4.1 Rechtsgrundlage

 

Rz. 43

Der Bürger hat einen Rechtsanspruch auf Beseitigung der aus rechtswidrigem Verhalten der Finanzbehörde entstandenen nachteiligen Folgen. Dieser Folgenbeseitigungsanspruch[1] bezieht sich auf die Besei­tigung der rechtswidrigen Maßnahme sowie der unmittelbaren Folgen des nach Vollzug angefochtenen und aufgehobenen Verwaltungsakts. Schadensersatz kann insoweit nicht verlangt werden[2]. Dies kann nur im Weg der Amtshaftung erfolgen (s. Rz. 44).

 

Rz. 44

Ein Ausgleich für die weiteren, mittelbar schädigenden Auswirkungen des rechtswidrigen Verwaltungsakts kann nur durch Schadensersatz im Weg der Amtshaftung nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG geltend gemacht werden (s. Rz. 45).

 

Rz. 44a

Bei der Vollziehung eines noch nicht bestandskräftigen Verwaltungsakts entstehende Schäden können nicht in entsprechender Anwendung des § 717 Abs. 2 ZPO ersetzt werden[3].

4.2 Amtshaftung

4.2.1 Allgemeines

4.2.1.1 Grundlage

 

Rz. 45

Nach § 839 Abs. 1 S. 1 BGB hat ein Amtsträger (s. aber Rz. 49), der die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Amtsträger nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag[1]. Die Ersatzpflicht tritt gemäß § 839 Abs. 3 BGB nicht ein, wenn der Dritte es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (s. Rz. 53).

4.2.1.2 Verhältnis der Amtshaftung zu kostenrechtlichen Ersatzansprüchen

 

Rz. 46

Der Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung umfasst auch die dem Beteiligten (§ 78) entstandenen Aufwendungen zur sachgerechten Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung, insbesondere die Kosten der Hinzuziehung eines rechtskundigen Bevollmächtigten (§ 80; Vor §§ 347–368 Rz. 66). Die AO sieht insoweit nur teilweise Erstattungsansprüche vor (s. Rz. 33) bzw. schließt die Erstattung von Aufwendungen aus (s. Rz. 32).

 

Rz. 46a

Dieser Ausschluss hindert indes nicht, dass der Beteiligte die ihm zur sachgerechten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung entstandenen Aufwendungen im Weg des Schadensersatzes wegen Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG geltend machen kann. Dies ist von der höchstrichterlichen Rspr. dem Grunde nach für zulässig gehalten worden. So hat BGH v. 1.10.1956, III ZR 53/55, BGHZ 21, 359 entschieden, dass der Anspruch aus einer Amtspflichtverletzung durch etwaige gesetzliche Kostenregelungen nicht eingeschränkt wird. BGH v. 6.2.1975, III ZR 149/72, NJW 1975, 972 hat diese Rspr. bestätigt und die den Aufwendungsersatz des obsiegenden Einspruchsführers ausschließende AO-Regelung als ohne sachlich-rechtliche Bedeutung für einen Anspruch auf Ersatz solcher Kosten gewertet, der auf eine Amtspflichtverletzung des tätig gewordenen Amtsträgers gestützt wird (s. für die Erstattung von Aufwendungen im Einspruchsverfahren Rz. 33; Vor §§ 347–368 Rz. 66).

 

Rz. 47

Zwischen dem kostenrechtlichen Erstattungsanspruch und dem Schadensersatzanspruch besteht eine Anspruchskonkurrenz[1]. Nur soweit kostenrechtliche Erstattungsansprüche abschließend gewährt werden, ist im Hinblick auf die Subsidiarität der Amtshaftung (s. Rz. 48) diese ausgeschlossen.

[1] Vgl. BGH v. 6.2.1975, III ZR 149/72, NJW 1975, 972 m. w. N..

4.2.2 Subsidiarität der Amtshaftung

 

Rz. 48

Die Haftung bei Amtspflichtverletzung durch einen Amtsträger ist eine Verschuldenshaftung (s. Rz. 51). Sie wird durch § 839 Abs. 1 S. 2 BGB wesentlich dadurch eingeschränkt, dass bei Fahrlässigkeit des Amtsträgers die Anstellungskörperschaft nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz verlangen kann. Hierbei ist es gleichgültig, ob eine anderweitige Ersatzpflicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht gegeben ist. Die Haftung ist ausgeschlossen, wenn der Beteiligte eine vorhandene anderweitige Ersatzmöglichkeit schuldhaft nicht genutzt hat[1].

[1] S. auch Rz. 53; vgl. Sprau, in Palandt, BGB, § 839 Rz. 58.

4.2.3 Keine unmittelbare Inanspruchnahme des Amtsträgers

 

Rz. 49

Neben der Haftung der Anstellungskörperschaft kommt eine persönliche Haftung des Amtsträgers nicht in Betracht, wenn dieser in Ausübung öffentlicher Gewalt gehandelt hat. Es haftet nach Art. 34 S. 1 GG nur die Anstellungskörperschaft des Amtsträgers, sie hat aber nach Art. 34 S. 2 GG gegen den Amtsträger einen Regressanspruch, sofern die Amtspflichtverletzung vorsätzlich oder grob fahrlässig erfolgt ist (wegen der Haftungsbeschränkung für Amtsträger bei fehlerhafter Steuerfestsetzung vgl. § 32).

4.3 Voraussetzungen

4.3.1 Amtspflicht

 

Rz. 50

Der Schadensersatzanspruch setzt die Verletzung einer einem Dritten gegenüber obliegenden Amtspflicht voraus. Der Amtsträger muss also die durch Gesetz, Verordnung oder Dienstanweisung begründete Pflicht zu einem bestimmten Verhalten verletzt haben. Zweck dieser Pflicht muss m...

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