Rz. 29

Die Aufforderung mit Setzen einer Ausschlussfrist nach § 79b Abs. 1 FGO zum Vortrag der beschwerenden Tatsachen kann nur gegen den Kläger gerichtet werden.

 

Rz. 30

Liegen die Angaben gem. § 65 FGO vor, kommt eine Fristsetzung nach § 79b Abs. 1 FGO in Betracht, wenn die Klage weiter nicht begründet wird. Allerdings kann eine Klagebegründung selbst nicht mit Fristsetzung nach § 79b FGO angefordert werden. Die Aufforderung, die Klage zu begründen, geht über den Anwendungsbereich von § 79b FGO hinaus, weil sie auch die Angabe von Beweismitteln einschließt und als Aufforderung zu Rechtsausführungen verstanden werden kann[1]. Bei der Aufforderung an den Kläger, die Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung er sich beschwert fühlt, muss der Vorsitzende oder der Berichterstatter die anzugebenden Tatsachen nicht näher bezeichnen oder eingrenzen, wozu er häufig auch nicht in der Lage sein dürfte. Zweck dieser Vorschrift ist es, den äußeren Rahmen des Streitgegenstands in tatsächlicher Hinsicht abzustecken und den Kläger zur Substantiierung der Beschwer zu veranlassen[2]. Die Aufforderung dient dazu, den Kläger anzuhalten, seine Klage überhaupt in tatsächlicher Hinsicht zu begründen und dem ggf. vom Kläger verfolgten Ziel entgegenzuwirken, das Verfahren infolge fehlender Begründung lange offenzuhalten. Dem konnte das Gericht vor Einführung von § 79b FGO nur durch Ladung zur mündlichen Verhandlung begegnen, die dann regelmäßig vertagt werden musste, wenn der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung eine Begründung vortrug.

 

Rz. 31

Die Aufforderung wird vom Kläger nur dadurch erfüllt, dass er sachverhaltsmäßig abgegrenzte bestimmte Vorgänge im Einzelnen mit Tatsachen erläutert. Die pauschale Benennung von Streitkomplexen genügt nicht[3]. Ebenso wenig genügt die pauschale Bezugnahme auf die Steuererklärungen[4] oder die Einspruchsbegründung[5]. Allerdings ist immer eine Einzelfallbetrachtung erforderlich. So ist das Gericht gehalten, ggf. aus dem Inhalt der Klageschrift i. V. m. der beigefügten Einspruchsentscheidung einen substantiierten Vortrag zur Beschwer zu entnehmen[6]. § 79b Abs. 1 FGO kann nicht zur Eingrenzung des Streitstoffs genutzt werden, um ein Verfahren abschließen zu können, wenn ein Kläger im Laufe des Verfahrens bereits seine Beschwer substantiiert hat und nach und nach immer neue Begründungen vorträgt oder immer neue Besteuerungsgrundlagen angreift[7]. Insoweit liegt keine Klageänderung vor[8]. Dem Kläger kann zudem nicht aufgegeben werden, Rechtsausführungen zu machen[9].

 

Rz. 32

Versäumt der Kläger eine Ausschlussfrist nach § 79b Abs. 1 FGO, bleibt die Klage unzulässig[10]. § 79b Abs. 1 FGO dient der Substantiierung der Beschwer, nicht aber der Angabe von Tatsachen schlechthin, die bei der Entscheidung zu berücksichtigen sind[11]. Hierfür gilt § 79b Abs. 2 FGO, der eine Fristsetzung zur Angabe von Tatsachen über § 79b Abs. 1 FGO hinaus vorsieht und anderenfalls überflüssig wäre[12]. Solange der Kläger nicht angegeben hat, wodurch er sich im Einzelnen beschwert fühlt, kann sinnvoll über die Klage sachlich nicht entschieden werden. Erst wenn, wozu der Kläger nach § 65 Abs. 2 FGO ebenfalls unter Setzen einer Ausschlussfrist aufgefordert werden kann, das Klagebegehren bekannt gegeben ist, gibt es einen Sinn, danach zu fragen, ob die Beschwer nach Ansicht des Klägers in der Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung von Tatsachen oder nur in einer falschen Rechtsanwendung oder in beidem liegt. Eine Anordnung nach § 79b Abs. 1 FGO macht erst Sinn, wenn die Voraussetzungen von § 65 FGO erfüllt sind. Der Kläger ist daher grundsätzlich zunächst – ggf. auch unter Setzen einer Ausschlussfrist – aufzufordern, den angegriffenen Verwaltungsakt und den Gegenstand des Klagebegehrens zu bezeichnen. Zur Beschleunigung können die Fristsetzungen nach § 65 Abs. 2 FGO und § 79b Abs. 1 FGO aber miteinander verbunden werden. Spezifizierte Aufforderungen nach § 79b Abs. 2 FGO sind erst dann möglich, wenn der Kläger die ihn beschwerenden Tatsachen, eventuell nach Fristsetzung gem. § 79b Abs. 1 FGO, benannt hat, also feststeht, dass nicht nur um reine Rechtsfragen gestritten wird[13]. Das Gericht braucht allerdings nicht, nachdem der Kläger gem. § 79b Abs. 1 S. 1 FGO die ihn beschwerenden Tatsachen angegeben hat, eine weitere Frist zur Konkretisierung nach § 79b Abs. 2 FGO zu bestimmen[14].

 

Rz. 33

Soweit vertreten wird, das Versäumen einer Ausschlussfrist nach § 79b Abs. 1 FGO führe zur Unbegründetheit der Klage[15], ist dem nicht zu folgen. Das Gericht kann nicht in eine Sachprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts einsteigen, weder im Hinblick auf offenbare Unrichtigkeiten noch im Hinblick auf ohne Weiteres erkennbare Fehler in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht[16], wenn der Kläger sein Klagebegehren[17] nicht zu erkennen gegeben hat. Das Gericht muss durch die Angaben des Klägers in die Lage versetzt werden, das Klagebegehren zu ermitteln, um die Grenzen seiner Entscheidu...

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