Rz. 283

Die Selbstanzeige begründet nach § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AO auch dann keine Anwartschaft auf Straffreiheit, wenn die nach § 370 Abs. 1 AO verkürzte Steuer[1] oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil[2] einen bestimmten Betrag übersteigt. Von der Einführung dieses Ausschlussgrundes im Jahr 2011 bis zum 1.1.2015 lag diese Betragsgrenze bei 50.000 EUR je Tat, seit dem 1.1.2015 ist dieser Betrag durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung v. 22.12.2014[3] auf 25.000 EUR herabgesetzt. Die 50.000-EUR-Grenze orientierte sich an der BGH-Rechtsprechung zum Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO[4] und es nicht als glückliche Idee des Gesetzgebers anzusehen, in § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AO mit 25.000 EUR eine neue und "aus der Luft gegriffene" weitere Betragsgrenze einzuführen.

 

Rz. 284

Die Ausrichtung am besonders schweren Fall des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO hat der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AO zum 1.1.2015 aufgegeben, da er beabsichtigte, nicht nur besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung dem Anwendungsbereich des § 398a AO zu unterwerfen.[5] Er ist aber – entgegen zahlreicher Forderungen – nicht dazu übergegangen, eine Selbstanzeige ab einem gewissen Betrag generell zu versagen. Vielmehr soll der Steuerhinterzieher in diesem Fall stärker belastet werden als der bloß säumige Steuerzahler oder ein "normaler" Steuerhinterzieher.[6]

 

Rz. 285

Teilweise werden gegen den Sperrgrund des § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AO verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht, da die starre Betragsgrenze den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht reflektiere und somit eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung vorliege, da nicht nur Fälle mit einem erhöhten Erfolgsunrecht von der strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige ausgeschlossen werden.[7] Diese Bedenken haben sich mit der Herabsetzung der Betragsgrenze auf 25.000 EUR noch weiter verstärkt, im Ergebnis dürften sie jedoch nicht berechtigt sein.[8]

[3] BGBl I 2014, 2415.
[4] Steuerverkürzung in großem Ausmaß; BGH v. 2.12.2008, 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71.
[5] BT-Drs. 18/3018, 12.
[6] BT-Drs. 17/5067, 19f.
[7] Beckemper/Schmitz/Wegner/Wulf, wistra 2011, 284; Wulf/Kamps, DB 2011, 1716.
[8] Klein/Jäger, AO, 15. Aufl. 2020, § 371 Rz. 190; Rolletschke/Roth, Stbg 2011, 204; Joecks, DStR 2014, 2264.

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