Anfechtung von Feststellungsbescheiden

§ 351 Abs. 2 AO bestimmt, dass Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO) nur durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheids, angegriffen werden können.

Beispiel: Das Finanzamt erlässt im Rahmen einer gesonderten Gewinnfeststellung (§ 180 Abs. 1 Nr. 2b AO) einen Gewinnfeststellungsbescheid, der zum Ansatz des Gewinns bei der Einkommensteuerveranlagung des Unternehmers B führt. Dieser ist mit der Höhe des festgestellten Gewinns in der Einkommensteuerfestsetzung nicht einverstanden und legt gegen den Einkommensteuerbescheid Einspruch ein.

Lösung: Verfahrensrechtlich ist dies der falsche Weg, denn B muss, wenn er den festgestellten Gewinn anfechten will, den Gewinnfeststellungsbescheid anfechten. Legt er dagegen gegen den Einkommensteuerbescheid mit der Begründung Einspruch ein, der angesetzte Gewinn sei unzutreffend, fällt er damit unter die Anfechtungsbeschränkung des § 351 Abs. 2 AO.

Denn § 351 Abs. 2 AO enthält eine sachliche Anfechtungsbeschränkung, so dass ein derartiger Einspruch zwar zulässig, jedoch wegen der Bindungswirkung des Grundlagenbescheids für den Folgebescheid (§ 182 Abs. 1 AO) unbegründet ist (BFH, Urteil v. 2.9.1987, I R 162/84).  Entsprechendes gilt für eine gegen einen Folgebescheid eingelegte Klage mit Einwendungen gegen einen Grundlagenbescheid. Diese ist zwar zulässig, aber unbegründet (BFH, Urteil v. 12.10.2011, VIII R 2/10).

Besonderheiten bei der Einspruchbefugnis

Bei einheitlichen und gesonderten Feststellungsbescheiden sind hinsichtlich der Einspruchsbefugnis Besonderheiten zu beachten. Da diese Bescheide mehrere Gesellschafter/Gemeinschafter betreffen, hat der Gesetzgeber die Rechtsbehelfsbefugnis eingeschränkt (§ 352 AO).

Grundsätzlich gilt, dass nur die zur Vertretung berufenen Geschäftsführer einspruchsbefugt sind (§ 352 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 AO). Sofern ein solcher nicht vorhanden ist, wird auf den Einspruchsbevollmächtigten (Empfangsbevollmächtigten i.S.v. § 183 AO) zurückgegriffen (§ 352 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 i.V.m. § 352 Abs. 2 AO).

Sofern die Feststellungsbeteiligten jedoch der Einspruchsbefugnis des Empfangsbevollmächtigten widersprechen, sind sie selbst rechtsbehelfsbefugt.

Jeder Beteiligte ist ferner ausnahmsweise rechtsbehelfsbefugt, wenn weder ein vertretungsbefugter Geschäftsführer noch ein Einspruchsbevollmächtigter vorhanden ist (§ 352 Abs. 1 Nr. 2 AO).

Ebenfalls rechtsbehelfsbefugt sind ausgeschiedene Gesellschafter und Gemeinschafter, soweit sie steuerrechtlich betroffen sind (§ 352 Abs. 1 Nr. 3 AO).

Ist ein zur Vertretung befugter Geschäftsführer bzw. Einspruchsbevollmächtigter vorhanden, kann sich für den einzelnen Gesellschafter/Gemeinschafter gleichwohl eine persönliche Einspruchsbefugnis ergeben, soweit

  • es darum geht, wer an dem festgestellten Betrag beteiligt ist und wie dieser sich auf die einzelnen Beteiligten verteilt (§ 352 Abs. 1 Nr. 4 AO);
  • es sich um Punkte handelt, die den Beteiligten für seine Person angehen, z.B. Sonderbetriebsvermögen, Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben sowie andere ihn betreffende Besteuerungsgrundlagen (§ 352 Abs. 1 Nr. 5 AO).

Kapitel 5: Feststellungsverjährung

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