BGH zur BeA-Update-Pflicht bei der Wiedereinsetzung

Eine Wiedereinsetzung setzt voraus, dass die vorübergehende Unmöglichkeit der Versendung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument nicht auf einem fehlenden BeA-Update oder auf Gründen in der Person des Anwenders beruht.

Der BGH hatte sich kürzlich mit einem Fall zu befassen, in dem eine Anwältin infolge technischer Probleme mit ihrem beA eine Beschwerdebegründung innerhalb der verlängerten Beschwerdebegründungsfrist nicht über ihr beA, sondern per Telefax sowie schriftlich eingereicht hatte. Das OLG hat die Beschwerde als unzulässig verworfen und den hilfsweise gestellten Wiedereinsetzungsantrag der Anwältin zurückgewiesen.

Vorübergehende technische Unmöglichkeit muss substantiiert dargelegt werden

Die Rechtsbeschwerde der Anwältin, die sich in einer Familiensache selbst vertrat, blieb ohne Erfolg. Der BGH bestätigte seine bisherige, eher strenge Rechtsprechung zur Auslegung der BeA-Regeln bei technischen Störungen. Danach setzt die Glaubhaftmachung einer vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument

  • eine detaillierte, geschlossene Schilderung der tatsächlichen Abläufe voraus (BGH, Beschluss v. 21.9.2022, XII ZB 264/22 und Beschluss v. 26.1.2023, V ZB 11/22).
  • Die technische Unmöglichkeit ist ebenso glaubhaft zu machen, wie deren vorübergehende Natur (BGH, Beschluss v. 21.6.2023, V ZB 15/22).
  • Nicht entscheidend ist dabei, ob die Ursache für die vorübergehende technische Unmöglichkeit in der Sphäre des Gerichts oder in der Sphäre des Einreichenden liegt.
  • In jedem Fall muss es sich um eine in der Technik begründete Störung handeln und nicht um Gründe, die in der Person des Einreichers liegen (BGH, Beschluss v. 25.1.2023, IV ZB 7/22).

Fehlendes BeA-Update und mangelndes technisches Verständnis

Im konkreten Fall sah der BGH Veranlassung für die Annahme, dass die von der Antragstellerin behauptete technische Störung auf ein lückenhaftes technisches Verständnis der Anwenderin und auf ein fehlendes Update der BeA-Software zurückzuführen sein könnte. Auch sei die Anwältin nach Schwierigkeiten mit ihrer PIN der Empfehlung der Zertifizierungsstelle der von ihr eingeschalteten Bundesnotarkammer nicht nachgekommen, die PIN-Eingabe über die ihr mitgeteilte PUK wieder freizuschalten. Wegen wahrscheinlich dreimaliger unrichtiger Eingabe der PIN sei auch der „Fehlbedienungszähler“ abgelaufen gewesen.

Technische Ursachen müssen überwiegend wahrscheinlich sein

Auch einige andere Abläufe ließen nach Auffassung des BGH den Schluss zu, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete vorübergehende Unmöglichkeit der Nutzung des beA nicht auf technischen, sondern auf Gründen beruhte, die in ihrer Person lagen. Nach der Rechtsprechung des BGH könne zwar eine Störung des beA, des elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (EGVP) sowie der temporäre Ausfall der Netzwerkkarte grundsätzlich zu einer vorübergehenden technischen Unmöglichkeit führen (BGH, Beschluss v. 21.6.2023, V ZB 15/22; BGH, Urteil v. 25.5.2023, V ZR 134/22), allerdings müsse nach dem Vorbringen der Antragstellerin die überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass diese Unmöglichkeit auf technischen und nicht auf in der Person der Antragstellerin liegenden Gründen beruht (BGH, Beschluss v. 1.3.2023, XII ZB 228/22).

Verdacht der erstmaligen beA Nutzung

An einer hinreichenden Glaubhaftmachung einer technischen Unmöglichkeit fehlt es nach Auffassung des Senats auch dann, wenn der gesamte Ablauf den Schluss zulässt, dass der elektronische Übermittlungsweg noch gar nicht in Betrieb genommen oder eingerichtet oder dessen Funktionsfähigkeit vor der erstmaligen Nutzung nicht überprüft worden ist (BGH, Beschluss v. 15.12.2022, I ZB 35/22). Auch dies sei im konkreten Fall nicht auszuschließen.

Gründe für Wiedereinsetzung nicht überzeugend

Das Vorbringen der Antragstellerin zu all diesen Punkten bewertete der Senat als äußerst lückenhaft und unvollständig. Die Angaben legten den Schluss nahe, dass es sich bei der gescheiterten Übermittlung der Beschwerdebegründung über das beA um den erstmaligen Versuch der Anwältin gehandelt habe, unter Verwendung ihrer PIN ein elektronisches Dokument an das Gericht zu übersenden und diese Übersendung an der mangelnden Aktualisierung der Betriebssoftware gescheitert sein könnte. Allein die nicht fernliegende Möglichkeit dieser Annahme führe dazu, dass es an der erforderlichen Glaubhaftmachung für eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer vorübergehenden technischen Störung fehlt.

Ersatzeinreichung der Beschwerdebegründung per Telefax unwirksam

Damit war die Ersatzeinreichung der Beschwerdebegründung per Telefax nach der Entscheidung des BGH unwirksam (BGH, Beschluss v. 21.9.2022, XII ZB 264/22). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne unter diesen Voraussetzungen nicht gewährt werden, weil zumindest die nicht fernliegende Möglichkeit bestehe, dass die Fristversäumung seitens der Anwältin nicht im Sinne von § 233 Satz 1 ZPO unverschuldet war.

(BGH, Beschluss v. 17.1.2024, XII ZB 88/23)

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