Rz. 24

Der Staat verzichtet – auch nach der sprachlichen Neuregelung des § 371 Abs. 1 AO – nachträglich auf den durch die rechtswidrige und schuldhafte Verwirklichung des Straftatbestands des § 370 AO entstandenen staatlichen Strafanspruch, wenn die Tatbestandsmerkmale des § 371 Abs. 13 AO erfüllt werden.[1] Es entfällt in diesem Fall nur die Strafbarkeit, sodass die Rechtswidrigkeit[2] und die Vorwerfbarkeit, d. h. die Schuld des Tatbeteiligten[3] der begangenen Steuerhinterziehung unberührt bleiben. § 371 AO regelt also einen Strafaufhebungsgrund.

 

Rz. 25

Die den staatlichen Strafanspruch aufhebende Wirkung der Selbstanzeige tritt nur für denjenigen an der Tathandlung nach § 370 Abs. 1 AO Beteiligten ein, der die Selbstanzeige selbst erstattet hat oder für den die Selbstanzeige erstattet wurde (zur Abgabe der Selbstanzeige durch Vertreter Rz. 53ff.), also nur für diesen "persönlich".

 

Rz. 26

Der Strafverzicht nach § 371 Abs. 13 AO tritt nur ein, wenn sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind. Bei einer fehlgeschlagenen Selbstanzeige bleibt die Strafbarkeit erhalten (vgl. Rz. 384ff. zum Strafmaß bei fehlgeschlagenen Selbstanzeigen). Soweit allerdings die strafaufhebende Wirkung der Selbstanzeige

kann unter den Voraussetzungen des § 398a AO ein Strafverfolgungsverbot eingreifen.

 

Rz. 27

Die Strafbarkeit der fehlgeschlagenen Selbstanzeige wird auch nicht dadurch aufgehoben, dass die Finanzbehörde oder die Staatsanwaltschaft rechtsfehlerhaft von einer wirksamen Selbstanzeige ausgeht.[4] Die fehlgeschlagene Selbstanzeige kann allerdings zu einer Milderung bei der Strafzumessung[5] bis hin zur Einstellung des Verfahrens führen.

[1] Rz. 24ff.; vgl. z. B. BGH v. 20.5.2010, 1 StR 577/09, BFH/NV 2010, 1595 Rz. 5; BGH v. 24.10.1984, 3 StR 315/84, wistra 1985, 74; BFH v. 16.12.1997, VII B 45/97, BStBl II 1998, 231; BayObLG v. 3.11.1989, RReg 4 St 185/89, wistra 1990, 159, 162; Klein/Jäger, AO, 15. Aufl. 2020, § 371 Rz. 7; Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 371 AO Rz. 39; Schauf, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 59. Lfg. 11/17, § 371 AO Rz. 53 m. w. N.; Henneberg, BB 1973, 1301.
[5] Webel/Dumke, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 370 AO Rz. 219, Klein/Jäger, AO, 15. Aufl. 2020, § 371 Rz. 11; umfassende Darstellung bei Webel, PStR 2014, 70ff.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge