Neue Bundesbehörde: Lindner sagt Geldwäsche den Kampf an

Deutschland gilt als Paradies für Geldwäsche – gerade bei Immobilien. Finanzminister Christian Lindner will der "Spur des Geldes" konsequenter folgen und mehr großangelegte Fälle aufdecken. Eine neue Bundesbehörde soll die Arbeit bald aufnehmen.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) will den Kampf gegen die Geldwäsche in einer neuen Bundesbehörde bündeln. Dadurch sollen vor allem die Hintermänner illegaler Geschäfte verfolgt werden. In Deutschland habe man sich stark um die kleinen Fische bei der Finanzkriminalität gekümmert, aber "die dicken Fische, die schwimmen uns davon", sagte der FDP-Politiker am 24. August in Berlin. Er wolle sehr schnell agieren und im Laufe dieser Legislaturperiode Ergebnisse liefern. "Also wir gehen das mit großem Tempo an."

Der Druck ist da. Die internationale Arbeitsgruppe gegen Geldwäsche, die Financial Action Task Force (FATF), sieht in Deutschland erheblichen Verbesserungsbedarf bei der Bekämpfung von Geldwäsche. Dazu gehöre die insbesondere die wirksame Beaufsichtigung des Nichtfinanzsektors, wie der Immobilienbranche, der leichtere Zugang zu Informationen über wirtschaftliches Eigentum sowie der Fokus auf Ermittlungen und Verfolgungen von Geldwäsche. Den neuesten Bericht will die FATF am 25. August veröffentlichen.

Neue Anti-Geldwäsche-Behörde: Augenmerk auf die Immobilienbranche

Laut einem Eckpunktepapier, das der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegt, sind unter dem Dach der noch namenlosen Behörde, drei Säulen geplant: Ein ebenfalls neu zu gründendes Bundesfinanzkriminalamt soll gezielt komplexe Fälle illegaler Finanzflüsse aufklären; die bisherige Anti-Geldwäsche-Einheit FIU (Financial Intelligence Unit) soll mit Hilfe von Computerprogrammen aus den Verdachtsmeldungen Fälle herausfiltern, denen die Fahnder nachgehen müssen – das dritte Standbein soll schließlich eine koordinierende Zentralstelle für die Aufsicht über den Nichtfinanzsektor sein, der besonders anfällig für Schwarzgeld ist. Bisher sind mehr als 300 kleinere Behörden für diese Bereiche zuständig, die nun zentral koordiniert werden sollen.

Erfolge bei der Bekämpfung von Geldwäsche habe es zuletzt überwiegend bei kleineren Fällen gegeben, hieß es aus dem Bundesfinanzministerium. Es gelinge noch nicht ausreichend, systematische, große Fälle zu verfolgen und das Geld dann auch einzuziehen. Zu den Planungen für die Gründung und den Aufbau eines Bundesfinanzkriminalamtes habe es bereits einen "ersten Austausch" gegeben, teilte eine Sprecherin des Innenministeriums mit. "Eine abgestimmte Position der Bundesregierung gibt es noch nicht."

Richterbund fordert mehr Personal

Zu den Details von Lindners Vorschlag gibt es auch in der Ampel-Koalition noch Abstimmungsbedarf. Aus den Reihen der Grünen kam generelle Zustimmung. Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, es gehe bei der Geldwäsche um etwa 100 Milliarden Euro pro Jahr. Der Staat bekomme bisher "weniger als ein Prozent des schmutzigen Geldes zu Gesicht". Daher sei es "genau richtig, die Geldwäschebekämpfung und Sanktionendurchsetzung auf Bundesebene zusammen zu organisieren".

Der Deutsche Richterbund hält eine effektivere Bekämpfung von Geldwäsche nur für möglich, wenn zugleich die Strafjustiz personell verstärkt wird. Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn sagte: "Gelingt es den Finanzbehörden künftig besser, aus der Flut von rund 200.000 Verdachtsmeldungen der Banken, Versicherungen oder Notare pro Jahr die relevanten Hinweise auf Straftaten herauszufiltern und weiterzugeben, wird die Zahl der Geldwäscheverfahren sprunghaft steigen."

Task Force Geldwäsche – Berlin kontrolliert Notare

Dubiose Immobiliengeschäfte über Strohmänner oder Deals krimineller Clans sind vor allem in Berlin ein Thema. Zur Beurkundung braucht es Notare. Eine Task Force bei der Justiz hat die Branche seit Kurzem besonders im Blick – und sieht sich durch einen Passus im reformierten Geldwäschegesetz gebremst.

Im Januar 2020 hatte der Berliner Senat die fünfköpfige Task Force bei der Notaraufsicht am Landgericht eingesetzt, damit die Juristen besser überprüft werden konnten. Bis Juli 2021 durfte die Geldwäscheaufsicht bei der Justiz Verdachtsfälle an die zuständige Zentralstelle für Untersuchungen von Finanztransaktionen melden. Es reichte ein geringfügigerer Verdacht. Seit August 2021 dürfen Meldungen nur noch erfolgen, wenn konkrete Tatsachen von Geldwäsche bekannt sind. Bis der Passus im Geldwäschegesetz geändert wurde, meldete die Task Force 86 Verdachtsfälle aus der Überprüfung von Notaren. Das ist so nicht mehr möglich.

Der Berliner Senat forderte daraufhin Anfang September 2021 mit einer Bundesratsinitiative die Änderung des Geldwäschegesetzes und die Wiederherstellung der Lage, wie sie vor dem 1.8.2021 war, um eine effektive Geldwäscheaufsicht bei allen notariellen Verträgen wieder möglich zu machen.

Die Bilanz für das Jahr 2020 der beim Zoll angesiedelten FIU, die im August 2021 vorgelegt wurde, ging von einem intensiven Einsatz der Notare gegen Geldwäsche aus – rund 1.600 Verdachtsfälle seien bundesweit gemeldet worden. 2017 war die im Jahr 2001 gegründete FIU aus dem Bundeskriminalamt (BKA) ausgegliedert und dem Zoll unterstellt worden.

Mit der Schaffung der neuen Behörde sollen die bisherigen Strukturen im Kampf gegen Geldwäsche effizienter gestaltet werden. "Ich schlage einen Paradigmenwechsel vor", sagte Lindner dem "Spiegel".


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Schlagworte zum Thema:  Immobilienmarkt, Geldwäsche