Wohnungsbau: Immobilienbranche macht Druck auf Regierung

Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW und der Eigentümerverband Haus & Grund haben ihre Teilnahme am Wohnungsbaugipfel bei Bundeskanzler Olaf Scholz aus Frustration über die Politik abgesagt.

Während das Bauministerium voller Tatendrang Presseeinladungen für den "Bündnis-Tag zum bezahlbaren Wohnraum" – auch Wohnungsbaugipfel – am 25. September im Bundeskanzleramt verschickt, winken der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) und der Eigentümerverband Haus & Grund schon vorher ab: Sie wollen nicht teilnehmen. Bei dem Treffen zwischen Branchenvertretern und der Regierung in Berlin sollen eigentlich Auswege aus der Wohnkrise erörtert werden.

"Angesichts der dramatischen Situation kann es nicht sein, dass in aller Eile bei einem – in erster Linie öffentlichkeitswirksamen – Termin im Kanzleramt wieder nur ein Paket mit kleinteiligen Maßnahmen präsentiert wird", beklagte sich GdW-Präsident Axel Gedaschko.

Wohnungsbau-Krise: Verbände geben Regierung die Schuld

Dass derzeit kaum neuer und bezahlbarer Wohnraum entsteht, führen die beiden Verbände vor allem auf die Bundespolitik zurück, die Projektentwickler und Eigentümer über Gebühr belaste. Von der Ampel-Regierung fühlen sie sich mit ihren Sorgen und Forderungen nicht (mehr) ernst genommen.

"Im Moment ist die Situation für die Bestandshalter fatal", so Gedaschko. "Wir sehen aber, dass diese Gemengelage in der Regierung schlicht und ergreifend nicht erkannt wird." Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund, kritisierte, dass von politischer Seite nichts dagegen unternommen werde, dass die Bürger nicht in der Lage seien, Wohneigentum zu bilden.

Ein "klares politisches Bekenntnis zu mehr Wohneigentum" forderte auch der Sparkassen- und Giroverband (DSGV). "Das muss möglichst schnell mit realistischen Förderprogrammen unterlegt werden", sagte Präsident Helmut Schleweis. "Hier läuft uns die Zeit davon." Bisher aufgelegte Förderprogramme gingen an den Bedarfen der Bauverantwortlichen vorbei. Nach einer Analyse des Kreditvermittlers Interhyp begraben derzeit außerdem Bürger scharenweise den Traum vom eigenen Haus.

Das KfW-Programm für zinsverbilligte Kredite zum Bauen für Familien sei nach drei Monaten lediglich etwas mehr als 200 Mal beantragt worden, kritisierten der DSGV, der GdW sowie Haus & Grund gleichermaßen. Die Zinsverbilligungen kämen zudem viel zu spät, betonte Gedaschko. Er forderte zudem eine Senkung der Umsatzsteuer bei Bauvorhaben von 19 auf sieben Prozent.

Immobilienbranche und Ökonomen schlagen Alarm

Dass es höchste Zeit zum Handeln ist, spiegelt sich auch im Stimmungsindex des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) und des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln wider. "Ein Einbruch der Geschäftslage bei den Projektentwicklern um 35 Punkte auf nur noch minus 54,5 ist ein sehr ernstes Warnzeichen", teilte der ZIA auf Basis der jüngsten Konjunkturbefragung der Ökonomen mit. "Dass zudem mehrheitlich eine noch schlechtere Lage für die nächsten zwölf Monate erwartet wird, kündigt einen Stillstand beim Neubau an." Der Wohngipfel müsse nun zeigen, ob die Politik den Ernst der Lage verstanden habe.

Stark gestiegene Finanzierungs- und Baukosten haben den Neubau in Deutschland deutlich ausgebremst. Vor wenigen Tagen hatte etwa der Immobilienkonzern Vonovia gemeldet, Zehntausende geplante Bauvorhaben lägen derzeit auf Eis.

Niedrigere Neubaustandards gefordert

Warnecke und Gedaschko verwiesen auch auf das Heizungsgesetz: Das belaste Vermieter über Gebühr und mache günstige Wohnangebote unmöglich. "Die Stimmungslage unserer Unternehmen ist unterirdisch, und unsere Unternehmen verstehen nicht mehr, warum die Berliner Politik nicht gegensteuert", sagte der GdW-Präsident. Unverständlich sei auch, wieso die Bundesregierung weiter am Ziel von rund 400.000 neu gebauten Wohnungen im laufenden Jahr festhalte.

Um den lahmenden Wohnungsbau anzukurbeln, will die FDP niedrigere Standards ermöglichen und neue staatliche Vorgaben für sehr sparsame Gebäude abwenden. Die Baufachleute der Liberalen, Carina Konrad und Daniel Föst, stellten sich gegen den im Koalitionsvertrag des Ampel-Bündnisses für 2025 vereinbarten Neubaustandard EH40: Dieser senke Energiebedarf und Klimagasausstoß, steigere aber die Baukosten. Das sieht auch Bauministerin Klara Geywitz (SPD) so.

"Für einen zukunftsfähigen und bezahlbaren Wohnungsmarkt brauchen wir nicht mehr Regulierung, sondern mehr Marktwirtschaft", teilten Konrad und Föst mit. Sie nahmen auch Pläne ins Visier, den Anstieg der Kosten für Mieter zu bremsen. "Anstatt politisch an Mietpreisen zu basteln, müssen wir das Bauen vereinfachen. Mehr Angebot durch vereinfachtes Bauen führt zu geringeren Miet- und Kaufpreisen."


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dpa
Schlagworte zum Thema:  Wohnungsbau, Wohnungspolitik, Immobilienbranche