Rz. 62

§ 65 Abs. 2 S. 2 FGO bietet keine Rechtsgrundlage dafür, dem Kläger auch für die sog. Soll-Bestandteile der Klage i. S. d. § 65 Abs. 1 S. 2 FGO[1] eine Ausschlussfrist zu setzen. Insoweit kann jedoch ggf. eine Ausschlussfrist nach § 79b FGO in Betracht kommen. Die Fristsetzung nach § 79b Abs. 1 S. 1 FGO kann gem. § 79b Abs. 1 S. 2 FGO mit einer Fristsetzung nach § 65 Abs. 2 S. 2 FGO verbunden werden[2]. Zugleich kann auch die Ausschlussfrist für die Vorlage der Vollmacht nach § 62 Abs. 3 S. 3 FGO gesetzt werden[3].

 

Rz. 63

Nach dem klaren Wortlaut des § 65 Abs. 2 S. 2 FGO ("kann") liegt die Setzung der Ausschlussfrist im Ermessen des Gerichts[4]. Das Gericht hat jedoch schon aus Gründen seiner Prozessfürsorgepflicht[5] auf die Beseitigung des der Klage anhaftenden Mangels hinzuwirken und demgemäß unverzüglich und zeitnah die Ausschlussfrist zu setzen[6]. Dies gilt auch in "Schätzungsfällen"[7]. Auch die Länge der Frist liegt im Ermessen des Gerichts. Bei der Bemessung der Frist hat das Gericht unter Beachtung des Zwecks der Regelung[8] und der Verhältnisse des Einzelfalls einen Ermessensspielraum[9]. I. d. R. wird eine mindestens vierwöchige Ausschlussfrist angemessen sein[10]. Im Rahmen der Ermessensausübung darf der Anspruch des Klägers auf Rechtsschutz, also eine möglichst wirksame Kontrolle von Verwaltungsmaßnahmen durch das Gericht, nicht unnötig erschwert werden[11].

Die Ausschlussfrist kann unmittelbar gesetzt werden, ohne dass zuvor eine "einfache" Frist[12] gesetzt werden muss[13].

Die richterliche Verfügung bedarf der Unterschrift[14]. Dem Kläger ist eine beglaubigte Abschrift bekannt zu geben[15]. Die Verfügung ist gem. § 53 FGO zuzustellen; bei fehlender ordnungsgemäßer Zustellung ist die Ausschlussfrist unwirksam[16].

 

Rz. 64

Die Konkretisierung des Klagebegehrens hat gegenüber dem Gericht zu erfolgen. Erfolgt sie allein gegenüber der Finanzbehörde, so ist dies zur Fristwahrung nicht ausreichend[17]. Gericht i. d. S. ist das die jeweilige Streitsache entscheidende Prozessgericht, also der jeweils zuständige Senat[18].

[2] Vgl. auch § 79b FGO Rz. 31.
[6] Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 65 FGO Rz. 24; a. A. – für eine flexiblere Handhabung des FG – BFH v. 17.5.2000, IV B 87/99, BFH/NV 2000, 1354; Stöcker, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 65 FGO Rz. 123; Schallmoser, in HHSp, AO/FGO, § 65 FGO Rz. 125.
[8] S. Rz. 55.
[9] BFH v. 22.11.1995, IV B 50/95, BFH/NV 1996, 348; auch eine zweiwöchige Frist kann ausreichend sein, vgl. BFH v. 14.6.1999, I B 174/98, BFH/NV 1999, 1502; vgl. für eine dreiwöchige Frist in einem Schätzungsfall, in dem die Steuererklärungsfrist um drei Jahre überschritten war, BFH v. 10.9.2002, X B 46/02, BFH/NV 2003, 71 m. w. N.
[10] BFH v. 22.11.1995, IV B 50/95, BFH/NV 1996, 348; BFH v. 23.5.2000, VIII R 20/99, BFH/NV 2000, 348; Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 65 FGO Rz. 24; Stöcker, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 65 FGO Rz. 128.3.
[12] S. Rz. 58ff.
[14] Z. B. Stöcker, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 65 FGO Rz. 136.
[15] Schaumburg, DStZ 1995, 545.
[18] S. § 5 FGO Rz. 1; § 4 FGO Rz. 2; Niedersächsisches FG v. 29.6.2000, 5 K 533/98, n. v.; Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 65 FGO Rz. 27.

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