Nutzungsdauer von Computer und Software

Die Finanzverwaltung hat bereits mit einem aktuellen BMF-Schreiben die Möglichkeit eröffnet, bestimmte digitale Wirtschaftsgüter in einem Jahr abzuschreiben, statt wie bisher in 3 Jahren. Dies gilt für Anschaffungen nach dem 1.1.2021. Mit BMF-Schreiben v. 22.2.2022 wurde dieses ursprüngliche Schreiben in einigen Punkten ergänzt. Verschiedene Unsicherheiten bleiben aber bestehen.

Praxis-Hinweis: kürzere Nutzungsdauer für digitale Wirtschaftsgüter

Abnutzbare Wirtschaftsgüter, die Anschaffungskosten von mehr als 800 EUR haben, sind grundsätzlich über ihre betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben. Hierbei ist es sinnvoll, sich für die Nutzungsdauer an die AfA-Tabellen der Finanzverwaltung zu halten. Bislang ist die Finanzverwaltung hierbei für Computerhardware sowie Software in der Regel von einer 3-jährigen Nutzungsdauer ausgegangen. Da die Finanzverwaltung eingesehen hat, dass diese Wirtschaftsgüter einem immer schnelleren Wandel unterworfen sind, wird in einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF, Schreiben v. 26.2.2021, IV C 3 – S 2190/21/10002 :013) nunmehr bestimmt, dass für Computerhardware und Software von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von einem Jahr ausgegangen werden kann. Dieses BMF-Schreiben wurde durch ein um einige Ausführungen ergänztes Schreiben (BMF, Schreiben v. 22.2.2022, IV C 3 – S 2190/21/10002:025) ersetzt. Die wesentlichen Aussagen des BMF sind indes unverändert. Die Finanzverwaltung führt hierbei nunmehr allerdings aus, dass es sich bei der Anwendung der kürzeren Nutzungsdauer nicht um ein steuerliches Wahlrecht handelt. Die grundsätzliche Nutzungsdauer beträgt ein Jahr, jedoch kann der Steuerpflichtige von dieser Annahme auch abweichen. Wenn dann in der Einleitung zum BMF-Schreiben v. 22.2.2022 auch noch davon gesprochen wird, dass die Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden kann, ist die Verwirrung perfekt. Auf diese Widersprüche wird denn auch in der Fachliteratur vielfach hingewiesen. Festzuhalten bleibt, dass Steuerpflichtige für die im Schreiben bezeichneten Wirtschaftsgüter eine Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde legen können. Ob sie es in der steuerlichen Gewinnermittlung müssen, bleibt offen. In jedem Fall bleibt es aber für Zwecke der handelsbilanziellen Rechnungslegung dabei, dass die tatsächliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zugrunde zu legen ist, und diese ist sicherlich länger als ein Jahr. Dies hat das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) klargestellt.

Kürzere Nutzungsdauer für welche Wirtschaftsgüter?

Um welche Wirtschaftsgüter es sich im Einzelnen handelt, stellt das BMF ausführlich dar. Gleichwohl wird es sicherlich Abgrenzungsfragen geben. Unstrittig dürfte indes sein, dass der „normale“ Desk-Computer, das Notebook oder das Tablet nebst der Betriebs- und Anwendersoftware in den Anwendungsbereich des neuen Schreibens fallen. Auch gilt die neue Regelung für Drucker und weiteres Zubehör.

Kürzere Nutzungsdauer für Anschaffungen nach dem 1.1.2021

Angewendet werden darf (bzw. "muss" s.o.) die kürzere betriebliche Nutzungsdauer auf solche Wirtschaftsgüter, die nach dem 1.1.2021 angeschafft worden sind. Dies bedeutet letztlich, dass bereits im Jahr 2021 die Anschaffungskosten von Computerhardware und Software in voller Höhe steuermindernd geltend gemacht werden können, auch wenn die Anschaffungskosten über dem Wert von 800 EUR liegen und diese somit keine geringwertigen Wirtschaftsgüter darstellen. Restbuchwerte aus Vorjahren dürfen ebenfalls in 2021 abgeschrieben werden. Diese Möglichkeit gilt nicht nur im betrieblichen Bereich, sondern auch für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens, die zur Einkünfteerzielung verwendet werden, also insbesondere im Falle von Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit sowie Vermietung und Verpachtung.

Hintergrund: neben linearer Abschreibung auch degressive Abschreibung möglich

Nach § 7 Abs. 1 EStG sind abnutzbare Wirtschaftsgüter über den Zeitraum der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer abzuschreiben. Dies geschieht im Bereich des Steuerrechts regelmäßig in gleichbleibenden Jahresbeträgen (lineare AfA), allerdings hat der Gesetzgeber nach § 7 Abs. 2 EStG für Anschaffungen in den Jahren 2020 und 2021 auch wieder die Möglichkeit der degressiven AfA zugelassen, siehe dazu Degressive Abschreibung: Überblick. Der Entwurf eines 4. Coronasteuerhilfegesetzes sieht zudem vor, dass die Möglichkeit einer degressiven AfA auch für 2022 bestehen soll. Für die Dauer der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer wird regelmäßig auf entsprechende Tabellen der Finanzverwaltung zurückgegriffen.

Wesentlicher Inhalt des BMF-Scheibens: verkürzte Nutzungsdauer für Computer und Co.

Das BMF-Schreiben in seiner ergänzten Fassung vom 22.2.2022 lässt sich wie folgt zusammenfassen, wobei sich die Ergänzungen in den Tz.1.1. bis 1.4. ergeben:

  • Die Nutzungsdauer der im BMF-Schreiben näher aufgeführten Wirtschaftsgüter beträgt ein Jahr (Tz. 1).
  • Die betroffenen Wirtschaftsgüter unterliegen weiterhin der Abschreibung, es wird lediglich die Nutzungsdauer verkürzt (Tz. 1.1.).
  • Die Wirtschaftsgüter sind deshalb ab der Abschaffung und Herstellung abzuschreiben und in ein Verzeichnis nach R. 5.4. EStR aufzunehmen Steuerpflichtige können aber auch eine andere Abschreibungsmethode wählen (Tz. 1.2.)
  • Die Regelungen des BMF-Schreibens gelten auch bei den Überschusseinkünften  (Tz. 1.3.). Damit gilt es insbesondere auch bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit sowie Vermietung und Verpachtung.
  • Es wird nicht beanstandet, wenn die Abschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in voller Höhe in Anspruch genommen wird (Tz.1.4.).
  • Auf welche Wirtschaftsgüter dies zutrifft, wird in den weiteren Textziffern dargestellt (Tz. 2 bis 5). Der Begriff Computerhardware umfasst hierbei insbesondere Computer, Desktop-Computer, Notebooks, Workstations, Dockingstations, Speicher, Netzteile und Peripheriegeräte. Bei Zweifelsfragen sollten die folgenden Definitionen herangezogen werden. Software erfasst die Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung. Zu beachten ist die in Tz. 4 aufgeführte Einschränkung, dass die Computer bestimmten Umweltanforderungen der EU gerecht werden müssen. Bei Standardgeräten sollte dies der Fall sein.
  • Das Schreiben gilt für Anschaffungen oder Herstellungen ab dem 1.1.2021 (Tz. 6).
  • Für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens, die zur Einkünfteerzielung verwendet werden, gilt dies entsprechend (Tz. 7).
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