1 Allgemeines

1.1 Grundsätzlicher Inhalt

 

Rz. 1

Die Vorschrift beschränkt die Haftung der Amtsträger[1] gegenüber ihrer Anstellungskörperschaft. Die Vorschrift sieht selbst keine Haftung vor, sondern schränkt lediglich die nach anderen Vorschriften bestehende Haftung ein.

1.2 Sinn und Zweck der Haftungsbeschränkung

 

Rz. 2

Die Amtsträger haben in den steuerlichen Massenverfahren vielfach Entscheidungen von großer wirtschaftlicher Bedeutung und mit erheblichen Betragsauswirkungen zu treffen. Da das Steuerrecht sehr kompliziert ist und ständig weiter kompliziert wird, ist die Gefahr von Fehlentscheidungen sehr groß. Bei dem Risiko einer persönlichen Inanspruchnahme wegen fehlerhafter Behandlung von Steuerfällen würde die Gefahr einer kleinlichen, zeitraubenden Bearbeitung bestehen. Wegen der Möglichkeit des betroffenen Stpfl. zur Einlegung von Rechtsbehelfen, die der Fiskus seinerseits nicht hat, würde der Amtsträger beim Risiko der Inanspruchnahme zu einer engherzigen, fiskalischen Einstellung veranlasst. Die Haftungsbeschränkung für die Fälle zu niedriger (manchmal auch zu hoher) Steuern soll daher ein unverkrampftes Bearbeiten der Steuerfälle erleichtern. Sie dient damit auch der Verbesserung des Klimas zwischen der Finanzverwaltung und dem Stpfl.

2 Haftung des Amtsträgers

2.1 Amtsträger

 

Rz. 3

Die Haftungsbeschränkung gilt nur für die Haftung von Amtsträgern. Der Begriff des Amtsträgers ist in § 7 AO definiert. Darunter fallen nicht nur Beamte, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch Angestellte und theoretisch auch Arbeiter. Im Gegensatz zu den Beamten ist bei den anderen Personen allerdings die Eigenschaft des Amtsträgers nicht stets ohne Weiteres gegeben, sondern nur, wenn sie dazu bestellt sind, bei einer Behörde oder anderen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen.[1] Die in den Steuerverwaltungen der neuen Bundesländer tätigen zahlreichen Angestellten fallen danach wie die Angestellten in allen FÄ unter die Haftungsbeschränkungen des § 32 AO.

 

Rz. 4

Unterschiedlich beantwortet wird die Frage, ob die gem. § 30 Abs. 3 AO für den Bereich des Steuergeheimnisses den Amtsträgern gleichgestellten Personen auch für die Haftungsbeschränkungen des § 32 AO den Amtsträgern gleichzustellen sind.[2] . Der Begründung für die Gleichstellung, es bestehe – außer dem Wortlaut der Vorschrift – kein vernünftiger Grund gegen die Gleichbehandlung[3], ist entgegenzuhalten, das der Begriff des Amtsträgers, der früher in § 22 Abs. 2 RAO geregelt war, aus dem Bereich des Steuergeheimnisses herausgelöst in einer besonderen Vorschrift[4] definiert worden ist. Die Gleichstellung der in § 30 Abs. 3 AO genannten Personen ist dabei nicht in diese neue Vorschrift übernommen worden. Ebenso wenig ist die Verweisung in der Vorgängervorschrift des § 32 AO, nämlich in § 23 S. 1 RAO, auf die Träger von Ämtern der Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts in § 7 AO übernommen worden. Durch diese Neuregelung durch die AO ist klar zum Ausdruck gebracht worden, dass die Gleichstellung nur für § 30 AO gelten soll. Umgekehrt zur o. a. Begründung ist kein zwingender Grund ersichtlich, gegen den Wortlaut des Gesetzes § 32 AO auf weitere Personengruppen auszudehnen.

[1] Vgl. dazu § 7 AO Rz. 11ff.
[2] Bejahend Druen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 32 AO Rz. 3, Schmieszek, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 32 AO Rz. 4,: a. A. Alber, in HHSp, AO/FGO, § 32 AO Rz. 14, Rüsken, in Klein, AO, 12. Aufl. 2014, § 32 AO Rz. 3.
[3] So Schmieszek, in Beermann-Gpsch, AO, § 32 AO Rz. 3.

2.2 Haftung des Amtsträgers

 

Rz. 5

Die Einschränkung nach § 32 AO betrifft ausschließlich die Haftung der Amtsträger. Bei dieser Haftung handelt es sich stets um eine Haftung des Amtsträgers gegenüber der Anstellungskörperschaft. Weder gegenüber dem Stpfl. noch gegenüber einer von der Anstellungskörperschaft abweichenden steuerberechtigten Körperschaft besteht eine Haftung des Amtsträgers.

 

Rz. 6

Als Haftungsgrundlage gegenüber Amtsträgern kommen in erster Linie beamtenrechtliche Vorschriften in Betracht.[1] Die Haftung aus diesen wird durch die ihnen gegenüber wenigstens insoweit vorrangige Sonderregelung des § 32 AO beschränkt. Bei Amtspflichtverletzungen gegenüber einzelnen Bürgern[2] trifft nach Art. 34 GG die Verantwortlichkeit grundsätzlich unmittelbar die dienstgebende öffentlich-rechtliche Körperschaft.[3] Diese hat dann unter bestimmten Voraussetzungen, die für die wichtigsten Bereiche im Beamtenrecht geregelt sind, eine Rückgriffsmöglichkeit gegen den Amtsträger. Für diesen Rückgriff, der wegen der Aufzählung der Anwendungsfälle für die Haftungsbeschränkung in § 32 nur selten in Betracht kommen kann, ist dann § 32 AO möglicherweise anwendbar.[4]

 

Rz. 7

Da die Vorschrift nur für die Haftung des Amtsträgers Einschränkungen enthält, gilt sie nicht für die Haftung der steuerverwaltenden Körperschaft gegenüber der anderen steuerberechtigten Körperschaft, also z. B. für eine Haftung des steuerverwaltenden Landes gegenüber dem Bund, einer Religionsgesellschaft oder einer Gemeinde. Dieser Fragenkomplex sollte durch ein Ausführungsgesetz zu Art. 104a Abs. 5 S. 2 GG geregelt werden. Das ...

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