Rz. 2

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Ob eine Zuwendung des ArbG zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wurde, war bereits bei der Steuerbefreiung für > Jubiläumsgeschenke, die ab dem VZ 1999 gestrichen wurde, sowie für die Steuerbefreiung von > Heirats- und Geburtsbeihilfe, die ab dem VZ 2006 entfallen ist, von Bedeutung. Der BFH urteile dazu, eine Jubiläumszuwendung dürfe, um steuerfrei zu sein, nicht lediglich im Ersatz von lohnsteuerpflichtigen Bezügen bestehen, auf die ein > Arbeitnehmer ohnehin einen Rechtsanspruch habe. Die Lohnsteuerfreiheit als Jubiläumszuwendung könne also nicht dadurch erreicht werden, dass der ArbN auf ihm rechtlich zustehende lohnsteuerpflichtige Ansprüche verzichte und der ArbG dem ArbN sodann diesen bisherigen Anspruch als Jubiläumsgeschenk gewähre (vgl BFH 148, 54 = BStBl 1987 II, 139).

 

Rz. 3

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Die FinVerw teilte diese Auffassung und bestimmte in R 21c LStR 2001, dass keine zusätzliche Leistung vorliege, wenn eine zweckbestimmte Leistung unter Anrechnung auf den vereinbarten Arbeitslohn oder durch Umwandlung des vereinbarten Arbeitslohns gewährt werde. Sie vertrat darin zunächst noch die Auffassung, dass auch eine Anrechnung auf freiwillige Leistungen schädlich sei.

 

Rz. 4

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Mit Urteil vom 01.10.2009 (BFH 226, 40 = BStBl 2010 II, 487) entschied der BFH, dass unter "ohnehin geschuldeter Arbeitslohn" der arbeitsrechtlich geschuldete Arbeitslohn zu verstehen und eine Anrechnung der zusätzlichen Zuwendung auf ein freiwillig gewährtes Weihnachtsgeld unschädlich ist. Dem schloss sich die FinVerw an.

 

Rz. 5

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Im Jahr 2012 entschied der BFH, dass zusätzlicher Arbeitslohn nur dann vorläge, wenn der ArbN darauf keinen Rechtsanspruch habe, die zusätzlichen Leistungen also vom ArbG freiwillig erbracht würden (vgl BFH 238, 76 = BStBl 2012 II, 816; BFH 239, 85 = BStBl2013 II, 395; BFHE 239, 91 = BStBl 2013 II, 398). Eine Leistung war nach Auffassung des BFH dann nicht mehr "freiwillig", wenn sie arbeitsrechtlich zB aufgrund des Arbeitsvertrags, Tarifvertrags, Betriebsvereinbarung, betrieblicher Übung oder wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes geschuldet wurde; das schloss Alternativansprüche ein. Der BFH engte mit seiner geänderten Rechtsprechung (BFH 239, 85 = BStBl II 2013, 395) den Anwendungsbereich gegenüber der bisherigen Handhabung durch die FinVerw erheblich ein: Bis dahin reichte es aus, dass die betriebliche Leistung zu dem Arbeitslohn hinzukam, den der ArbG aus anderen Gründen bereits schuldete (kritisch Thomas, DStR 2011, 789; 2013, 233; Obermair, DStR 2013, 1118; Apitz EStB 2013, 5). Die FinVerw hielt aber weiterhin an der älteren BFH-Rechtsprechung (so zB BFH 186, 224 = BStBl II 1998, 518) fest. Sie sah eine "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" erbrachte Leistung auch dann als gegeben an, wenn der ArbG arbeits- oder dienstrechtlich einen Anspruch auf eine zweckbestimmte betriebliche Leistung hatte. Ausgeschlossen blieben lediglich die Fälle der > Gehaltsumwandlung (vgl BMF vom 22.05.2013, BStBl 2013 I, 728 mit Anm Plenker, DB 2013, 1202).

 

Rz. 6

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

2019 korrigierte der BFH seine Rechtsprechung erneut und vertritt für VZ bis 2019 nunmehr die Auffassung, dass ohnehin geschuldeter Arbeitslohn derjenige Lohn sei, den der Arbeitgeber verwendungsfrei und ohne eine bestimmte Zweckbindung erbringt, während zusätzlicher Arbeitslohn vorliege, wenn dieser verwendungs- bzw zweckgebunden neben dem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet wird. Ob zusätzlicher Arbeitslohn vorliege, sei nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Lohnzahlung zu beurteilen. Es kommt dabei – nunmehr auch nach Auffassung des BFH – nicht darauf an, ob der ArbN auf den zusätzlichen Arbeitslohn einen arbeitsrechtlichen Anspruch hat (vgl BFH 265, 513 = BStBl 2020 II, 106; BFH/NV 2019, 1341). Ein arbeitsvertraglich vereinbarter Lohnformenwechsel ist nach Auffassung des BFH nicht schädlich. Setzen ArbG und ArbN den ohnehin geschuldeten Arbeitslohn für künftige Lohnzahlungszeiträume arbeitsrechtlich wirksam herab, kann der ArbG diese Minderung durch verwendungsgebundene Zusatzleistungen steuerbegünstigt ausgleichen. Diese treten dann zum Zahlungszeitpunkt zum – in geminderter Höhe – ohnehin geschuldeten Lohn hinzu und werden somit zusätzlich zu diesem erbracht. Schädlich ist nach Ansicht des BFH nur noch eine Barlohnumwandlung, dh die Leistung von zweckgebundenem Arbeitslohn unter Anrechnung auf den verwendungsfreien Barlohn, auf den arbeitsrechtlich ein Anspruch besteht.

 

Rz. 7

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Die FinVerw hat sich dieser Auffassung nicht angeschlossen und eine Gesetzesänderung initiiert, die dazu führte, dass durch das JStG 2020 vom 21.12.2020 (BGBl 2020 I, 3096) eine gesetzliche Definition dessen, was zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn bedeutet, in einen neuen § 8 Abs 4 EStG aufgenommen wurde (> Rz 8 ff). Nachdem zunächst ein > Nichtanwendungserlass zum og Urteil erging (vgl BMF vo...

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