Ladekonzepte für die E-Mobilität in der Immobilienbranche

Ob E-Autos künftig das Rennen unter den Fahrzeugen machen, wird sich noch zeigen. Eine Million Elektroautos sind schon auf deutschen Straßen unterwegs. Mindestes sieben Millionen wünscht sich die Bundesregierung bis 2030 – mit Konsequenzen für Immobilienunternehmen.

Wer ein batteriebetriebenes Auto fährt, kann Benzin und Diesel bei herkömmlichen Tankstellen nichts anfangen. Waren E-Lademöglichkeiten bis vor Kurzem noch rar, schießen sie jetzt wie Pilze aus dem Boden. Mitten in der Landschaft, in Wohnquartieren oder direkt an Immobilien. Die Nachfrage bei Bewohnern wächst sprunghaft.

Die Wohnungswirtschaft reagiert und verändert ihre Immobilienplanung – im Neubau und Bestand. Ladestationen und Wallboxen stellen zudem eine erhebliche Wertsteigerung der Immobilie dar. Unterstützt von der EU-Vorgabe hinsichtlich Energie- und Gebäudeeffizienz sowie dem Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (kurz GEIG) vom 25.3.2021.

Demnach wird der Einbau einer Lademöglichkeit bei Gebäuden mit mehr als zehn Stellplätzen künftig bei jedem der Stellplätze zur Pflicht. Mit Blick auf künftigen Bedarf müssen Stellplätze über Schutzrohre für Elektrokabel (Leitungsinfrastruktur) verfügen. So sollen Ladepunkte bei Bedarf rasch errichtet werden können.

E-Mobilität im Straßenbild nimmt zu

Die GAG-Immobilien AG Köln ist auf diese neuen Anforderungen eingestellt und bietet ihren Mieterinnen und Mietern mit einem GAG-Stellplatz eine Wallbox als Ladepunkt für Elektroautos an.

Für wirksame E-Mobilität stellt Berlin bereits etwa 2.280 nutzbare Ladepunkte bereit. Davon befinden sich 1.460 auf öffentlichen Plätzen. Damit erfüllt die Hauptstadt zu über 90 Prozent den vorgegebenen EU-Standards für öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur (AFIR). Weitere Initiativen ergreifen die

Berliner Stadtwerke. Sie erweitern ihr Angebot bis Ende 2023 um weitere 240 zusätzliche Ladepunkte. Außerdem werden im Rahmen des Forschungsprojekts "ElMobileBerlin" bis zu 1.000 Straßenlaternen zu Ladestationen für E-Autos umgerüstet.

E-Mobilität Ladesäule Straßenlaterne

Wohnungswirtschaft baut Angebot in Quartieren aus

Die Degewo AG kooperiert mit The New Motion Deutschland GmbH (TNM) und NWG Power GmbH (NWG), um ebenfalls Mieter-PKW-Stellplätze mit Ladestationen auszustatten.

Mitten in die Großsiedlung Berlin Hellersdorf betreibt die Gesobau eine Mobilitätstation und plant ebenso in ihren Quartiersgaragen sowie im Außenbereich Ladestationen für E-Autos.

Jörg Franzen, Vorstandsvorsitzender der Gesobau sieht darin eine wichtige Maßnahme. "Damit fördern wir ein autoarmes und zukunftsfähiges Wohnquartier, in dem die bestehenden und künftigen Mieterinnen und Mieter nicht nur gern zuhause, sondern auch gut mit der Umgebung vernetzt sind."

In engem Kontakt mit den Stadtwerken besteht umfänglicher Service. So auch in München. Hier bieten die Stadtwerke (SWM) "M-Ladelösungen mit Rundum-Service" an, um Mietern und Eigentümern das emissionsfreie Laden von E-Fahrzeugen zu erleichtern. Die thüringische Landeshauptstadt Erfurt setzt gemeinsam mit den Stadtwerken (SWE) auf Mobilität im Erfurter Wohnquartieren. Suhl, Jena aber auch kleinere Städte wie Ilmenau oder Rudolstadt ziehen nach. 

Mehr als 5.200 batteriebetriebene PKW und 4.400 Plug-in-Hybrid sind in Thüringen momentan zugelassen. 1.384 öffentliche Ladepunkte – mehr als 10.000 private – stehen bevorzugt in Wohngebieten bereit. Die meisten davon in der Zeiss-Stadt Jena. Aber auch kleinere Städte, unter anderem Eisenach, Rudolstadt Schmalkalden und Meiningen werden e-mobiler.

Projekt in Hannover liefert Daten über den Lade-Bedarf

Um die notwendige Ladeinfrastruktur auszubauen, beteiligt sich der kommunale Immobiliendienstleister Hanova am Verbundprojekt "H-stromert". Bis Jahresende 2022 hat Hanova Wohnen GmbH insgesamt 24 Ladesäulen mit 48 Ladepunkten auf Gemeinschaftsparkplätzen der Bestandsimmobilien 15.000 Mietwohnungen über das Stadtgebiet verteilt platziert. Die Ladeinfrastruktur stammt von der niedersächsichen Landeshauptstadt Hannover. Hanova baut die Ladesäulen auf und betreibt sie. Enercity übernimmt kooperativ den gesamten Service von der Wartung bis zur Abrechnung und liefert zudem Ökostrom zum Tanken. Alle Hanova-Ladesäulen sind öffentlich zugänglich.

"Mit den Projekterkenntnissen lässt sich der Bedarf analysieren, inwieweit unsere Mieterinnen und Mieter Ladeinfrastruktur vor der eigenen Haustür nachfragen", sagt Karsten Klaus, Geschäftsführer der Hanova. Sollte die Verfügbarkeit von eigenen Ladepunkten zum Umstieg motivieren, ließe sich das Ladenetz auch in anderen Quartieren erweitern. "Von den Ergebnissen kann die gesamte hannoversche Immobilienwirtschaft profitieren, um ein bedarfsgerechtes Angebot an Ladepunkten zu schaffen und so die E-Mobilität zu fördern", so Klaus.

Full-Service: Startups unterstützen Wohnungsunternehmen

Das hessische Startup Heimladen entwickelte zusammen mit der HIB Habitat Immobilien Betreuung GmbH eine zukunftsfähige Ladeinfrastruktur mit Wallbox-Vorbereitungen an allen 43 Stellplätzen einer Tiefgarage. Thomas Schmedding, Geschäftsführer der HIB begrüßt die neue Zusammenarbeit mit Heimladen. "Nicht nur wird es den Eigentümern, beziehungsweise Mieterinnen und Mietern so einfach wie möglich gemacht, direkt am eigenen Stellplatz zu laden, auch wir wurden vollständig entlastet", bezieht  er sich auf die direkte Abrechnung mit den Nutzern und das zugeschnittenen Full-Service-Angebot.

Über ein skalierbares System kann jeder Stellplatz künftig mit einer Ladeeinheit ergänzt und eine Wallbox ohne erneute Bauarbeiten funktionsfähig gemacht werden. Die Immobilie ist für die Zukunft ausgestattet und Mieter können bei Bedarf ohne hohes Investment elektrisch durchstarten. Green Fusions als Partner koppelt dabei mit Hilfe einer innovativen Software sektorübergreifendes Steuern und Optimieren der Wärme- und Energiesysteme mit dem Lastmanagements aus der Tiefgarage.

Ladepunkt, Wallbox oder Ladesäule? 

So ähnlich die Begriffe sind, steht doch hinter jedem ein anderes Produkt, für das sich ein Unternehmen oder Eigentümer entscheiden kann:

  • Die stationäre Ladestation besteht aus einem oder mehreren Ladepunkten. An einem Ladepunkt – sogenannte Wallbox – kann immer nur ein Elektroauto oder ein Hybrid pro Vorgang aufgeladen werden. Sie minimiert Ladezeiten über die normale Haussteckdose und schützt vor Überlastung des Stromnetzes und Brandgefahr.
  • Eine Ladesäule dagegen ist eine Anlage eines Ladepunkts. Das Aufladen erfolgt über eine AC (Alternating Current-Wechselstrom) oder eine DC-Ladesäule (Direct Current-Gleichstrom).

Ein intelligentes Lastenmanagement in den Wohnanlagen hilft, die verfügbare Ladeleistung optimal auf alle zu ladenden Elektroautos zu verteilen. Eine entscheidende Frage ist, wie später abgerechnet wird. Über einzelne Wohnungs- oder einen Gemeinschaftszähler.

Immobilien- und Energiewirtschaft sind gut beraten, Wege gemeinsam auszuloten, um ein möglichst attraktives und sicheres Angebot für Mieter und Eigentümer zu schaffen. Kosten können minimiert werden. Attraktivität, bessere Vermarktung, Wertsteigerung und Bewertung der Nachhaltigkeit der Immobilie stehen dabei im Fokus. Der Trend geht dabei zu Kooperationen der Wohnungswirtschaft mit der Energiewirtschaft und den zugehörigen Dienstleistern für ein Full-Service-Angebot der Mieterinnen und Mieter.


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