Künstliche Intelligenz im Personalbereich" von HR&C Human Resources und Change Management und der Perbit Software GmbH ermittelte. Zwar bestätigt die Studie aus dem Jahr 2020: KI-Anwendungen im Personalbereich sind noch nicht weit verbreitet. Aber sie macht auch deutlich: Die höchste Akzeptanz innerhalb von HR hat künstliche Intelligenz im Recruiting. (Lesen Sie dazu auch unsere News "Künstliche Intelligenz im Personalwesen".)

Künstliche Intelligenz oder Robot Recruiting?

Allgemein gesagt umfasst Robot Recruiting verschiedene Verfahren, mit denen Recruiting zumindest in Teilen automatisiert oder durch automatische Datenanalysen ergänzt wird. Da mit den technischen Fortschritten im Bereich der künstlichen Intelligenz viele neue Möglichkeiten insbesondere bei aufwendigen Datenanalysen geschaffen wurden, wird Robot Recruiting häufig mit dem Einsatz von KI-basierten Lösungen gleichgesetzt.

Künstliche Intelligenz ist aber nicht mit menschlicher Intelligenz vergleichbar. KI bezeichnet in der Regel lernende Algorithmen, die bestehende Datensätze analysieren und dabei Muster und Gesetzmäßigkeiten eigenständig erkennen. Damit können häufig auch Wahrscheinlichkeitsvorhersagen für künftige Ereignisse berechnet werden. Aufgrund von Daten zu bestehenden Mitarbeitern und deren Produktivität könnte damit beispielsweise eine Wahrscheinlichkeitsprognose zur Produktivität von Bewerbern berechnet werden. Auch komplexere Zusammenhänge können damit automatisiert werden. Anhand von Stimme, Sprache und Gesichtsausdruck kann KI Emotionen immer besser erkennen. Das hilft beispielsweise dabei, bei verärgerten Bewerbern die passenden Worte zu wählen.

Beispiele für künstliche Intelligenz im Recruiting

Konkrete KI-Anwendungen im Recruiting werden unter anderem in diesen Bereichen angeboten und eingesetzt:

  • Stellenanzeigen: KI-Systeme können Recruitern dabei helfen, Stellenanzeigen so zu optimieren, dass Bewerber diese möglichst problemlos finden. Indem bestehende Stellenanzeigen analysiert werden, können Jobkategorien, Jobbörsen und Keywords für neuen Anzeigen vorgeschlagen werden. 
  • Chatbots: Ein Chatbot kann den Erstkontakt zu Kandidaten rund um die Uhr organisieren. Die angebotenen Anwendungen reagieren dabei selbstständig auf Kontaktversuche, können einfache und häufig auftauchende Fragen eigenständig beantworten und andere Anfragen an entsprechende Mitarbeiter weiterleiten. Manche Chatbots bieten den Bewerbern individuelle Tipps, etwa welche Stellenausschreibungen interessant sein könnten. (Lesen Sie dazu auch: "Einsatz von HR-Chatbots: mehr als Recruiting".)
  • CV-Parsing: Beim CV-Parsing werden wesentliche Daten aus dem Lebenslauf oder aus Online-Profilen automatisch ausgelesen. Somit kann zum Beispiel eine Bewerberdatenbank aufgebaut werden, die ebenfalls automatisiert nach Bewerbern mit bestimmten Eigenschaften oder Qualifikationen durchsucht werden kann.
  • Matching: Auch für die Suche nach geeigneten Kandidaten oder die Bewerbervorauswahl gibt es Matching-Anwendungen, die auf künstlicher Intelligenz basieren. Diese schlagen zum Beispiel anhand von Anforderungsprofilen oder Stellenbeschreibungen Kandidaten aus einer Datenbank vor, die aufgrund bisheriger Erfahrungswerte für die Stelle geeignet sein könnten. Oder sie erstellen anhand der Passung auf ein Stellenprofil ein Ranking der eingegangenen Bewerbungen und liefern den Recruitern zudem Vorschläge, was sie bei welchen Kandidaten im Jobinterview nachfragen sollten.

Die Grenzen von KI im Recruiting

Weil die verwendeten Algorithmen, die mit maschinellem Lernen arbeiten, Zusammenhänge eigenständig "erlernen", kann kaum gesagt werden, wie die entsprechenden Ergebnisse zustande kommen. Außerdem hängen die Lernergebnisse wesentlich von der Qualität der Trainingsdaten ab. Enthalten die Trainingsdaten bereits bestimmte Tendenzen, etwa weil in der Vergangenheit mehr Männer als Frauen eingestellt wurden, kann dies zu Fehlern und diskriminierenden Algorithmen führen. (Lesen Sie dazu auch: "Algorithmen bergen Diskriminierungsrisiken".)

Aufgrund solcher und weiterer Probleme ist es schwierig zu beurteilen, ob eine KI-Lösung den eigenen Qualitätsansprüchen und den geltenden gesetzlichen Bestimmungen genügt. Vor der Einführung einer KI-Lösung im Recruiting sollte daher exakt geprüft werden, ob und für welchen Zweck die vorhandenen Daten verwendbar sind und welche (Trug-)Schlüsse sich daraus ergeben können. Außerdem sind fundierte Informationen zur Funktions- und Trainingsweise der verwendeten Algorithmen notwendig, um deren Nutzen, Qualität und Rechtssicherheit abschätzen zu können.

KI-Anwendungen und Datenanalysen im Recruiting werfen auch ethische Fragen auf. Mit diesen Fragestellungen befasst sich der Ethikbeirat HR Tech, der Richtlinien für den verantwortungsvollen Einsatz von KI in der Personalarbeit aufgestellt hat.

Datenschutz bei Robot Recruiting und künstlicher Intelligenz

Über die üblicherweise geltenden Datenschutzbestimmungen hinaus bestehen besonders enge Vorschriften, wenn es um persönliche Daten von Mitarbeitern und Kandidaten geht. Daher ist es unbedingt nötig, die Rechtslage beim Einsatz im Recruiting im Einzelfall zu prüfen. Die folgenden, allgemeinen Aspekte können dabei als grobe Orientierung dienen.

  • Liegt eine Einwilligung für die Verwendung der Daten, auch der Trainingsdaten vor?
  • Deckt der in der Einwilligung genannte Verwendungszweck die Nutzung der Daten für die KI-Anwendung?
  • Erfolgte die Einwilligung wirklich freiwillig? (Bei Bewerbungssituationen ist dies meist nicht der Fall.)
  • Entspricht die Nutzung des KI-Tools der jeweils gültigen Normen, insbesondere der DIN 33430 für Eignungsbeurteilung und dem darin festgelegten Anforderungsbezug?

Lesen Sie dazu auch unsere Beiträge "Rechtliche Fallstricke bei digitalem Recruiting und Social Media Recruiting" sowie "Robot Recruiting und die rechtlichen Grenzen".

Ausblick: Künstliche Intelligenz wird sich im Recruiting etablieren

Insbesondere für Unternehmen mit hohem Mitarbeiterbedarf, aber auch beim Recruiting besonders gesuchter Fachleute bietet sich der Einsatz von künstlicher Intelligenz an und wird sich zunehmend durchsetzen. So kann ein KI-Algorithmus dazu eingesetzt werden, eine große Anzahl eingehender Bewerbungen schnell mit den Stellenanforderungen abzugleichen, um den Kandidaten zeitnah eine qualifizierte erste Rückmeldung geben zu können. Genauso kann ein entsprechend trainierter KI-Algorithmus in Foren und Netzwerken nach Spezialisten mit den benötigten Qualifikationen suchen – auch über Ländergrenzen hinweg. Der Markt für KI-Anwendungen im Recruiting ist groß und wächst kontinuierlich.