1. Besteuerungsregime (§ 19a Abs 4 S 1 EStG)

 

Rn. 119

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Der nach Abs 1 nicht besteuerte Arbeitslohn unterliegt der Besteuerung nach § 19 EStG und dem LSt-Abzug (§ 19a Abs 4 S 1 EStG). Dabei dürfte der Verweis auf das Besteuerungsregime rein deklaratorisch sein, da die Anwendung der ursprünglichen Steuerpause das Vorliegen von Arbeitslohn (Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit) voraussetzt (s Rn 16 und s Rn 32ff) und nunmehr die ursprünglich unterlassene Besteuerung (lediglich) nachgeholt wird. Relevanter ist uE daher eher die ausdrückliche Bezugnahme auf den nach § 19a Abs 1 EStG nicht besteuerten Arbeitslohn. Denn die iRd Erwerbs erfolgte Zuordnung zu dem Bereich der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit hat nicht automatisch eine entsprechende Zuordnung sämtlicher späteren aus der erworbenen Vermögensbeteiligung resultierenden Einkünfte zur Folge (BFH v 17.06.2009, VI R 69/06, BStBl II 2010, 69 zu Kursgewinnen; FG BdW v 26.02.2020, 2 K 1774/17, EFG 2020, 1424 zum Veräußerungserlös; aus dem Schrifttum unter anderem Waadt/Orphal, UbG 2021, 9, 15).

Damit ist eine eigenständige Zuordnung nachfolgender Einkünfte notwendig. Der fehlende Automatismus ist uE auch systematisch stimmig, da im Falle des vergünstigten Erwerbs der Preisnachlass (und nicht die Beteiligung als solche) der als Arbeitslohn zu versteuernde Vorteil ist, Fahsel/Bergan, FR 2021, 729, 736; so auch BMF v 16.11.2021, BStBl I 2021, 2308 Rz 31 sowie BT-Drucks 19/27631, 109.

 

Rn. 120

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Die nachträgliche Besteuerung erfolgt im LSt-Abzugsverfahren als sonstiger Bezug (§§ 19a Abs 4 S 1 EStG, 38a Abs 1 S 3 EStG). Damit greift § 39b Abs 3 EStG.

2. Zeitpunkt der Nachversteuerung (§ 19a Abs 4 S 1 EStG)

 

Rn. 121

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

§ 19a Abs 4 S 1 EStG regelt auch den Besteuerungszeitpunkt. Tritt einer der in den Nr 1–3 des § 19a Abs 4 S 1 EStG genannten Fälle ein, so unterliegen bisher nicht besteuerte Vorteile zu diesem Zeitpunkt der Besteuerung (dh im Zeitpunkt der Übertragung, nach zwölf Jahren und bei Beendigung des Dienstverhältnisses) und dem LSt-Abzug, BMF v 16.11.2021, BStBl I 2021, 2308 Rz 43.

Unterlässt es der ArbG pflichtwidrig, die Besteuerung iRd LSt-Abzugs nachzuholen, und ist die entsprechende LSt-Anmeldung nicht mehr änderbar, schließt dies eine Nachholung der Besteuerung iRd Veranlagung des ArbN nicht aus. Zum einen gebietet dies bereits der Wortlaut des § 19a Abs 4 S 1 EStG, der allgemein von "der Besteuerung nach § 19" und konkret vom "LSt-Abzug" spricht. Der geldwerte Vorteil unterliegt folglich wie jeder andere Vorteil der Besteuerung und richtigerweise "zusätzlich" bereits an der Quelle dem LSt-Abzug. Dem LSt-Abzug kommt hierbei keine weitergehende Bedeutung als sonst zu. Dies auch deshalb, weil sich in § 19a Abs 4 S 1 EStG gerade keine dem § 19a Abs 2 S 2 EStG vergleichbare Formulierung findet (so wohl auch Baldauf in Brandis/Heuermann, § 19a EStG Rz 160 (158. EL August 2021); aA Bleschick in BeckOK EStG, § 19a Rz 248 (11. Ed 01.10.2021): keine Nachversteuerung im ESt-Veranlagungsverfahren).

3. Anwendung der sog Fünftelungsregelung (§ 19a Abs 4 S 2 EStG)

 

Rn. 122

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Nach § 19a Abs 4 S 2 EStG findet die sog Fünftelungsregelung (§ 34 Abs 1 iVm § 39b Abs 3 S 9 u 10 EStG) entsprechende Anwendung, wenn seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung mindestens drei Jahre vergangen (zur Fristberechnung, vgl § 108 Abs 1 AO, §§ 187 Abs 1, 188 Abs 2 BGB. 1. Alt; s Rn 113) sind, BT-Drucks 19/27631, 111. Mit dem Aufstellen eines eigenen Tatbestands (Dreijahresfrist) und der Anordnung der "entsprechenden Anwendung" macht der Gesetzgeber hinreichend deutlich, dass lediglich auf die Rechtsfolgen des § 34 Abs 1 EStG verwiesen wird (Rechtsfolgenverweis), ähnlich Bleschick in BeckOK EStG, § 19a Rz 256 (11. Ed 01.10.2021): "modifizierende Rechtsfolgenverweisung".

Eine Zusammenballung von Einkünften – wie dies § 34 EStG verlangt – ist daher für die Bejahung des § 19a Abs 4 S 2 EStG nicht Voraussetzung, so auch BMF v 16.11.2021, BStBl I 2021, 2308 Rz 43. Die gesetzliche Anordnung der Anwendung des § 34 EStG hat uE primär eine Anreizfunktion. Bei der Anwendung der Fünftelungsregelung ist die Vermögensbeteiligung uE wiederum individuell auszulegen (zB konkreter Geschäftsanteil, s Rn 108).

 

Beispiel:

Die A-GmbH überträgt seinem Angestellten B zum 07.9.2021 Anteil 1 und Anteil 2 sowie zum 20.11.2024 Anteil 3 an der A-GmbH, jeweils begünstigt nach § 19a Abs 1 EStG. B stimmt der Besteuerung in einem späteren Zeitpunkt nach § 19a EStG zu. Am 15.07.2026 veräußert B die Anteile 2 und 3 an C. Zum 31.12.2030 wird das Dienstverhältnis des B zur A-GmbH beendet.

Lösung:

Durch die Veräußerung ist der Besteuerungstatbestand des § 19a Abs 4 S 1 Nr 1 EStG erfüllt. Für Anteil 2 ist der Dreijahreszeitraum des § 19a Abs 4 S 2 EStG erfüllt, so dass die Fünftelungsregelung Anwendung findet. Hinsichtlich des Anteils 3 ist dies nicht der Fall.

Die Beendigung des Dienstverhältnisses löst schließlich den Besteuerungstatbestand des § 19a Abs 4 S 1 Nr 3 EStG hinsichtlich des Anteils 1 aus. Für diesen ist ebenfalls die Dreijahresfrist erfüllt.

 

Rn. 123–125

Stand: EL 157 – ...

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