Kein Ausweiswahlrecht mehr für Nachhaltigkeitsberichterstattung

Durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) muss die Nachhaltigkeitsberichterstattung Teil des Lageberichts werden, ausgelagerte Berichte wirken ab 2024 nicht mehr befreiend. Damit wird die Vergleichbarkeit erhöht und die Integration in die Darstellung der wirtschaftlichen Lage verbessert. 

Die Integration der Nachhaltigkeits-Performance in den Lagebericht ist der geeignete Ort der Berichterstattung. Dennoch sind die Risiken und Gegenmaßnahmen der Risiken und der gesellschaftliche Impact an unterschiedlichen Stellen im Lagebericht zu berichten, was eine nicht sachgerechte Zwiespältigkeit des Risikomanagements zum Ausdruck bringt.

Lageberichterstattung und nichtfinanzielle Berichterstattung

Bisher können die Lageberichterstattung und die nichtfinanzielle Berichterstattung nebeneinander erfolgen, was angesichts der Relevanz der nichtfinanziellen Informationen gerade für die im Lagebericht darzustellende wirtschaftliche Lage nur schwer vorstellbar ist. Unter nichtfinanzielle Leistungsindikatoren sind gemäß § 289 Abs. 3 HGB bzw. § 315 Abs. 1 Satz 4 HGB im Lagebericht bislang schon und auch weiterhin unter anderem Informationen über Umwelt- und Arbeitnehmerbelange zu subsumieren. Die Aufzählung ist allerdings nicht abschließend. Daraus ergibt sich eine weit gefasste Berichterstattungspflicht. Diese hat generell die nichtfinanziellen Indikatoren zu umfassen, die zur Steuerung des Unternehmens eingesetzt werden (DRS 20.106). Darüber hinaus ist bei der Analyse des Geschäftsverlaufs und der Lage der Gesellschaft/des Konzerns nach herrschender Meinung auf nicht aktivierungsfähige immaterielle Werte einzugehen. Unter Umständen ist in diesem Zuge auch über die gesellschaftliche Reputation zu berichten. Einschränkungen ergeben sich lediglich aus der unpräzisen Vorgabe, dass nur Informationen zu berichten sind, die für das Verständnis des Geschäftsverlaufs oder der Lage der Gesellschaft von Bedeutung sind.

Daher stehen gerade die Unternehmen, die auch intensiv Nachhaltigkeitskennzahlen als nichtfinanzielle Leistungsindikatoren im Steuerungssystem nutzen, bislang vor dem Dilemma, viele Informationen aus der nichtfinanziellen Erklärung zu wiederholen. Das wird mit der Umsetzung der CSRD weniger werden, da diese die Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtend nur noch als gesonderten Teil im Lagebericht vorsieht. Eine Auslagerung der nichtfinanziellen Erklärung in einen anderen (Nachhaltigkeits- oder integrierten) Bericht ist dann für verpflichtete Unternehmen nicht mehr möglich.

Allerdings könnte es auch weiter zu Verweisen kommen, da der Gesetzgeber selbst immer mehr Informationen in verschiedenen Berichten fordert, wie etwa beim ausgelagerten Vergütungsbericht nach § 162 AktG oder dem Sorgfaltspflichtenbericht nach § 10 Abs. 2 LkSG deutlich wird. Hier regelt die CSRD, dass Verweise auf andere Teile grundsätzlich möglich sind, dies aber eindeutig zu benennen ist und die Angaben derselben Prüfungspflicht unterliegen müssen.

Abgrenzung als Lösung?

Neben der Frage der konkreten Abgrenzung von den nichtfinanziellen Leistungsindikatoren muss klar sein, dass wenn eine CSR-Berichterstattung Relevanz für das Unternehmen hat, dass dann diese Aspekte der Unternehmenstätigkeit zwangsläufig zur Darstellung der wirtschaftlichen Lage gehören, die im Lagebericht zu erfolgen hat. Eine Nebenabbildung des Unternehmens zu zeichnen, wirft die Bemühungen etwa des Integrated Reporting, ökonomische, ökologische und soziale Aspekt des Unternehmens zusammen und mit ihren jeweiligen Interdependenzen darzustellen, deutlich zurück. Generell bleibt daher fraglich, ob sich diese Verpflichtung zur CSR-Berichterstattung nicht nachteilig auf die sich bislang primär auf freiwilliger Basis entwickelnde Nachhaltigkeitsberichterstattung auswirken wird, da ein Nachhaltigkeitsbericht bisher ein Signal im Sinne der Differenzierung unter den Unternehmen darstellt.

Praxis-Tipp: Abgrenzung über besonders gute Ausgestaltung

Wenn nun alle berichten müssen, besteht nur noch eine eingeschränkte Möglichkeit, sich abzugrenzen. Denkbar ist eine Differenzierung dann etwa über eine besonders gute Ausgestaltung in Anlehnung an eines der anerkannten (umfassenderen) Rahmenwerke.

Digitalisierung der Berichterstattung

Der Trend zur zunehmenden Digitalisierung von Rechnungslegung wird in der verabschiedeten CSRD ebenfalls berücksichtigt. Die Informationen der Nachhaltigkeitsberichterstattung sollen menschen- und maschinenlesbar ausgestaltet sein. D. h. die einzelnen Datenpunkte – allein in den bisherigen 12 vorgelegten ESRS sind es über 1.100 – müssen elektronisch gekennzeichnet (getaggt) werden  –analog zur Finanzberichterstattung in einem einheitlichen elektronischen Berichtsformat (ESEF). Die dafür nötige Taxonomie wird parallel zu den weiteren ESRS entwickelt. Dieser erscheint für den bisherigen ESEF-Anwenderkreis, die kapitalmarktorientierten Unternehmen, sachgerecht und konzeptionell als folgerichtig. Die Notwendigkeit der Schaffung einer Taxonomie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung wird allerdings Ersteller wie Anwender vor große – in diesem Kontext insbesondere größere Herausforderungen als noch im Rahmen der Finanzberichterstattung – stellen. Denn einerseits sieht sich alleine die Schaffung einer standardisierten Taxonomie der Herausforderung gegenüber, der eher weniger standardisierten, überwiegend qualitativ orientierten Nachhaltigkeitsberichterstattung dieses Korsett in adäquater Weise überzustülpen. Dabei gab es bereits ähnliche Ansätze in der Vergangenheit aus Wissenschaft und Praxis sowie insbesondere der Global Reporting Initiative (GRI), die jedoch allesamt vor diesem Hintergrund nicht weiterverfolgt wurden. Andererseits stellt eine Taxonomie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung auch die Anwender vor die große Herausforderung einer angemessenen Nutzung dieser im Sinne der Regulierung. Sollte der Weg der Regulierung über die Entwicklung zahlreicher Elemente führen, stehen die Anwender vor der Herausforderung, das Tagging für ihren individuellen Berichtszweck in der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu gestalten. Sollte die Taxonomie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung Elemente auf einer hohen Abstraktionsebene fokussieren, würde dies zu zahlreichen unternehmensindividuellen Erweiterungstaxonomien führen, die der eher Standardisierung verfolgenden Regulierung konzeptionell widersprechen würden.

Eine sofortige Einbeziehung der ausgeweiteten Zielgruppe von allen großen Kapitalgesellschaften und denen gleichgestellten Personenhandelsgesellschaften erscheint dagegen nicht zu überzeugen, da es so kurzfristig eine Überforderung vieler Unternehmen bedeuten würde.

Längerfristig gesehen soll die Berichterstattung für die Unternehmen mit der Zeit durch die Digitalisierung wesentlich kostengünstiger werden, während sich die Möglichkeiten für Anleger und weitere Interessenträger, die Informationen zu vergleichen und zu nutzen, erheblich verbessern. Die Digitalisierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung der Unternehmen entspricht auch der Strategie zur Digitalisierung des Finanzsektors, die den Zugang zu Daten, Informationen und deren Weiterverwendung im Finanzsektor weiterhin verbessern soll.

In eigener Sache: Wie treibe ich Nachhaltigkeit im Unternehmen voran?