Studie: Der Staat beeinflusst den Wohnungsmarkt oft negativ

Der Staat beeinflusst mit seinem Handeln den Wohnungsmarkt häufig negativ – so ist etwa der Immobilienkauf nur für einen kleinen Teil der Deutschen möglich, und viele Eigentümer sind bei Sanierungen von Förderung abhängig. Eine neue Studie deckt Defizite auf.

Der Wohnungsmarkt in Deutschland befindet sich im Transformationsprozess. Megatrends sind: Ökologische Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Soziodemografie, Urbanisierung und staatliche Intervention. Ob der Wandel gelingt, hängt in hohem Maße vom Handeln des Staates ab. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der Technischen Universität (TU) Darmstadt in Kooperation mit dem Immobilienfinanzierungsvermittler Baufi24.

Knapp zwei Drittel (62 Prozent) der befragten Kaufaspiranten in Deutschland geben darin an, dass staatliche Maßnahmen die eigene Wohneigentumsbildung beeinflussen. Dabei wird die Wirkung des Staates in vielen Einflussbereichen als negativ oder hinderlich wahrgenommen. Das wirft die Frage auf, ob nicht ein grundsätzliches Umdenken in wohnungspolitischen und förderrelevanten Fragen notwendig sein könnte – bis hin zu Maßnahmen, die Immobilien leistbarer machen.

Staatlicher Handlungsspielraum beim Wohnen

Die Studie zeigt, dass Wohneigentum von privaten Haushalten im Vergleich zur Miete als ausgesprochen attraktiv wahrgenommen wird. Der Staat kann dabei über unterschiedliche politische Handlungsfelder – direkt und indirekt – Einfluss auf die persönliche Wohnsituation nehmen. Direkte Maßnahmen fallen unter die Baupolitik und Wohnungspolitik. Sie zielen darauf ab, die Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Bezahlbarkeit von Wohnraum für unterschiedliche soziale Gruppen sicherzustellen und eine Angleichung der Lebensbedingungen zu erreichen. Indirekte Handlungsfelder ergeben sich aus der Finanz-, Fiskal, Umwelt- und Sozialpolitik.

Aus der Umfrage geht hervor, dass Investitionsentscheidungen häufig von Faktoren abhängen, die der Staat nur indirekt beeinflussen kann, die also außerhalb wohnpolitischer Maßnahmen liegen. So sehen mehr als drei Viertel (76 Prozent) der privaten Haushalte die eigene Lohnentwicklung als Kriterium für eine Investitionsentscheidung an. Die Zinsentwicklung wiederum wird von 75 Prozent der Studienteilnehmer als relevant erachtet. Um die privaten Haushalte bei der Verwirklichung der Wohnwünsche zu unterstützen, wären entsprechende finanz-, konjunktur- und sozialpolitische Maßnahmen wichtig – so müssten zum Beispiel Löhne auf breiter Ebene steigen, heißt es in der Studie. Stichwort: Einkommensgerechtigkeit.

Wohneigentum: Die Immobilienpreise als Faktor

Ein weiteres wichtiges Entscheidungskriterium für den Kauf von Wohneigentum ist außerdem die Entwicklung der Immobilienpreise:  75 Prozent der befragten Haushalte stimmen diesem Punkt zu. Hier kann der Staat mit wohnungspolitischen Maßnahmen wie der Förderung des sozialen Wohnungsbaus oder einer Senkung der Kosten, die von der öffentlichen Hand den privaten Haushalten bei der Erfüllung der Wohnwünsche aufgebürdet wird, gegensteuern. Das gilt insbesondere für den Wohnungsneubau: Deutschland nimmt laut dem Frühjahrsgutachten der Immobilienweisen mit 37 Prozent staatlich bedingter Kosten einen europäischen Spitzenplatz ein.

Staatliches Eingreifen ist nicht nur für potenzielle Käufer, sonder auch für Eigentümer relevant – und hier gibt es einen kleinen Lichtblick, schreiben die Auoren: So geben 63 Prozent der Befragten an, dass in den kommenden fünf Jahren Renovierungen in ihren Immobilien anstehen. Knapp jeder zweite (48 Prozent) Eigentümer plant eine Investition in die Heizungsanlage. Gleichzeitig lassen sich aber 61 Prozent der befragten Eigentümer bei Investitionsentscheidungen durch Fördermittel beeinflussen.

"Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass der Staat durch passgenaue Incentivierung einen erheblichen Beitrag zur Wärmewende leisten kann", erklärt Andreas Pfnür, Leiter des Fachgebiets Immobilienwirtschaft an der TU Darmstadt.

Wohnungspolitik: Beim Vertrauen gibt es Luft nach oben

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass hinsichtlich der Rolle des Staates am Wohnungsmarkt deutlicher Optimierungsbedarf besteht. Tomas Peeters, Vorstandschef der Baufi24 AG, verweist darauf, dass die privaten Haushalte mehrheitlich davon ausgehen, dass der staatliche Einfluss auf die Wohnsituation zunehmen wird, aber nur jeder fünfte (21 Prozent) Befragte glaubt, dass die Eingriffe helfen können, die gewünschte Wohnsituation herzustellen. "Dagegen erachten 52 Prozent die staatlichen Eingriffe sogar als kontraproduktiv", so Peeters.

"Unsere Forschung zeigt, dass staatliche Eingriffe am Immobilienmarkt sich oftmals als ineffizient herausstellen und nur selten die gewünschte Wirkung entfalten", ergänzt Pfnür. Vieles hänge auch mit Abstimmungsproblemen zwischen den verschiedenen politischen Instanzen zusammen. Es bedarf dem Experten der TU Darmstadt zufolge einer verbesserten Koordination von Bund, Ländern und Kommunen sowie zielgerichteten Fördermaßnahmen, um die Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt wirksam anzugehen.

"Angesichts der durch die Studie aufgedeckten Defizite muss sich der Staat die Frage gefallen lassen, ob nicht ein grundsätzliches Umdenken notwendig ist", sagt Peeters. Als Beispiel nennt er eine Senkung oder gar ein Verzicht der Grunderwerbssteuer beim Ersterwerb. Auch eine Vereinfachung der baurechtlichen Prozesse könne einen positiven Beitrag leisten. Zudem sollte die eigene Immobilie als wichtiger Bestandteil der Altersvorsorge mit entsprechenden steuerlichen Anreizen eingestuft werden. So müsste es zum Beispiel möglich sein, die Kreditzinsen bei Ersterwerb komplett von der Steuer abzusetzen.

Studie "So wohnen wir in Zukunft: Wie staatliche Interventionen das Wohnen verändern" (Download)


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dpa

Schlagworte zum Thema:  Wohnimmobilien, Immobilienkauf