Rz. 283

Die Hinterziehung von USt wird in verschiedener Weise bestimmt durch die Besonderheiten des Steuerfestsetzungsverfahrens, dass grundsätzlich zunächst für das Kj. (§ 16 Abs. 1 S. 2 UStG) monatliche oder vierteljährliche USt-Voranmeldungen abzugeben sind, und sodann eine USt-Jahreserklärung zu erfolgen hat[1].

Diese Erklärungen sind alle als Steueranmeldungen i. S. v. § 168 AO (Rz. 96) gestaltet.

 

Rz. 283a

Die Tathandlung kann demgemäß in der Abgabe unrichtiger Steueranmeldungen nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO (Rz. 50) bzw. in deren pflichtwidriger Unterlassung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (Rz. 57) bestehen. Für ein Kj. können also ggf. 12 verschiedene Tathandlungen hinsichtlich der USt-Voranmeldungen begangen werden. Die USt-Hinterziehung durch Nichtabgabe bzw. Abgabe einer unrichtigen USt-Jahreserklärung ist eine selbstständige strafbare Tat und im Verhältnis zur Hinterziehung durch Nichtabgabe bzw. Abgabe unrichtiger USt-Voranmeldungen keine mitbestrafte Nachtat[2]. Die Wiederholung der falschen Angaben in der USt-Jahreserklärung ist eine neue selbstständige Straftat[3].

Die USt-Hinterziehung für das jeweilige Kj. kann also durch maximal 13 verschiedene Tathandlungen begangen werden. Dies hat aber keine Tatmehrheit i. S. v. § 53 StGB zur Folge (Rz. 192), sondern der inhaltliche und verfahrensmäßige Zusammenhang zwischen Voranmeldungen und Jahreserklärung bewirkt die Annahme einer Tateinheit i. S. v. § 52 StGB[4].

 

Rz. 283b

Die Vollendung der Hinterziehung (Rz. 149) der USt tritt zwar mit Abgabe der falschen USt-Voranmeldung ein. Die tatsächliche Tatbeendigung i. S. v. § 78a StGB ist jedoch erst mit Abgabe der USt-Jahreserklärung[5] gegeben, die den betreffenden Voranmeldungszeitraum umfasst[6]. Führt hierbei die Erklärung zu einer Steuerherabsetzung oder zu einer Steuervergütung, so tritt der Taterfolg erst mit Zustimmung der Finanzbehörde i. S. v. § 168 Abs. 2 AO ein. Wird keine Jahreserklärung abgegeben, so ist die Tat mit Ablauf der Erklärungsfrist für die Jahreserklärung vollendet[7]. Die Möglichkeit zur Berichtigung einer falschen Rechnung nach § 14 Abs. 2 S. 2 UStG hat auf die Beendigung der Tat keinen Einfluss[8].

Mit diesem Zeitpunkt beginnt die Strafverfolgungsverjährung[9].

 

Rz. 283c

Bei der USt-Hinterziehung durch die Abgabe unrichtiger (Rz. 44) monatlicher oder vierteljährlicher USt-Voranmeldungen (Rz. 50) kann der Taterfolg in einer Steuerverkürzung auf Dauer oder einer Steuerverkürzung auf Zeit bestehen[10]. Die Abgrenzung zwischen diesen möglichen Taterfolgen richtet sich nach der Vorstellung des Täters im Zeitpunkt der Tathandlung[11]. Dies entspricht trotz teilweise missverständlicher Formulierung auch der Rechtsprechung des BGH, der i. d. R. auf den Willen des Täters abstellt, die USt-Verkürzung durch die USt-Jahreserklärung zu korrigieren[12]. Von einer Hinterziehung auf Zeit ist somit auszugehen, wenn der Täter eine korrekte Jahreserklärung abgeben und damit die Voranmeldungen korrigieren wollte bzw. davon ausging, zutreffend geschätzt zu werden. Von einer Hinterziehung auf Dauer (Rz. 222) ist jedoch auszugehen, wenn diese Folge von dem Täter angestrebt war und er von vornherein nur eine falsche oder keine Jahreserklärung (Rz. 227) abgeben wollte[13] bzw. wenn die USt-Hinterziehung mithilfe von in Scheinrechnungen vorgetäuschten Umsätzen begangen wird. Hier dürfte erkennbar eine Berichtigung der unzutreffenden Voranmeldungen durch die Jahreserklärung nicht zu erwarten sein[14].

 

Rz. 284

Bei der USt-Hinterziehung durch die Nichtabgabe bzw. die Abgabe der unrichtigen USt-Jahreserklärung tritt mit der Abgabe dieser Erklärung die endgültige Steuerverkürzung auf Dauer ein[15]. Für die Ahndung der einen (Rz. 283a) USt-Hinterziehung wird regelmäßig nur auf die Tathandlung durch die Abgabe der USt-Jahreserklärung abzustellen sein und die Verkürzungen auf Zeit durch die USt-Voranmeldungen (Rz. 283c) bleiben nach § 154 StPO unberücksichtigt[16]. War die Nichtabgabe der Jahreserklärung von vornherein beabsichtigt, so ist der gesamte aus den monatlichen oder vierteljährlichen Steueranmeldungen erlangte Vorteil bei der Strafzumessung zugrunde zu legen[17].

[1] § 18 Abs. 1, 3 UStG; s. auch Hentschel, UR 1999, 476.
[2] Rz. 192; BGH v. 1.11.1995, 5 StR 535/95, HFR 1996, 364.
[5] § 168 AO zur Festsetzungswirkung.
[6] BGH v. 11.5.1982, 5 StR 181/82, HFR 1983, 127; BGH v. 15.12.1982, 3 StR 421/82, HFR 1983, 343; BGH v. 19.4.1983, 1 StR 859/82, HFR 1983, 430.
[7] Rz. 151; vgl. BGH v. 11.12.1990, 5 StR 519/90, HFR 1991, 727; BGH v. 10.12.1991, 5 StR 536/91, wistra 1992, 93.
[8] BayObLG v. 9.1.2002, 4 St RR 132/2001, wistra 2002, 231.
[10] Webel, PStR 2008, 109; a. A. Jäger, in Klein, AO, 11. Aufl. 201...

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