Aberkennung des Ruhegehalts bei sexuellen Übergriffen eines Berufsschullehrers
Der Entscheidung lag der folgende Fall zugrunde:
Berufsschullehrer wurde wegen Übergriffen strafrechtlich verurteilt
Der inzwischen 67 Jahre alte Beamte war bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand Lehrer an einer Berufsschule in Hannover. Mit Urteil vom März 2016 verurteilte ihn das Amtsgericht Hannover wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung.
Nachdem das Urteil rechtskräftig geworden war, hat die Niedersächsische Landesschulbehörde bei dem Verwaltungsgericht Disziplinarklage eingereicht mit dem Antrag, dem seit Februar 2018 im Ruhestand befindlichen Lehrer das Ruhegehalt abzuerkennen. Diesem Antrag hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 22. Januar 2020 entsprochen.
Vorwurf weiterer Fälle mit Disziplinarklage
Mit der Disziplinarklage wurde dem Beamten vorgeworfen, neben den bereits strafrechtlich sanktionierten 14 Fällen sexuellen Missbrauchs von drei Schülern sexuell motivierte Übergriffe auf acht weitere Schüler begangen zu haben.
Danach lud der Beamte die Schüler – damals in der Regel zwischen 16 und 18 Jahren alt – zu sich ein, griff ihnen u.a. in die Hose und streichelte sie im Intimbereich, weitestgehend ohne direkten Hautkontakt. In der Disziplinarverhandlung räumte der aus gesundheitlichen Gründen nicht persönlich erschienene Beamte über seine Prozessbevollmächtigte die sexuellen Handlungen auch gegenüber den weiteren acht Schülern ein. Er ließ aber bestreiten, gegenüber den Schülern psychischen Druck aufgebaut zu haben, indem er ihnen zu verstehen gegeben habe, von ihrem Verhalten ihm gegenüber hinge ihr Ausbildungserfolg ab.
Weiterhin ließ er vortragen, es lägen Milderungsgründe vor, die ein Absehen von der schärfsten Disziplinarmaßnahme rechtfertigten bzw. erforderten. So habe er u.a. gegenüber den drei Schülern, im Hinblick auf die die strafrechtliche Verurteilung erfolgt sei, aus eigenem Antrieb eine finanzielle Wiedergutmachung geleistet und sich erfolgreich einer psychotherapeutischen Behandlung unterzogen. Auch sei er im Übrigen dienstrechtlich unbescholten gewesen.
Gericht: Besonders schweres Dienstvergehen rechtfertigt Aberkennung des Ruhegehalts
Die Disziplinarkammer ist im Ergebnis der Verhandlung zu der Einschätzung gekommen, dass dem Beamten das Ruhegehalt abzuerkennen ist, weil er ein besonders schweres Dienstvergehen begangen hat und als Lehrer, wäre er noch im aktiven Dienst tätig, nicht mehr tragbar wäre.
Das Gericht ging dabei entgegen der Einlassung des Beamten davon aus, dass er gegenüber den betroffenen Schülern psychischen Druck aufgebaut hatte, seine Übergriffe zu dulden, indem er ihnen gegenüber zu verstehen gegeben hatte, Macht über sie und ihren Ausbildungserfolg zu haben. Das sei von allen Betroffenen in ihren Vernehmungen in ähnlicher Form im Kern übereinstimmend so geschildert und auch vom Amtsgericht in seinem Urteil, an das die Disziplinarkammer insoweit gebunden sei, festgestellt worden.
In der Gesamtwürdigung des festgestellten Geschehens und der Persönlichkeit des Beamten seien keine Milderungsgründe vorhanden, die ein Absehen von der schärfsten Maßnahme rechtfertigten.
Dabei sei insbesondere auch zu berücksichtigen, welche psychischen Folgen die Taten des Beamten für seine Opfer gehabt hätten. Diese hätten in ihren Vernehmungen glaubhaft u.a. von Scham, Schuldgefühlen und Schlafstörungen berichtet.
Das Urteil hat, wenn es rechtskräftig wird, zur Folge, dass der Beamte in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern ist und daraus eine Rente erhält, die deutlich geringer ausfällt, als seine bisherigen Ruhestandsbezüge aus der Besoldungsgruppe A 12 (VerwG Hannover, Urteil v. 22.1.2020, 18 A 2325/17).
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann mit der Berufung zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg angefochten werden
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