Rz. 1

Nach Art. 19 Abs. 4 GG i. V. m. § 350 AO besteht im finanzbehördlichen Einspruchsverfahren eine Einspruchsbefugnis stets und nur für denjenigen, der eine Verletzung seiner Rechte geltend machen kann. Nur der unmittelbar selbst Betroffene ist einspruchsbefugt.[1] Diese allgemeine Einspruchsbefugnis wird durch § 352 AO, inhaltsgleich mit § 48 FGO, persönlich eingeschränkt.[2]

 

Rz. 2

Grundlage hierbei ist, dass nach § 179 AO in den in Steuergesetzen und insbesondere in den in § 180 AO genannten Fällen bestimmte Besteuerungsgrundlagen, d. h. i. S. v. § 199 Abs. 1 AO die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und die Bemessung der Steuer maßgebend sind, durch einen selbstständigen Verwaltungsakt[3], einen Feststellungsbescheid, abweichend von § 157 Abs. 2 AO, gesondert festgestellt werden. Die gesonderte Feststellung erfolgt einheitlich, wenn der Gegenstand der Feststellung mehreren Steuerrechtssubjekten i. S. v. § 33 AO zuzurechnen ist. Diese sind Feststellungsbeteiligte nach § 183 Abs. 1 AO, da sie am Feststellungsgegenstand als Gesellschafter, Gemeinschafter oder sonst Mitberechtigte beteiligt sind.

Der Feststellungsbescheid hat entsprechend seinem Regelungsinhalt Bindungswirkung für die Feststellungsbeteiligten. Nur diese werden durch den Feststellungsbescheid in ihrer Rechtsstellung berührt, sodass ihnen grundsätzlich auch nur Rechtsschutz zu gewähren ist. Bei einheitlichen und gesonderten Feststellungsbescheiden steht deshalb grundsätzlich jedem Feststellungsbeteiligten die Einspruchsbefugnis gegen den Feststellungsbescheid zu[4], wie dies auch in § 352 Abs. 1 Nr. 2 AO zum Ausdruck kommt.

 

Rz. 2a

§ 352 AO schränkt bei einheitlich und gesonderten Feststellungsbescheiden die Einspruchsbefugnis der Feststellungsbeteiligten ein, wenn sie sich hinsichtlich des Gegenstands der Feststellung zivilrechtlich in einer Personenvereinigung so zusammengeschlossen haben, dass für die Verwaltung oder Geschäftsführung ein oder mehrere vertretungsberechtigte Geschäftsführer bestellt oder kraft Gesetzes vorhanden sind, die die rechtlichen Interessen der Gesamtheit der Feststellungsbeteiligten wahrzunehmen haben. Die Rechtsform der Personenvereinigung[5] ist unerheblich.

Diese freiwillige zivilrechtliche Selbstbeschränkung der Feststellungsbeteiligten hinsichtlich der Geschäftsführung der Personenvereinigung hat für den steuerlichen Rechtsschutz zur Folge, dass nicht vertretungsberechtigte Feststellungsbeteiligte auch nicht befugt sind, die steuerlichen Rechte der Gesamtheit der Feststellungsbeteiligten im Verfahren geltend zu machen. Diese werden für die Gesamtheit der Feststellungsbeteiligten vielmehr im Weg einer "gesetzlichen Prozessstandschaft" durch die Personenvereinigung, handelnd durch den vertretungsberechtigten Geschäftsführer, wahrgenommen. Die Personenvereinigung erlangt insoweit ihre Steuerrechts- und Beteiligungsfähigkeit[6], die der nicht vertretungsberechtigte Feststellungsbeteiligte insoweit verliert.

 

Rz. 3

Diese Einschränkung des Rechtsschutzes kann allerdings nur dann gelten, wenn ihre gedankliche Grundlage, die freiwillige Vertreterbestellung, noch vorliegt. Der Zusammenschluss der Feststellungsbeteiligten zur Personenvereinigung muss insgesamt noch rechtlich existent sein und der Feststellungsbeteiligte der Personenvereinigung noch angehören.

Die Einschränkung des Rechtsschutzes kann zudem nicht gelten, wenn es um die Beteiligung des Feststellungsbeteiligten als solche geht, also nicht, wenn dem Feststellungsbeteiligten in einem negativen Feststellungsbescheid die Rechtsstellung abgesprochen wird.

Die Regelung des § 352 AO greift ebenfalls nicht ein, wenn es ausschließlich persönliche Fragen des Feststellungsbeteiligten streitig sind.

 

Rz. 4

Diese Einschränkung des Rechtsschutzes durch § 352 AO bzw. § 48 FGO verstößt nicht gegen Art. 19 Abs. 4 GG.[7]

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