Wann gilt ein gerichtliches Dokument im beA als zugestellt?

Der Zustellungszeitpunkt eines gerichtlichen Dokuments im beA bestimmt sich nach den Angaben auf dem an das Gericht elektronisch übermittelten Empfangsbekenntnis. Dieses erbringt den vollen Beweis für den Zustellungszeitpunkt.

Der BGH hat sich zum wiederholten Mal mit der Frage der Auslegung der Vorschriften zur Zustellung von gerichtlichen Dokumenten im beA und zur Versäumung von Rechtsmittelfristen auseinandergesetzt. Das Gericht hat die Vorschriften erneut streng ausgelegt.

Berufungsbegründungsfrist und Rechtsbeschwerdefrist versäumt

Im konkreten Fall hatte der Anwalt einer Prozesspartei die Frist zur Berufungsbegründung versäumt. Nachdem die Berufung als unzulässig zurückgewiesen worden war, hatte der Anwalt erfolglos Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Gegen den ablehnenden Beschluss legte der Rechtsanwalt Rechtsbeschwerde zum BGH ein und versäumte auch hier die Rechtsbeschwerdefrist.

Ein Tag Differenz zwischen Datum auf Empfangsbekenntnis und Rücksendung

Das elektronische Empfangsbekenntnis, des die Wiedereinsetzung ablehnenden Beschlusses war auf den 12.6.2023 datiert und enthielt den Vermerk „heute als elektronische(s) Dokument(e) erhalten“. Dieses elektronische Empfangsbekenntnis hat der Prozessbevollmächtigte am 13.6.2023 unter Verwendung des vom Gericht mit der Übermittlung des Beschlusses zur Verfügung gestellten strukturierten Datensatzes aus seinem beA an das Berufungsgericht zurück übermittelt. Exakt einen Monat später, also am 13.7.2023, ging beim BGH die Rechtsbeschwerde des Klägers ein. Mit dieser erstrebte der Kläger die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses sowie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist.

Rechtsbeschwerde war verfristet

Nach der Entscheidung des BGH war die Rechtsbeschwerde verspätet, da sie nicht innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist der §§ 574 ff ZPO, sondern einen Tag zu spät bei Gericht eingegangen war. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers vertrat die Auffassung, die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde habe erst am 13.6.2023 zu laufen begonnen, da erst zu diesem Zeitpunkt der Empfangswille zur Entgegennahme des gerichtlichen Dokuments nach außen zur Geltung gebracht worden sei. Demnach sei der Eingang der Rechtsbeschwerde am 13.7.2023 beim BGH rechtzeitig innerhalb der einmonatigen Frist erfolgt.

Angaben auf Empfangsbekenntnis definieren den Zustellungszeitpunkt

Diese Auffassung teilte der BGH nicht. Entgegen der Ansicht des Rechtsbeschwerdeführers komme es für den Nachweis des Zustellungszeitpunkts eines elektronischen Dokuments durch ein elektronisches Empfangsbekenntnis nicht auf den Zeitpunkt der Rückübermittlung des Empfangsbekenntnisses an das Gericht an, sondern auf das im Empfangsbekenntnis vom Empfänger angegebene Zustellungsdatum. Das Empfangsbekenntnis trage das Datum 12. Juni 2023 und enthalte den Vermerk „heute als elektronische(s) Dokument(e) erhalten“. Damit sei eindeutig der 12. Juni und nicht 13. Juni 2023 der maßgebliche Zustellungszeitpunkt.

Anwalt hat Zustellungszeitpunkt aktiv anerkannt

Der Auffassung des Rechtsbeschwerdeführers zum späteren Fristbeginn steht nach der Entscheidung des BGH auch entgegen, dass der Anwalt zum Zwecke der Rücksendung des elektronischen Empfangsbekenntnisses die Nachricht öffnen musste und durch seine eigenen Eingaben das Empfangsbekenntnis selbst aktiv erstellt und versendet hat. Die Abgabe des elektronischen Empfangsbekenntnisses setze mithin eine eigene Willensentscheidung des Empfängeranwalts voraus, das elektronische Dokument zu dem eingetragenen Zustellungsdatum 12.6.2023 als zugestellt entgegenzunehmen. Ohne diese aktive Mitwirkung des Anwalts werde ein elektronisches Empfangsbekenntnis erst gar nicht ausgelöst (BVerwG, Beschluss v. 19.9.2022, 9 B 2/22).

beA-Empfangsbekenntnis erbringt vollen Beweis für Zustellungszeitpunkt

Im Ergebnis hat der Anwalt nach der Entscheidung des BGH mit Übersendung des elektronischen Empfangsbekenntnisses die empfangsbereite Entgegennahme der Nachricht zum dort angegebenen Zeitpunkt selbst dokumentiert. Wie schon das herkömmliche Empfangsbekenntnis auf Papier erbringe das elektronisch abgegeben Empfangsbekenntnis gegenüber dem Gericht den vollen Beweis sowohl für die Tatsache der Entgegennahme als auch für den Zeitpunkt der Entgegennahme des Dokuments. Auf den vom Prozessbevollmächtigten des Klägers für maßgeblich gehaltenen Zeitpunkt der Dokumentation seines Empfangswillens nach außen durch Übermittlung des elektronischen Empfangsbekenntnisses an das Berufungsgericht erst am 13.6.2023 kommt es nach Auffassung des Senats demgegenüber nicht an.

Rechtsbeschwerde zurückgewiesen

Der gegen die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingelegten Rechtsbeschwerde blieb somit wegen Fristversäumnis der Erfolg versagt.

(BGH, Beschluss v. 17.1.2024, VII ZB 22/23)

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