Rekordinvestitionen

Soziale Wohnungsunternehmen leben den Bauturbo schon


Soziale Wohnungsunternehmen leben den Bauturbo schon

Die sozialorientierten Wohnungsunternehmen melden Rekordinvestitionen in den Neubau und verdienen teils so viel wie nie – doch der Markt funktioniert nicht von allein. Ohne Bauturbo der Bundesregierung keine bezahlbare Mieten. Berlins Städtische versuchen es in der Zwischenzeit mit einer neue Idee.

Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) berichtet über Rekordzahlen im Neubau. "Wir bauen so viele Wohnungen wie seit 50 Jahren nicht mehr", bilanzierte Geschäftsführerin Monika Fontaine-Kretschmer. In den vergangenen fünf Jahren seien mehr als 3.200 Wohnungen in die Vermietung gebracht worden, rund 1.000 Projekte seien aktuell im Bau. Rund ein Drittel aller Wohnungen sind gefördert.

Zirka 155 Millionen Euro hat die NHW allein 2024 in den Neubau investiert, bis Ende 2027 kommen noch einmal rund 400 Millionen Euro dazu. Die Pipeline für Projektentwicklungen sei gut gefüllt und damit auch der Neubau bis 2028 gesichert. Allerdings, so die Geschäftsführerin: "Die wirtschaftlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen sind so herausfordernd wie nie. Die Baukosten sind massiv gestiegen, die gesetzlichen Anforderungen auf einem Rekordniveau, die Zinsen hoch – und das führt dazu, dass der Markt gerade nirgendwo mehr von allein funktioniert." Es brauche ein klares Signal: Eine nachhaltige Förderpolitik, regulatorische Entlastungen und tragfähige Finanzierungsbedingungen – nur gemeinsam könne man das Bauen wieder bezahlbar machen.

Hamburger Saga verdient so viel Geld wie noch nie

Mehr als 280 Millionen Euro hat Hamburgs Wohnungsgesellschaft Saga im Jahr 2024 verdient, trotz allgemeiner Baukrise und massiv steigender Kosten – mehr als jemals zuvor. Künftig will sie 2.000 Wohnungen pro Jahr fertigstellen. Insgesamt fuhr das städtische Unternehmen einen Rekordgewinn nach Steuern in Höhe von rund 283 Millionen Euro ein, 100 Millionen Euro mehr als 2023.

Deutschlands größter kommunaler Vermieter verfügt nach eigenen Angaben über rund 140.000 Wohnungen. Mittelfristig sollen pro Jahr 2.000 Wohnungen dazu kommen. Doppelt so viel wie bislang geplant und mehr als viermal so viel wie 2024 fertiggestellt wurde: 410 neue bezugsfertige Wohnungen. Mit dem Bau von 787 weiteren Wohnungen sei begonnen worden. Saga will künftig 700 Millionen Euro pro Jahr investieren.

Die durchschnittliche monatliche Nettokaltmiete lag den Angaben zufolge bei 7,46 Euro pro Quadratmeter – also nur knapp über der Eingangsmiete für den geförderten Wohnungsbau von derzeit 7,25 Euro und deutlich unter dem Mittelwert des Mietenspiegels von 2023 mit 9,83 Euro. Sorge bereiten dem Unternehmen die Nebenkosten. "Das gefällt uns überhaupt nicht und das halten wir für hochdramatisch", sagte Saga-Chef Thomas Krebs. Es nütze wenig, sich beim geförderten Wohnungsbau über eine Eingangsmiete von 7,25 Euro zu freuen, wenn dann noch mal vier Euro oder 4,50 Euro warme Nebenkosten dazukommen.

Zum seit Jahren brachliegenden Holsten-Areal in Altona wollte sich Krebs nicht konkret äußern, machte aber deutlich, dass die Saga im Falle eines Zuschlags bei der geplanten Bebauung nachverhandeln wolle. Der Wunsch wäre ein Maximum an bezahlbarem Wohnraum.

Kommunale Gesellschaften in Berlin steigern Wohnungsbestand

Die landeseigenen Wohnungsgesellschaften in Berlin haben den Bestand in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Ende 2024 verfügten sie über 365.161 Wohnungen, 70.433 mehr als Ende 2016, wie Bausenator Christian Gaebler (SPD) mitteilte. Damit seien die sechs Unternehmen dem damals formulierten Ziel, bis Ende 2026 zirka 400.000 Wohnungen zu bewirtschaften, schon nahegekommen. In der Statistik fehlt die kommunale Berlinovo mit weiteren rund 30.000 Wohnungen, die einen Sonderstatus hat.

Allein 2024 wuchs die Zahl landeseigener Wohnungen laut Gaebler um 3.525. Davon wurden 3.461 Wohnungen neu errichtet. 2025 sollen nach früheren Angaben der Gesellschaften 4.705 neue Wohnungen fertig werden, geplant sind zudem Grundsteinlegungen für weitere 5.681 Wohnungen. Auch in Berlin müssen die Gesellschaften  das Kunststück fertigbringen, trotz gestiegener Kosten zu bauen und gleichzeitig die Mieten bezahlbar zu halten. Im Vergleich zum vergangenen Jahr steigen die Aufwendungen den Angaben zufolge um rund ein Drittel (38 Prozent) auf den Rekordwert von 2,6 Milliarden Euro. Allein 1,6 Milliarden Euro fließen in den Wohnungsneubau.

Die durchschnittlichen Nettokaltmieten von 6,76 Euro je Quadratmeter im Bestand lagen 2024 den Angaben zufolge 45 Cent pro Quadratmeter unter dem Durchschnitt des Mietspiegels (7,21 Euro pro Quadratmeter). Die Erst- und Wiedervermietungsmieten bewegten sich mit durchschnittlich 8,81 Euro pro Quadratmeter 44 Prozent unter dem allgemeinen Angebotsniveau: Das lag laut IBB-Wohnungsmarktbericht bei 15,74 Euro.

Wohnungsunternehmen in Sachsen: Höhere Mieten für Investitionen

Der sächsischen Wohnungswirtschaft fehlt Geld für Investitionen. Allein um die Auflagen der Klimaneutralität zu erfüllen, müssten noch einmal 17 Milliarden Euro investiert werden, sagte Mirjam Philipp, Chefin des Verbandes sächsischer Wohnungsgenossenschaften (VSWG). Das bedeute eine Erhöhung der Miete von zwei bis drei Euro pro Quadratmeter. Als sozial orientierter Vermieter könne man aber nur moderat erhöhen. 

Philipp zufolge liegt die Nettokaltmiete in einer Genossenschaftswohnung im Schnitt bei 5,62 Euro. Wenn man davon alle Kosten für Leerstand, Tilgung, Eigenkapitalrückfluss und anderes abziehe, blieben zwei Cent als Überschuss übrig, die sich für Investitionen verwenden ließen. In den vergangenen zehn Jahren hätten die Unternehmen die Miete im Schnitt nur um 1,9 Prozent erhöht und seien damit deutlich unter der Inflation geblieben.

Auch Alexander Müller, Direktor des Verbandes der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (vdw) hält eine Mieterhöhung für erforderlich. Noch stünden die meisten Unternehmen wirtschaftlich gut da. Damit das so bleibe, müsse man aber schauen, wo sich der Hebel ansetzen lasse. Der vdw verfügt über rund 310.000 Wohnungen im Freistaat. Die Nettokaltmiete beträgt durchschnittlich 5,50 Euro pro Monat.

Von den rund 300.000 Wohnungen im Bestand der Genossenschaften in Sachsen stehen etwa zehn Prozent leer, mancherorts beträgt der Leerstand sogar 20 Prozent. Das koste die Unternehmen pro Jahr mehr als 100 Millionen Euro. Der Löwenanteil seien Betriebskosten.

Bezahlbarer Wohnraum: Liefert die neue Baunova Bayern?

Die Bayernheim baut derzeit in Weilheim statt der ursprünglich geplanten 20 geförderten Wohnungen 90 Wohnungen ausschließlich im Rahmen der einkommensorientierten Förderung. Die Mieten beginnen bei 6,50 Euro pro Quadratmeter.

Die Bayernheim ist mit den beiden anderen staatlichen Wohnungsbaugesellschaften Stadibau GmbH und Siedlungswerk Nürnberg GmbH unter dem Dach der neuen Baunova-Holding vereint und hat derzeit insgesamt 18.942 Wohnungen im Bestand. 5.662 Wohnungen befinden sich insgesamt im Bau.

Neue Idee aus Berlin gegen den Wohnungsmangel

Mieter bei den landeseigenen Berliner Wohnungsunternehmen erhalten bei einem Wechsel in eine kleinere Wohnung mehr Unterstützung. Wem die eigene Wohnung zu groß geworden ist, erhält künfig bis zu drei Angebote für kleinere Einheiten, teilte der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) mit.

"Der Wohnungswechsel erfolgt zunächst nur innerhalb des Bestands der jeweiligen Gesellschaft, nicht zwischen den sieben Gesellschaften", so der BBU. Freiwerdende größere Wohnungen, für die eine besonders hohe Nachfrage besteht, können dann an Haushalte vermittelt werden, die dringend mehr Platz benötigen.

Die neue Wohnung werde zur ortsüblichen Vergleichsmiete ohne Neuvermietungszuschlag angeboten, hieß es. Der Umzug werde so koordiniert, dass keine Doppelbelastung entstehe. Im Jahr 2022 lag die durchschnittliche Wohnfläche pro Haushalt in Berlin bei knapp 75 Quadratmetern, wie aus Daten des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg hervorgeht. Rund die Hälfte der insgesamt knapp 1,9 Millionen Haushalte in der Hauptstadt waren Single-Haushalte. Knapp jeder siebte davon lebte auf mindestens 80 Quadratmetern.

  

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dpa

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