Rn. 4

Stand: EL 158 – ET: 06/2022

Der ArbG haftet,

Die Haftungstatbestände setzen voraus, dass ein ArbG die Tatbestände erfüllt. Der ArbG-Begriff ist im EStG nicht definiert. Er wird aus den in § 1 LStDV enthaltenen Begriffsdefinitionen abgeleitet. Das FA kann zur Bejahung dieser Tatbestandsvoraussetzung auch auf strafgerichtliche Erkenntnisse im Strafverfahren, insbesondere im Strafurteil bzw Strafbefehl zurückgreifen (BFH BFH/NV 2007, 759; FG Mchn v 22.06.2012, 8 V 1021/12).

Es ist fraglich, ob es sich bei den in § 42d Abs 1 EStG aufgeführten Fallgruppen durchweg um Fälle handeln muss, in denen den ArbG für eine zu geringe Abführung der LSt ein Verschulden trifft, s Rn 18ff.

Eine Haftung des ArbG setzt nicht voraus, dass die LSt vorher festgesetzt sein muss (BFH BFH/NV 2004, 1368; FG Münster v 23.06.2015, 1 V 1012/15 L; FG Ha v 09.11.2017, 6 K 14/17, EFG 2018, 258, die Revision gegen das Urteil wurde als unbegründet zurückgewiesen (s BFH v 30.09.2020, I R 76/17, BStBl II 2021, 275).

1. Haftung für die einzubehaltende und abzuführende LSt (§ 42d Abs 1 Nr 1 EStG)

a) Allgemeines

 

Rn. 5

Stand: EL 158 – ET: 06/2022

Die LSt, die der ArbG gemäß § 42d Abs 1 Nr 1 EStG einzubehalten und abzuführen hat, ist nicht die materiell richtige LSt-Schuld. Der ArbG haftet nur für die LSt, die sich aus der Anwendung der auf der LSt-Tabelle eingetragenen Merkmale und der Anwendung der gültigen LSt-Tabelle aus dem Tatbestand der Lohnzahlung ergibt. Unrichtige Eintragungen auf der LSt-Karte begründen keine Haftung (BFH BStBl II 1974, 756).

Der ArbG haftet nur für die nach den gesetzlichen Vorschriften einbehaltene LSt und nicht für gesetzeswidrig zu hoch einbehaltene LSt. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut des § 42d EStG als auch aus dem Zweck dieser Haftungsvorschrift. Durch die Vorschrift des § 42d EStG sollen Steuerausfälle vermieden werden. Zweck ist nicht eine Bestrafung des ArbG oder die Abschöpfung einer ungerechtfertigten Bereicherung des ArbG auf Kosten seiner ArbN zugunsten des Fiskus (BFH BB 1994, 200).

Hat der ArbG die LSt für die einzelnen Lohnzahlungszeiträume richtig berechnet und abgeführt, kann er nicht in Anspruch genommen werden, wenn die Jahres-LSt nach der Jahres-LSt-Tabelle höher ist (BFH BStBl II 1970, 664).

 

Rn. 6

Stand: EL 158 – ET: 06/2022

Die LSt ist eine Vorauszahlung auf die ESt. Die ESt entsteht gemäß § 36 Abs 1 EStG erst mit Ablauf des Kj. Ab diesem Zeitpunkt ist im Verhältnis zum ArbN nur der ESt-Anspruch maßgebend (BFH BStBl II 1992, 565). Was unter dem Begriff "LSt" iSd § 42d Abs 1 Nr 1 u 2 EStG zu verstehen ist, hängt daher davon ab, zu welchem Zeitpunkt das FA den ArbG in Anspruch nimmt.

Da für den LSt-Abzug ausschließlich die LSt-Abzugsmerkmale maßgeblich sind (s Erläut zu § 39 (Mues)), sind während des lfd Kj der Steuer- und der Haftungsanspruch gegenüber dem ArbN identisch (BFH BStBl II 1974, 756). Insofern ist die vorläufig entstandene LSt-Schuld Tatbestandsvoraussetzung. Dies ist nicht unumstritten. Es wird die Ansicht vertreten, dass die LSt-Haftungsschuld nach Ablauf des Kj von der endgültigen ESt-Schuld des ArbN abhängig sei (so Krüger in Schmidt, § 42d EStG Rz 1, 40. Aufl; Lang, Recht der Arbeit 1999, 65ff; Gersch in H/H/R, § 42d EStG Rz 22, November 2018; Drenseck, StuW 2000, 455; aA BFH BStBl II 1974, 756; 2008, 597; FG D'dorf v 21.10.2009, 7 K 3109/07 H (L), PISTB 2010, 289; FG BBg v 13.11.2018, 9 V 9023/18, EFG 2019, 132, rkr; FG Thüringen EFG 2019, 1205 Rev eingelegt Az BFH VI R 22/19; Trzaskalik in K/S/M, § 42d EStG Rz A 9 ff; Wagner in Heuermann/Wagner, LSt, Haftung für LSt, J Rz 18 ff; der BFH macht die Haftung für die vorläufig entstandene LSt-Schuld davon abhängig, ob der ArbG vor Ablauf des Kj in Haftung genommen worden ist, BFH BFH/NV 2007, 204). Nach Ablauf des Kj richtet sich die Haftung des ArbG nach der Jahres-LSt. Diese errechnet sich gemäß § 39b Abs 2 EStG nach den LSt-Abzugsmerkmalen. Auch für eine Änderung des LSt-Abzugs nach Ablauf des Kj gemäß § 41c Abs 3 EStG ist diese Größe maßgeblich. Da die Haftung nach § 42d EStG gemäß § 191 Abs 1 Nr 1 AO akzessorisch ist, ist die Steuerschuld des ArbN Tatbestandsvoraussetzung für die Haftung (BFH BStBl II 1990, 526). Daraus folgt aber nicht, dass die Haftung durch eine gegenüber der Jahres-LSt-Schuld niedrigere ESt-Schuld begrenzt wird (aA FG BBg v 23.02.2017, 4 K 4109/15; v 11.10.2018, 4 K 4263/17, Rev eingelegt Az BFH VI R 47/18; Krüger in Schmidt, § 42d EStG Rz 1, 40. Aufl). Das würde zu einer Schattenveranlagung im Haftungsverfahren führen. Die Haftungsschuld kann mE nur ausschließlich die LSt betreffen, die verfahrensmäßig getrennt vom Veranlagungsverfahren erhoben wird. Das LSt-Abzugsverfahren hat nämlich keine Bindungsw...

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