Rz. 207

§ 46 StGB benennt verschiedene Strafzumessungsgesichtspunkte, aus denen auf die Schuld des jeweiligen Tatbeteiligten (s. Rz. 196) geschlossen werden kann. Die Aufzählung ist nur beispielhaft. Hierzu zählen z. B.:

 

Rz. 208

  • der Beweggrund des Tatbeteiligten, der sich für die Steuerhinterziehung häufig aus den wirtschaftlichen Verhältnissen des Tatbeteiligten und seinem Lebensstil zzt. der Tat ergeben wird[1]. Beweggrund kann auch der angestrebte Wettbewerbsvorteil sein. Auch wenn der Tatbeteiligte sich nicht selbst an den hinterzogenen Steuern bereichert hat, kann die Strafe nicht gemildert werden, wenn Motiv für die Weitergabe der aufgrund der Steuerhinterziehung günstigen Preiskalkulation letztlich Eigennutz in Form des Strebens nach beruflichem Erfolg und geschäftlichem Gewinn war. Insbesondere unter diesem Gesichtspunkt ist eine Strafmilderung zweifelhaft, auch wenn die Steuerhinterziehung "zur Rettung der Firma" begangen wird[2].
 

Rz. 209

  • das Ziel des Tatbeteiligten, das als Bemessungskriterium zu berücksichtigen ist. Hierzu gehört der angestrebte wirtschaftliche Vorteil (zur grob eigennützigen Steuerhinterziehung s. Rz. 58). Auf die Strafzumessung muss sich auch auswirken, ob die Steuerhinterziehung zu eigenen oder zu fremden Gunsten (s. Rz. 18) erfolgt ist.

    Hier wirkt sich z. B. auch aus, ob die Hinterziehung nur auf Zeit (s. Rz. 225) oder auf Dauer (s. Rz. 222) angelegt war. Beabsichtigte der Täter, der eine USt-Hinterziehung durch unterlassene oder unrichtige Voranmeldung begangen hat, keine USt-Jahreserklärung abzugeben, seine also zunächst auf eine zeitliche Verkürzung gerichtete Hinterziehung in eine solche auf Dauer übergehen zu lassen, so ist der gesamte durch die jeweilige Voranmeldung erlangte Vorteil als Handlungsziel straferschwerend zu berücksichtigen[3].

    Schätzt der Tatbestand den Umfang der Steuerhinterziehung (s. Rz. 214) zu niedrig ein, so berührt dies zwar nicht den Vorsatz (s. Rz. 125), ist jedoch im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen[4].

 

Rz. 210

  • die Gesinnung, die aus der Tat spricht. Der "Steuerstreik" bei Ablehnung der Bundeswehr (s. Rz. 119) darf nicht strafschärfend berücksichtigt werden[5]. Das übermäßige Gewinnstreben (s. Rz. 160) ist strafschärfend, auch wenn die Voraussetzungen des § 370 Abs. 3 AO (s. Rz. 153) nicht vorliegen. Die Einstellung zur Steuerhinterziehung, "weil es alle so machen", ist unter diesem Gesichtspunkt zu berücksichtigen. Wenn der Tatbeteiligte eine die Rechtsordnung generell missachtende Einstellung offenbart, ist eine Strafaussetzung zur Bewährung (s. Rz. 199) ausgeschlossen[6]. Strafmildernd ist zu berücksichtigen, wenn der Beschuldigte die Hinterziehung aus eigenem Antrieb beendet und damit seine rechtsfeindliche Gesinnung aufgibt.
 

Rz. 211

  • die kriminelle Energie des Tatbeteiligten, d. h. "der bei der Tat aufgewendete Wille", ist ein wesentliches Bemessungskriterium für die Strafe. Diese wird deutlich auch in der Art der Ausführung der Tat (s. Rz. 213) und vor allem in der Häufigkeit der Hinterziehung und deren Wiederholung. Bei der Strafzumessung wirkt sich auch aus, wenn das die Hinterziehung vorbereitende Verhalten auch nach Einleitung des Strafverfahrens fortgesetzt wird[7]. Zu berücksichtigen ist ferner, ob die Hinterziehung spontan erfolgte oder auf umfangreichen Planungen beruhte.

    Werden durch die Tat verschiedene Steuern hinterzogen (s. Rz. 187) und ergibt sich hieraus eine höhere kriminelle Energie, so kann dies auch dann strafschärfend berücksichtigt werden, wenn einzelne Tatteile gem. § 154a StPO nicht verfolgt werden, weil die zu erwartende Strafe nicht beträchtlich ins Gewicht fällt[8].

    Bei der Strafzumessung darf auch die kriminelle Energie berücksichtigt werden, die der Tatbeteiligte nach Beendigung der Tat aufgewendet hat, um sich den wirtschaftlichen Erfolg der Tat zu erhalten[9].

    Dass der Täter nicht durch eine noch höhere kriminelle Energie einen noch höheren Schaden angerichtet hat, kann nicht strafmildernd berücksichtigt werden[10].

 

Rz. 212

  • das Maß der Pflichtwidrigkeit, das auch durch die Form des Vorsatzes bestimmt wird, ob z. B. die Tat nur mit bedingtem Vorsatz (s. Rz. 124) oder mit direkter Hinterziehungsabsicht begangen worden ist. Für dieses Bemessungskriterium ist auch die Steuerart von Bedeutung. Bei der Hinterziehung der vom Arbeitnehmer einbehaltenen LSt (s. Rz. 224) wirkt deren "treuhänderischer Charakter" strafverschärfend.

    Für die Strafzumessung ist auch der Berufsstand des Tatbeteiligten zu berücksichtigen, insbesondere dürfte für Angehörige der rechts- und steuerberatenden Berufe regelmäßig ein höheres Strafmaß angebracht sein (s. aber Rz. 247).

 

Rz. 213

  • die Art der Ausführung, d. h. jegliches Verhalten, das die Tat begleitet oder prägt[11]. Hierzu zählen die wiederholte Begehung, die Verwendung von gefälschten Urkunden oder inhaltlich unrichtigen Schriftstücken und die Sorgfalt bei der Planung. Auch zu berücksichtigen ist hier, ob die Finanzbehörde dem Tatbeteiligten die Tathandlung durch ihr Verhalten le...

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