BGH: Ausländischer Prozessgegner hat freie Anwaltswahl

Anwaltswahl ist Vertrauenssache: Ein ausländischer Prozessgegner muss sich von einem deutschen Kläger bei der späteren Kostenfestsetzung nicht vorhalten lassen, er hätte einen Anwalt am Gerichtsort wählen müssen, um keine unnötigen Reisekosten zu produzieren. Der BGH stellte klar, dass eine ausländische Partei den Anwalt ihres Vertrauens auswählen kann.

Die Kläger haben die Beklagte, die ihren Sitz in Spanien hat, wegen eines annullierten Flugs erfolglos auf Zahlung von 500 Euro in Anspruch genommen.

Kostenfestsetzung nach Unterliegen gegenüber Fluggesellschaft

Die vom Amtsgericht Erding festgesetzten Kosten umfassen Reisekosten für den in H. ansässigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten i.H.v. 564,33 Euro. Das Landgericht Landshut hat die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss zurückgewiesen.

Begründung:

  • Eine Partei, die ihren Sitz im Ausland habe, sei nicht gehalten, einen am Prozessgericht ansässigen Anwalt zu beauftragen,
  •  sondern dürfe einen Anwalt ihres Vertrauens mandatieren.
  • Die erstattungsfähigen Reisekosten eines solchen Anwalts seien regelmäßig nicht auf den Betrag der Kosten beschränkt, die bei Einschaltung eines Terminsvertreters vor Ort entstünden.

Gründe, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigten, lägen im Streitfall nicht vor. Gegen diese Entscheidung wandten sich die Kläger mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

Wahl eines Anwalts am Prozessgericht unzumutbar

Die Rechtsbeschwerde blieb aber ohne Erfolg.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es einer ausländischen Partei grundsätzlich nicht zuzumuten, die Wahl des deutschen Rechtsanwalts nach dem Sitz des Prozessgerichts auszurichten.

Die Beklagte, die in Deutschland weder ihren Sitz noch eine Niederlassung hat, war daher entgegen der Auffassung der Kläger nicht gehalten, anstelle des von ihr in entsprechenden Verfahren regelmäßig beauftragten, in H. ansässigen Prozessbevollmächtigten einen im Bezirk des Amtsgerichts Erding ansässigen Rechtsanwalt zu beauftragen.

Anwalt darf trotz eigener Rechtsabteilung beauftragt werden

Soweit die Kläger vortragen, die Beklagte verfüge über eine eigene Rechtsabteilung, handelt es sich um neues Vorbringen, das der Bundesgerichtshof im Verfahren der Rechtsbeschwerde nicht berücksichtigt hat. Unabhängig davon gelte:

Es könnte selbst bei Vorhandensein einer Rechtsabteilung nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass deren Mitarbeiter in der Lage sind, einen Zivilprozess in Deutschland ohne Einschaltung eines deutschen Rechtsanwalts zu führen.

Im Übrigen, so der Bundesgerichtshof weiter, begründe auch der geringe Betrag der eingeklagten Forderung regelmäßig nicht die Annahme, die Beauftragung eines Rechtsanwalts sei nicht erforderlich.

Kostenerstattung nicht auf unterbevollmächtigten Anwalt begrenzt

Für unbegründet hielt der Bundesgerichtshof schließlich auch den Einwand der Kläger, die Reisekosten seien nur bis zur Grenze der durch die Einschaltung eines am Sitz des Prozessgerichts tätigen Unterbevollmächtigten entstehenden Kosten erstattungsfähig.

Wird die Beauftragung eines nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts als aus der Sicht einer verständigen Partei notwendig anerkannt, ist ihr regelmäßig das Recht zuzubilligen, sich durch diesen mit der Sache vertrauten Rechtsanwalt auch in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen.

(BGH, Beschluss vom 4.7.2017,  X ZB 11/15).

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Hintergrund:

Laut BGH-Rechtsprechung  kann eine Partei, die vor einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird, in der Regel einen Anwalt an ihrem Wohn- bzw. Geschäftsort beauftragen und die Erstattung der Reisekosten verlangen.