Rz. 24

Dem Vertretungszwang nach § 62 Abs. 4 FGO unterliegt nicht nur die Einlegung der Revision, sondern – wie alle Prozesshandlungen vor dem BFH – auch die Revisionsbegründung in vollem Umfang.[1] Der Vertretungszwang erstreckt sich auch auf den Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist[2] und auf den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Begründungsfrist.[3]

Dem Vertretungszwang genügt allein die Unterzeichnung durch eine postulationsfähige Person i. S. v. § 62 Abs. 4 FGO nicht. Der Vertretungszwang bezweckt u. a., dass ein sachkundiger Prozessbevollmächtigter selbstständig und persönlich die Revisionsbegründung vorbringt und den BFH i. S. einer Entlastung schnell und einfach über den Prozessstoff informiert. Die Revisionsbegründung muss deshalb erkennen lassen, dass der Prozessbevollmächtigte sich mit den Gründen des FG-Urteils auseinandergesetzt und den Prozessstoff insgesamt überprüft sowie rechtlich durchgearbeitet hat und die volle Verantwortung für die Revisionsbegründung übernimmt, d. h., der Schriftsatz muss gedanklich im Wesentlichen vom Prozessbevollmächtigten erarbeitet worden sein.[4] Es muss erkennbar sein, dass der Revisionskläger die Begründung des FG-Urteils und sein eigenes bisheriges Vorbringen überprüft hat. Es muss daher dargetan werden, welche Ausführungen der Vorinstanz aus welchen Gründen unrichtig sein sollen.[5] Allerdings spricht regelmäßig die Vermutung dafür, dass dies in Bezug auf die unterzeichnende Person der Fall ist. Dies gilt z. B. auch, wenn für den "nach Diktat verreisten" Sozius oder "i. V." unterzeichnet wurde; ebenso bei Unterzeichnung mit "i. A.".[6] Insoweit bestehende Zweifel sind vom BFH von Amts wegen aufzuklären. Jedenfalls muss der Unterzeichnende eine postulationsfähige Person sein.[7]

Nach Rüsken[8] soll mit dem Zusatz "i. A." ausgedrückt werden, dass der Unterzeichnende für den Inhalt der Revisionsschrift keine Verantwortung übernehmen will. Gleichwohl kann sich dies aus Umständen außerhalb der Urkunde ergeben. Um Unklarheiten zu vermeiden, sollte der Zusatz "i. A." möglichst vermieden werden.

 

Rz. 24a

Die Revisionsbegründung ist aber nicht ordnungsgemäß, wenn der Prozessbevollmächtigte erkennbar einen von der Partei selbst verfassten Schriftsatz lediglich unterschreibt und weiterleitet.[9] Dies gilt selbst dann, wenn sich der postulationsfähige Vertreter mit den Ausführungen seines Mandanten ausdrücklich einverstanden erklärt.[10] Entsprechendes gilt für ein von einer nicht postulationsfähigen Partei gefertigtes Gutachten.[11] Aber auch dann, wenn das Gutachten für sich genommen den Anforderungen des § 120 FGO sowie des § 62 Abs. 4 FGO genügt, d. h. von einer postulationsfähigen Person (Gesellschaft) stammt, reicht die einfache Bezugnahme ohne eigenverantwortliche Stellungnahme des Prozessbevollmächtigten nicht aus.[12] Das Gutachten muss vielmehr in eigene Worte gekleidet und vom Prozessbevollmächtigten eigenverantwortlich "umgesetzt" werden (s. Rz. 38 zur Begründung durch Bezugnahme). Die Einreichung der Revisionsbegründungsschrift unter dem Briefkopf einer Unternehmensberatergesellschaft mit Unterzeichnung durch einen Steuerberater als Vertreter der Gesellschaft, nicht aber als Prozessbevollmächtigter des Klägers, wurde daher nicht anerkannt.[13]

Ebenso wie die Revision kann auch die Revisionsbegründung, die von einem nicht postulationsfähigen Kläger eingereicht wurde, nicht wirksam nachträglich von einer vertretungsberechtigten Person genehmigt werden.[14]

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