Hohes Zinsniveau: Offene Immobilienfonds kämpfen um Anleger

Im Frühjahr waren sich die Experten einig, dass die Zinsen in der zweiten Jahreshälfte 2023 wieder sinken werden. Doch es kam anders – für offene Fonds heißt das: Weniger Mittel und Abwertung der Immobilien. Scope erwartet, dass bei den Zuflüssen 2024 die Nulllinie erreicht wird.

Hohe Zinsen reduzieren Mittelzuflüsse und erzeugen Abwertungsdruck für Immobilien. Im Wettbewerb um Anlegergelder heißt das für offene Fonds, dass sie im Vergleich zu Zinsanlagen an Attraktivität verlieren. Das wirkt sich laut Scope auf die Kapitalflüsse aus: Ende August 2023 lag das Netto-Mittelaufkommen – Saldo von Zu- und Abflüssen – für alle Fonds bei 1,31 Milliarden Euro und damit niedriger als in den vergangenen Jahren. Für das Gesamtjahr erwartet die Ratingagentur, dass das Netto-Mittelaufkommen positiv bleibt. Für 2024 könnte der Saldo jedoch ins Negative drehen.

Liquidität: Fondsmanager erwägen Immobilienverkäufe

Der Gesetzgeber schreibt eine Liquidität von mindestens fünf Prozent des Fondsvolumens vor. Viele Fonds haben laut Scope deutlich über diese Mindestliquidität hinausgehende Cash-Bestände angehäuft: Insgesamt sind derzeit 18,3 Milliarden Euro verfügbar. Die volumengewichtete Liquiditätsquote der Fonds liegt bei durchschnittlich 15,1 Prozent und ist damit höher als 2021 und 2022.

Um weitere Liquidität zu generieren, ziehen Fondsmanager Immobilienverkäufe in Betracht, vor allem kleinere Objekte mit einem Wert von weniger als 100 Millionen Euro sollen veräußert werden, da sie den Experten zufolge eine größere Käufergruppe ansprechen. Deals großvolumiger Objekte seien aktuell schwieriger zu realisieren.

Immobilienfonds: Schließungen nicht ausgeschlossen

Sollte trotz solider Liquidität und möglicher Verkäufe die Liquidität einzelner Fonds nicht ausreichen, um negative Mittelaufkommen über längere Zeiträume zu stemmen, müssen sie die Rücknahme von Anteilen aussetzen. Scope rechnet allerdings nicht damit, dass es zu einer Reihe von Fondsschließungen kommen wird. Dass einzelne Fonds davon betroffen sein könnten, wird jedoch nicht ausgeschlossen.

Zugute kommen den Fonds die 2013 eingeführte Mindesthaltedauer und die Kündigungsfrist. Damit können Fonds ihre Liquiditätsstrategien besser auf die Anlegerrückgaben ausrichten. Wollen Anleger Anteile zurückgeben, müssen sie nach den aktuellen Regeln eine Mindesthaltedauer von 24 Monaten und eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten beachten. Das bedeutet, dass die Kündigung frühestens in einem Jahr wirksam wird. Bis dahin könnten Abwertungen von Immobilien erfolgt sein: Dann würden Anleger einen geringeren Preis als zum Zeitpunkt der Kündigung ausgezahlt bekommen.

Investment: Langfristig solide Renditen bei geringer Volatilität

Neben reduzierten Mittelzuflüssen ist nach Beobachtung von Scope derzeit auch die Bewertung der Immobilien herausfordernd. Erste Immobilienwerte wurden bereits gesenkt. Mit Zunahme der Transaktionsaktivitäten auf den Immobilienmärkten dürften weitere Abwertungen folgen. Scope rechnet daher mit sinkenden Fondsrenditen. Der Renditeunterschied zwischen einzelnen Fonds wird sich dabei vergrößern.

Trotz der im Vergleich zu Zinsanlagen gesunkenen Attraktivität wegen des aktuell hohen Zinsniveaus erfüllen offene Fonds laut Scope als langfristiges Investment wichtige Funktionen im Portfolio. Neben Diversifikationsaspekten weisen sie über längere Zeiträume solide Renditen mit zugleich sehr geringer Volatilität aus. Damit sind sie ein stabilisierender Baustein im Depot, der bei vielen Anlegern ein wichtiger Teil der Vermögensallokationen ist.

Offene Immobilienfonds: Dauerhaft hohes Zinsniveau wird zur Herausforderung (PDF)


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