Abmahnung im Arbeitsrecht: Abmahnungsgründe für Arbeitgeber

Vor der fristlosen Kündigung eines Redakteurs des Auslandsenders Deutschen Welle war keine Abmahnung nötig, entschied kürzlich das LAG Berlin. Doch wann ist die Abmahnung das richtige Mittel der Wahl? Die Voraussetzungen für eine rechtssichere Abmahnung zeigt unser Überblick.

Wann eine Abmahnung angebracht ist, ist für Arbeitgeber nicht immer ganz einfach einzuschätzen. Denn: Nicht jedes Fehlverhalten eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin aus Sicht des Arbeitgebers rechtfertigt tatsächlich die Sanktion mit einer Abmahnung. Oft stellt sich auch die Frage, ob direkt eine (fristlose) Kündigung zulässig ist oder ob zunächst eine Abmahnung erfolgen muss.

Die fristlose Kündigung eines Redakteurs des Auslandsenders Deutschen Welle wegen seiner israelkritischen und antisemitischen Äußerungen war auch ohne Abmahnung wirksam, entschied das LAG Berlin. Eine Abmahnung wäre dagegen vor der Kündigung eines Arbeitnehmers, der eine Kollegin an einem Probierstand mit dem Filetiermesser bedroht haben soll, erforderlich gewesen. Das LAG Schleswig-Holstein war nicht überzeugt, dass es sich um eine ernstgemeinte Drohung handelte. Arbeitgeber sollten daher die wichtigsten Voraussetzungen für eine Abmahnung im Blick haben. 

Abmahnung: Arbeitgeber können vor Kündigung zunächst abmahnen

Da die Kündigung eine besonders einschneidende arbeitsrechtliche Maßnahme ist, sollte die Trennung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei Problemen grundsätzlich nur die letzte Möglichkeit sein. Arbeitgeber sollten bei einem Fehlverhalten  zunächst berücksichtigen, dass betroffene Beschäftigte in Zukunft ihr Verhalten ändern können. Daher ist im Grunde vor einer verhaltensbedingten Kündigung zunächst eine Abmahnung auszusprechen – sofern das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden ist. 

Kündigung ohne Abmahnung

Ausnahme: Die Abmahnung ist entbehrlich, wenn sie sinnlos erscheint, weil von einer Änderung des Verhaltens nicht auszugehen ist oder weil der gerügte Pflichtverstoß einfach zu schwerwiegend ist. 

In vielen Fällen monieren Gerichte die fehlende Abmahnung vor der Kündigung. Entschieden wurde beispielsweise:

      - Keine fristlose Kündigung wegen Rheinschwimmen auf Firmenfeier

      -Kündigung wegen drei Europaletten unwirksam

Abmahnung im Arbeitsrecht: Bestandteile in der Übersicht

Für eine wirksame Abmahnung muss der Inhalt eine Rüge- und Dokumentationsfunktion sowie eine Warnfunktion haben. Damit Arbeitnehmende nicht später die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen können oder die Abmahnung im Falle einer späteren verhaltensbedingten Kündigung nicht als ausreichende Warnung anerkannt wird, sollten Arbeitgeber die folgenden Punkte beachten:

  • Der Vorwurf einer konkreten Pflichtverletzung muss unter genauer Angabe des Sachverhalts genannt werden (Rüge- und Dokumentationsfunktion der Abmahnung).
  • Die einzuhaltende Pflicht muss klar erkennbar sein.
  • Hinweis auf die Gefährdung des Arbeitsverhältnisses im Wiederholungsfall (Warnfunktion der Abmahnung).

Praxistipp: Nicht ausreichend sind generelle Vorwürfe wie "Ihr Verhalten ist unmöglich", "Ihre Leistung lässt zu wünschen übrig" oder "Immer wieder kommen Sie zu spät".

Hinweis auf arbeitsrechtliche Konsequenzen

Der Arbeitgeber ist nicht gezwungen, die genauen arbeitsvertraglichen Konsequenzen, die bei einer Wiederholung des Fehlverhaltens drohen - wie zum Beispiel eine weitere Abmahnung oder eine ordentliche oder fristlose Kündigung - konkret zu benennen. Denn Beschäftigte dürfen keineswegs darauf vertrauen, dass der Arbeitgeber abgestuft nacheinander alle denkbaren Konsequenzen ergreift, bevor er schließlich die Kündigung ausspricht. Die arbeitsrechtliche Konsequenz ist immer von der Schwere der Pflichtverletzung im Einzelfall abhängig. 

Praxistipp: Arbeitgeber sollten dennoch die Konsequenz "Kündigung" konkret nennen, um Arbeitnehmenden klar zu machen, wie ernst die Lage ist. Ratsam ist es auch, als Überschrift das Wort "Abmahnung" zu verwenden sowie die Abmahnung kurz zu fassen, also den Vorwurf auf den Punkt zu bringen, damit die Betroffenen in der Lage sind, die Fakten zu erfassen, und sofort wissen, was sie ändern müssen. Lesen Sie dazu auch: Welche Form und Frist für Abmahnungen im Arbeitsrecht gelten.

Abmahnung: Gründe für Arbeitgeber, Mitarbeitende abzumahnen

Für den Arbeitgeber gibt es unterschiedliche Gründe, ein Verhalten von Mitarbeitenden zu rügen. Manches, was ihm missfällt, ist dennoch aus rechtlicher Sicht kein ausreichender Grund, der eine Abmahnung rechtfertigt. Es muss sich insbesondere um eine tatsächliche arbeitsrechtliche Pflicht der Arbeitnehmenden handeln, die diese konkret mit ihrem Verhalten verletzen. Als Abmahnungsgründe kommen in Betracht: 

  • Alkoholgenuss trotz zulässigem Verbot,
  • Verletzung der Anzeige- und Nachweispflichten bei Krankheit,
  • Arbeitsverweigerung,
  • außerdienstliches Verhalten mit negativen Auswirkungen für den Arbeitgeber (zum Beispiel Nebentätigkeit eines Bankkassierers im Nachtgewerbe),
  • Beleidigung,
  • Stören des Betriebsfriedens (zum Beispiel Denunzieren von Kollegen, Gehässigkeit, Aufstacheln),
  • unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit,
  • Schlecht- und Minderleistung,
  • Verstoß gegen Schutzpflichten (zum Beispiel nicht rechtzeitiges Verhindern von Ausschuss, Beschädigen von Arbeitgebereigentum),
  • Verspätungen.


Download-Tipp: Die wichtigsten Abmahnungsgründe auf einen Blick

Im kostenlosen Haufe-Whitepaper "Die wichtigsten Abmahnungsgründe von A bis Z" erfahren Sie, welches Verhalten eine Abmahnung rechtfertigt - kurz und übersichtlich. Hier gelangen Sie zum Download.


Weitere Urteile zum Thema Abmahnung: 

Streit um Abmahnung und Freistellung einer ungeimpften Pflegekraft

Rechtmäßige Abmahnung wegen nicht angezeigter Nebentätigkeit

Rechtmäßige Abmahnung für 30 Sekunden Fußball-Live-Stream

Abmahnung oder Kündigung bei Störung des Betriebsfriedens



Schlagworte zum Thema:  Abmahnung, Kündigung, Arbeitsrecht