Geschäftsmodelle: Startups und traditionelle Makler

Mit digitalen Geschäftsmodellen und frecher Werbung fordern Makler-Startups traditionelle Anbieter heraus und wollen ihnen die Kunden streitig machen. Das hätte fast geklappt, wäre nicht die Krise durch Covid & Co. gekommen. Ein Blick auf zwei Konzepte, die sich ergänzen könnten.

"Autsch!" Der Stachel der hohen Maklergebühren sitzt tief. In einem witzigen Werbespot des Hybridmaklers Homeday greift eine Kundin aus Frust über die zu hohen Kosten kurzerhand in einen Kaktus. Dabei wurden aber nicht nur der Produktvorteil des Hybridmaklers und der durch den klassischen Makler verursachte "Provisionsschmerz" wirkungsvoll gegeneinander in Szene gesetzt, sondern gleichzeitig ein geflügeltes Wort für zu hohe Maklergebühren kreiert. Doch lassen sich die Leistungen wirklich vergleichen?

Hybridmakler: Jung, frech, digital und sehr standardisiert

Mit der Digitalisierungswelle kamen die neuen Akteure in Scharen: Jung, wild, und unkonventionell traten sie an, die Branche zu revolutionieren. Vermittlungen zu günstigen Festpreisen, kostenlose Bewertungen, Vereinfachung der Angebotssuche mit künstlicher Intelligenz und dazu ein breites Zielpublikum aus Mietern, Vermietern, Käufern und Verkäufern von Immobilien schrieben sie sich auf die Fahnen. Risikoinvestoren sorgten freigebig für das notwendige Kapital. Doch das Konzept hat einen Haken: Für deutlich weniger Geld die gleiche Leistung, wie von einem klassischen Makler angeboten zu bekommen, ist schon allein aus ökonomischen Gründen langfristig nicht möglich. Daher ein genauerer Blick hinter die Kulissen.

"Fastfood"-Makler: Nur mit Skalierung klappt‘s

Bislang fielen bei der Vermittlung von Wohnungen oder Büroflächen viele manuelle und ständig wiederkehrende Aufgaben an. Dazu zählt etwa, ein Exposé zu erstellen, Fotos einzubinden und Termine zu koordinieren. Hier sahen die neuen Makler-Startups Kosteneinsparpotenzial und Zeitvorteile bei maximaler Bedienerfreundlichkeit. Sie strukturierten also kurzerhand die Prozesse um, skalierten sie und versprachen für kleines Geld die gleiche Leistung – und das ganz laut. Sie beherrschen nicht nur Plattformen, sondern auch die Kommunikation. Den oft branchenfremden Gründern war von Anfang an klar, ohne Bekanntheitsgrad und Alleinstellungsmerkmal geht nichts. Und so setzen sie nicht nur auf ihre IT-Kenntnisse, sondern auch auf auffällige, oft schräg anmutende Werbung und intensive PR-Arbeit. Und noch etwas haben sie verstanden: Wie im US-Marketing üblich, arbeiten sie gezielt die Berührungspunkte (Touch Points) mit ihren Kunden heraus und passen ihr Konzept darauf an.

Die kostenlosen Bewertungen der Immobilien sind für Kunden ein guter erster Gradmesser, für die Portale selbst bringen sie vor allem Traffic. Das funktionierte lange gut. Kunden akzeptierten, dass die neuen Makler oft nicht aus der Immobilienbranche kamen, sondern branchenfremde Quereinsteiger waren. Für die Wohnungsbesichtigungen beispielsweise seien Studenten oder andere Nebenjobber tätig und auch bei der Exposé-Erstellung seien nicht zwangsläufig langjährige Profis am Werk, monierte Finanztest. PropTechs, wie McMakler und Homeday verkaufen allerdings auch keine individuellen Lösungen, sondern standardisierte, digitale Leistungen. Damit sich ihr Modell rechnet, zählt die Menge und die schnelle zeitliche Taktung der Abschlüsse. Fast alle Funktionen werden deshalb zentral gesteuert, vor Ort wird nur noch das Objekt gezeigt, dafür muss dann auch kein Profi ran. Für Individualität und spezielle Kundenwünsche allerdings ist dabei kaum Platz.

Traditionelle Makler – ein Auslaufmodell?

Das schon einmal vorweg: Teurer als die neuen Vermarktungsportale sind klassische Makler auf jeden Fall. Doch trotz oder gerade wegen der zunehmenden Digitalisierung bekommt der "Faktor Mensch" wieder eine größere Bedeutung. Der persönliche Kontakt, die 1:1-Betreuung und das Vertrauensverhältnis zu den Kunden während des sich oft über mehrere Monate erstreckenden Kauf- oder Vermietungsprozesses sind die Alleinstellungsmerkmale der klassischen Makler. Was gute Makler sonst noch ausmacht, ist gerade bei komplexen Immobilien nicht die Optimierung von Prozessen, Plattformen und Tools, sondern ihr Know-how über die Immobilien und Asset-Klassen, ihre Erfahrung und nicht zuletzt ihre Sozialkompetenz, mit der sie die individuellen Bedürfnisse erfassen und versuchen dafür passgenaue, für alle zufriedenstellende Lösungen zu finden.

Klassische Makler haben deshalb in der Regel eine Ausbildung zum Immobilienkaufmann/-frau; Pflicht ist es jedoch nicht. Die Bezeichnung "Immobilienmakler/-in" ist in Deutschland weder geschützt noch bedarf es zur Ausübung eines Nachweises über die fachliche Eignung oder berufliche Ausbildung. Fachverbände wie der Immobilienverband Deutschland (IVD) monieren dies schon lange.

Kern der Dienstleistung: Die persönliche Beratung

Für genaue Einschätzungen von Immobilien geht es aber ohne lokale Fachkenntnisse nicht. Klassische Makler bewerten die Liegenschaften mittels Realwert-, Substanzwert-, Ertragswert-, DCF-, Barwert- oder Lageklassenmethode. Hier trennt sich dann schnell die Spreu vom Weizen. Objektbesichtigungen mit Ruhe und Zeit sind gerade bei großen Objekten wichtig. Auch Themen wie Umzugshilfe, Ummelde-Service, Expertennetzwerk, Moderation der Vereinbarungen zwischen Verkäufer und Käufer, und die genaue Vorbereitung des Kaufvertrages gehören zu den Leistungen eines klassischen Maklers.

Rückschläge: Die Revolution scheitert an der Krise

Nun aber leiden beide Formen. Die Inflation, der rückläufige Immobilienmarkt und vor allem die schwer kalkulierbaren Finanzierungskosten zeigen inzwischen Spuren in beiden Geschäftsmodellen. Viele PropTechs sind sehr hoch fremdfinanziert. Genau das macht die potenziellen Unicorns (Einhörner), Startups mit Milliardenwert, verwundbar. Homeday und McMakler haben bereits begonnen, massiv Stellen abzubauen. Gründe, so wird in der Branche spekuliert, liegen im Wegfall von wichtigen Finanzierungsstrukturen sowie der Problematik, dass die Konzentration zu sehr auf dem Marketing und dem Ausbau der Marke lag. Dabei gab es bei McMakler Anfang des Jahres noch eine neue Finanzierungsrunde, wo sie mit Baillie Gifford einen finanzstarken Investor an Bord holen und vom Börsengang träumen konnten – bei einem geschätzten Unternehmenswert von rund 800 Millionen Euro durchaus realistisch. Jetzt aber gibt sich das PropTech vorsichtig. In einem stark verlangsamten Markt habe man die Wachstumsziele nach unten korrigiert, so die Begründung für den Stellenabbau. Ähnlich agieren auch andere Hybrid-Makler.

Doch auch von klassischen Maklern kommen unerfreuliche Meldungen. Der Gewerbemakler Comfort, in Deutschland führend in der Vermittlung von einzelhandelsgenutzten Immobilien, meldete Ende September 2022 Insolvenz an. Das Berliner Makler- und Immobilienvertriebsunternehmen Ziegert kündigte einen Monat später gravierende Änderungen in der Unternehmensstrategie an. Angesichts des veränderten gesamtwirtschaftlichen Umfelds würde die Ziegert Group ihre Unternehmensstrategie adjustieren, Prozesse optimieren und sich organisatorisch neu aufstellen, hieß es aus Berlin. Und auch das Traditionsunternehmen Von Poll Immobilien kündigte an, sich breiter aufzustellen und startete mit einem Lizenzmodell einer Hausverwaltungssparte sowie einem Finanzierungsbereich.

Neue Chancen in neuer Umgebung

Als sicher gilt, dass eine Marktbereinigung in der Maklerbranche kommen wird – sowohl im digitalen als auch im klassischen Bereich. Die rund 35.000 Immobilienmakler in Deutschland trifft dies aber nicht alleine, es trifft auch Finanzdienstleister, Anlageberater, Vermögensverwalter und Banken, die sich mit Immobilien beschäftigen. Ebenso sicher ist, dass die Digitalisierung und Plattformen trotz Krise nicht aufzuhalten sind. Sie sind die Schienen für die Zugkraft der Wirtschaft des 21. Jahrhunderts. Wer das nicht verstehen will, wird ebenso überholt werden, wie China im 19. Jahrhundert, als es die Bedeutung der Eisenbahn unterschätzte und in der Industrialisierung wirtschaftlich komplett abgehängt wurde.

Doch es liegt auch eine große Chance in der Krise. In der neuen Makler-Welt könnte das Beste aus beiden Welten verbunden werden. Etablierte, klassische Makler kennen die Branche und die Regionalmärkte genau, verfügen über ein hohes und oft über viele Jahre aufgebautes Immobilienfachwissen, doch es mangelt ihnen meist an Tech-Know-how und Erfahrungen im Einsatz innovativer Technologien wie KI oder Blockchain. Hybridmakler dagegen haben dies, ihnen fehlt dagegen das Fachwissen und die lokale Expertise. Beides kombiniert, wäre eine ideale Grundlage für Kooperationen und den Beginn einer wunderbaren Freundschaft.


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