Umweltministerium macht Kehrtwende beim Heizungsgesetz
Das Bundeskabinett hat am 6. August den Klimaschutzbericht 2025 beschlossen. Während es in der vorläufigen Fassung noch hieß, das Gebäudeenergiegesetz (GEG) – auch bekannt als Heizungsgesetz – sei eines der wirksamsten Instrumente im Gebäudesektor, "inklusive der 65-Prozent-Regel", fehlt die Aussage in der endgültigen Version.
Gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) legt die Bundesregierung dem Bundestag jährlich einen Klimaschutzbericht vor.
Unterrichtung durch die Bundesregierung Klimaschutzbericht 2025 (Stand 7.8.2025)
GEG: 65-%-Pflicht abschaffen oder überarbeiten?
Das GEG wird nun als "wesentliches Instrument" für die Wärmewende bezeichnet, das "künftig technologieoffener, flexibler und einfacher gestaltet werden" müsse. Öl- und Gasheizungen müssten "mittel- bis langfristig" durch "klimafreundliche Heizungslösungen" ersetzt werden. Darüber hat zuerst der der Fachverlag Energate berichtet.
Die 65-Prozent-Pflicht in § 71 GEG legt fest, dass bei einer neuen Heizung mindestens 65 Prozent der Wärme aus erneuerbaren Energien stammen müssen. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist vorgesehen, das Heizungsgesetz abzuschaffen, "die erreichbare CO2-Vermeidung soll zur zentralen Steuerungsgröße werden", heißt es da.
Vor der Bundestagswahl hatte der Expertenrat für Klimafragen es als "gefährlich" bezeichnet, das Paket aus GEG, Sanierung und Wärmeplanung zurückzudrehen. Der Gebäudesektor müsse gezielter angegangen, Förderungen sozial gerechter werden und das Heizungsgesetz bleiben – sonst würden die Ziele verfehlt, heißt es im jüngsten Zweijahresgutachten, das am 5.2.2025 vorgestellt wurde.
Klimaschutzbericht: Sorgenkind Gebäudesektor
Laut Klimaschutzbericht 2025 droht Deutschland die Klimaziele ab 2040 zu verfehlen. Die bisher beschlossenen Maßnahmen seien für das Erreichen der Ziele bis 2040 und 2045 "nicht ausreichend". Um Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, müssten mittel- und langfristig "weitere Transformationsschritte" eingeleitet werden, heißt es in dem mehr als 450-seitigen Dokument, das das Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUV) federführend erarbeitet hat.
Für das nationale Ziel einer Emissionsminderung von mindestens 65 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990 sei Deutschland dagegen auf Kurs: "Werden die bisher beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt, können die im Klimaschutzgesetz vorgegebenen Jahresemissionsgesamtmengen 2021 bis 2030 eingehalten werden", heißt es.
Probleme sieht der Bericht allerdings bei den Sektoren Gebäude und Verkehr, die separat betrachtet auch in den kommenden Jahren bis 2030 die Ziele zur Treibhausgasminderung verfehlen dürften. Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) sagte nach dem Kabinettsbeschluss am 6. August: "Der eingeschlagene Weg stimmt, die klimaschädlichen Emissionen gehen in Deutschland weiter zurück. Besonders im Verkehr und im Gebäudebereich müssen wir aber noch entschlossener handeln."
Klimaziele verfehlen wird teuer für Deutschland
Ein umfassendes Klimaschutzprogramm will die Bundesregierung bis Ende 2025 vorlegen. Darin muss sie erklären, was sie gegen die Zielverfehlungen beim Klimaschutz bis 2040 (mindestens 88 Prozent Treibhausgasminderung) und 2045 (Treibhausgasneutralität) tun will, vor allem in den kritischen Sektoren Gebäude und Verkehr.
Ein neues Sozial-Monitoring Klimaschutz soll die sozialpolitischen Wirkungen von Klimaschutzmaßnahmen in den Blick nehmen. "Mit dem Einkommensbonus für den Heizungstausch in der Bundesförderung effiziente Gebäude wurde ein Einstieg in eine soziale Differenzierung bei Förderprogrammen geschaffen", schreibt die Regierung. "Diesen Ansatz gilt es in Hinblick auf die steigenden CO2-Preise künftig auszuweiten."
Nach europäisch vereinbarten Vorgaben muss Deutschland seine Emissionen bis 2030 um die Hälfte senken, allerdings im Vergleich zu 2005. Seit 2024 liegt Deutschland hier nach Berechnungen des Expertenrats nicht mehr auf Kurs: Die Ziellücke sei gewachsen. Das heißt, dass Deutschland dann Rechte zum CO2-Ausstoß von anderen europäischen Staaten kaufen muss.
Wieviel das kosten wird, ist noch nicht abzusehen. "Es wird aber vielfach angenommen, dass die Kosten mindestens in der Größenordnung von 50 bis 100 Euro pro Tonne CO2 liegen werden, möglicherweise auch höher", erwartet Sascha Samadi vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Das würde bedeuten, dass Deutschland infolge seiner unzureichenden Emissionsminderungen etwa im Gebäudesektor bis 2030 mit Kosten in Höhe von mindestens elf bis 22 Milliarden Euro rechnen müsse.
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KSG-Novelle: Kontrolle der Ziele sektorenübergreifend
Die Einhaltung der Klimaziele wird mit der Novelle des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG), die am 17.7.2024 in Kraft getreten ist, nicht mehr rückwirkend nach verschiedenen Sektoren kontrolliert, sondern mehrjährig und sektorübergreifend.
Die Bundesregierung soll entscheiden, in welchem Sektor und mit welchen Maßnahmen die zulässige CO2-Gesamtmenge bis 2030 erreicht werden kann – allerdings erst, wenn es zwei Jahre in Folge zu einer Zielverfehlung kommt.
Die Umsetzung der Novelle wird in den Projektionsberichten abgebildet, die das UBA in Abstimmung mit den zuständigen Ressorts aller Sektoren auf Bundesebene koordiniert. Nach § 5 KSG werden am 15. März jeden Jahres die Daten der Treibhausgasemissionen des Vorjahres nach festgelegten Sektoren festgelegt. Die sind die Grundlage für die im KSG festgesetzten Aufgaben des Expertenrats, der jeweils einen Monat Zeit hat, die Daten zu prüfen. Danach müssen die zuständigen Ministerien innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm zum Erreichen der Klimaziele vorlegen.
Der im Mai 2025 vorgestellte Prüfbericht des Expertenrats:
UBA-Projektionsdaten: Net-Zero-Gebäude – eine Utopie?
Mitte März 2025 veröffentlichte das Umweltbundesamt (UBA) das Kurzpapier "Treibhausgas-Projektionen 2025 – Ergebnisse kompakt". Wie daraus hervorgeht, könnten die Klimaschutzziele sektorenübergreifend erreicht werden, die Zielverfehlungen in den Sektoren Gebäude und Verkehr seien jedoch deutlich. Das Net-Zero-Ziel ist laut UBA-Daten mit den vorhandenen Maßnahmen nicht erreichbar.
Im Gebäudesektor steigt die Lücke demnach gegenüber den Projektionsdaten 2024 um 78 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent und liegt damit zwischen 2021 und 2030 bei 110 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent.
Die Projektionsberichte – also Vorausberechnungen – werden regelmäßig durch ein unabhängiges Forschungskonsortium erstellt, das die Auswirkungen der Klimaschutzpolitik auf die Treibhausgasemissionen abschätzt.
Klimaschutzberichte nach KSG-Vorgaben: Hintergrund
Bereits mit der KSG-Novelle 2021 wurden die Klimaziele erhöht. Zu den Maßnahmen zählten das "Klimaschutzprogramm 2030", das vom Bundeskabinett im Oktober 2019 beschlossen wurde. Dazu gehören die CO2-Bepreisung und das "Fit For 55"-Paket zur Umsetzung des EU-Klimaziels. Im Mai 2021 wurde ein "Sofortprogramm 2022" beschlossen, das zusätzliche Maßnahmen enthielt, für die erhebliche Mittel für die Förderung energieeffizienter Gebäude in Aussicht gestellt wurden.
In den Klimaschutzberichten nach § 10 Absatz 1 KSG unterrichtet die Bundesregierung das Parlament über den jeweils aktuellen Stand der Klimapolitik, die Entwicklung der CO2-Emissionen, den Stand der Umsetzung der Klimaschutzprogramme und der Minderungswirkung sowie zur Klimazielerreichung nach § 3 KSG.
Neben der Klimaberichterstattung in den zentralen Wirtschaftssektoren wird auch über die Umsetzung von sektorübergreifenden Maßnahmen berichtet. Das Monitoring findet jährlich statt. Der Klimaschutzbericht 2021 war der erste Bericht nach KSG-Vorgaben.
Expertenrat der Bundesregierung: Zweite Amtszeit
Der Expertenrat ist ein unabhängiges fünfköpfiges Gremium, das die Wirksamkeit der deutschen Klimaschutzpolitik überprüft und der Politik Anregungen gibt. Seine Aufgaben sind im KSG festgeschrieben. Auf Vorschlag von Umweltminister Schneider hat die Bundesregierung am 6.8.2025 die Mitglieder für die nächsten fünf Jahre benannt. Die zweite Amtsperiode beginnt am 1. September.
Erneut berufen wurden die bisherigen Ratsmitglieder Prof. Dr. Marc Oliver Bettzüge (Energiewirtschaftliches Institut an der Universität zu Köln) sowie Dr. Barbara Schlomann (Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung Karlsruhe). Neue Mitglieder sind Prof. Dr. Dr. Tanja Kneiske (Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geotechnologien Cottbus), Prof. Dr. Allister Loder (Technische Universität München) sowie Prof. Dr. Julia Pongratz (Ludwig-Maximilians-Universität München).
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