Digitale Verfassungsbeschwerde

Die Bundesregierung hat den vom BMJ vorgelegten Regierungsentwurf zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs beim Bundesverfassungsgericht beschlossen.

Bundesjustizminister Marco Buschmann hält die Neuregelung für einen wichtigen Fortschritt für die Kommunikation von Anwälten und Anwältinnen, aber auch von Bürgerinnen und Bürgern mit dem höchsten deutschen Gericht. Niemand soll mehr gezwungen sein, zum Briefkasten zu gehen oder das Faxgerät anzuwerfen, wenn er eine Verfassungsbeschwerde einreichen will. Auch im Umgang mit dem BVerfG soll der digitale Rechtsstaat für jeden sichtbar werden.

Digitalisierung der Kommunikation mit dem BVerfG

Durch Einfügung der neuen §§ 23a – 23e im BVerfGG werden die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die elektronische Kommunikation mit dem BVerfG geschaffen. Die Regelung folgt in wesentlichen Punkten den Bestimmungen zum elektronischen Rechtsverkehr in der ZPO. Das 10. Gesetz zur Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes sieht die obligatorische Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs mit dem BVerfG für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Person des öffentlichen Rechts vor. Für Bürgerinnen und Bürger, Organisationen, Verbände und Unternehmen sowie andere Verfahrensbeteiligte ist die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs eine Option, aber keine Verpflichtung.

Nicht jedes Dateiformat wird akzeptiert

Gemäß § 23a Abs. 1 BVerfGG-E besteht künftig die Möglichkeit, sämtliche schriftlich einzureichenden Anträge nebst Begründung, Schriftsätze und Anlagen als elektronische Dokumente beim BVerfG einzureichen. Sämtliche auf diesem Wege eingereichten Dokumente müssen gemäß § 23a Abs. 2 BVerfGG-E für das BVerfG bearbeitungsfähig und lesbar sein, d. h. nicht jedes Dateiformat wird akzeptiert. Insoweit verweist das Gesetz auf die bereits bestehende Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr ERVV.

Folgen nicht zugelassener Dateiformate

Die Nichtbeachtung der zugelassenen Dateiformate führt nicht automatisch zur Formunwirksamkeit. Formunwirksamkeit ist dann gegeben, wenn eine Bearbeitung durch das BVerfG überhaupt nicht möglich ist.

Sicherheitsanforderungen

Wie in anderen Verfahrensordnungen sieht die Neuregelung des BVerfGG für die Verwendung des elektronischen Rechtsverkehrs bestimmte Sicherheitsstandards vor. So schreibt § 23a Abs. 3 BVerfGG-E eine

  • qualifizierte elektronische Signatur der das Dokument verantwortenden Person vor.
  • Anlagen müssen nicht signiert sein.
  • Als sichere Übermittlungswege anerkannt sind unter anderem der Versand über ein De-Mail-Konto, über auf gesetzlicher Grundlage errichtete elektronische Postfächer sowie über das beA.
  • Schließlich wird die Übermittlung elektronischer Dokumente nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens über ein neu einzurichtendes elektronisches Bürger- und Organisationspostfach (eBO) oder über ein nach § 2 Abs. 5 des Onlinezugangsgesetzes (OZG) eingerichtetes OZG-Nutzerkonto zugelassen.

Für Rechtsanwälte ist die Nutzung des beA obligatorisch

Die Regelung des § 23c BVerfGG-E zur Übermittlung elektronischer Dokumente durch Rechtsanwälte, Behörden und juristische Person des öffentlichen Rechts folgt weitgehend der Regelung des § 130d ZPO. Danach werden Rechtsanwälte nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs verpflichtet sein. Auch hier sieht § 23c Abs. 2 BVerfGG-E für Fälle vorübergehender technischer Probleme die Möglichkeit der Einreichung von Schriftstücken auf analogem Wege vor. Wie vor den Zivilgerichten ist die vorübergehende technische Unmöglichkeit glaubhaft zu machen.

Elektronische Aktenführung beim BVerfG ist fakultativ

Die Aktenführung beim BVerfG kann gemäß § 23e BVerfGG-E beim BVerfG in Zukunft elektronisch erfolgen. In Papierform vorliegende Schriftstücke müssen in diesem Fall nach dem Stand der Technik in ein elektronisches Dokument übertragen werden, das mit den vorliegenden Schriftstücken bildlich und inhaltlich übereinstimmt. Soweit weiterhin Papierakten geführt werden, müssen diese vollständig sein, d. h. sämtliche elektronischen Dokumente sind auszudrucken und in die Papierakte zu übernehmen.

Reform könnte in der 1. Jahreshälfte 2024 in Kraft treten

Das Gesetz könnte nach der Vorstellung des BMJ im Januar 2024 verkündet werden und nach einer Übergangsfrist von 3 Monaten im Mai 2024 in Kraft treten.


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