Rz. 3

Das Gesetz definiert die für den Anwalt im Mehrpersonenverhältnis typischerweise anfallende Mehrarbeit über die Begriffe "Angelegenheit" und "Gegenstand", mit denen das Auftragsvolumen erfasst werden soll. Hiernach lässt sich bei Wertgebühren (§ 13) eine dreistufige Vergütungsregelung aufzeigen:

1. Verteilt sich die in Auftrag gegebene Vertretung auf verschiedene Angelegenheiten und wird in jeder dieser Angelegenheiten nur eine Person vertreten, so fallen die Gebühren – ungeachtet der Person des jeweils Vertretenen (also auch bei Personenidentität) – für jede Angelegenheit gesondert an. Es handelt sich um mehrere Einzelvertretungen, die abrechnungstechnisch getrennt zu erfassen sind (§ 15 Abs. 1, 2). § 7 Abs. 1 findet keine Anwendung.
2. Betrifft die Vertretung mehrere Mandanten, beschränkt sie sich jedoch auf eine Angelegenheit (Mehrfachvertretung), allerdings mit verschiedenen Gegenständen (unechte Streitgenossenschaft), so fallen die Gebühren zwar gem. §§ 15 Abs. 2, 7 Abs. 1 nur einmal an,[2] aber nach dem zusammengerechneten Wert aller Gegenstände (§ 22).[3] Durch jeden weiteren Mandanten erhöht sich der Gegenstandswert jeder Gebühr, soweit jeweils ein neuer Gegenstand hinzutritt. Nur die Gegenstandsverschiedenheit wirkt gebührenerhöhend, nicht die Personenverschiedenheit der Mandanten.
3. Betrifft die Mehrfachvertretung in derselben Angelegenheit mehrere Auftraggeber und denselben Gegenstand, so wird nur eine Gebühr (Verfahrens- oder Geschäftsgebühr) nach VV 1008 abhängig vom Gebührentyp erhöht (z.B. eine Wertgebühr mit 0,3).[4] Für jeden weiteren Auftraggeber erhält der Anwalt jeweils nur eine weitere Erhöhung, die insgesamt maximal das Doppelte der einfachen Gebühr erreichen kann (VV 1008). Entscheidend für die Anhebung der Verfahrens- oder Geschäftsgebühr ist die Personenverschiedenheit der Auftraggeber.

In der Praxis ist die Stufe 3 besonders häufig vertreten (siehe VV 1008 Rdn 36). Dabei bereitet die Berechnung der Erhöhung kaum Probleme, wohl aber gelegentlich die Abgrenzung zur Stufe 2, nämlich die Frage, ob es sich bei der anwaltlichen Vertretung der Mandanten um verschiedene (lediglich – äußerlich – gleiche) oder um identische Gegenstände handelt (siehe VV 1008 Rdn 53 ff.). Das ist für die Höhe der Vergütung des Anwalts genauso bedeutsam wie die Unterscheidung, ob er in nur einer oder in mehreren Angelegenheiten tätig war (siehe Rdn 19 ff.). Die Erhöhung nach VV 1008 sowie die Wertaddition gem. § 22 schließen sich grds. aus (zu Ausnahmen vgl. VV 1008 Rdn 124 ff.).[5]

[2] OLG Stuttgart AGS 2013, 324 = NJW-RR 2013, 63.
[3] BGH 8.5.2014 – IX ZR 219/13, AGS 2014, 263 = RVGreport 2014, 388; BGH 13.12.2011 – II ZR 141/09, AGS 2012, 142 = RVGreport 2012, 395; OVG Sachsen-Anhalt 18.6.2018 – 3 O 255/18; OLG Köln 20.5.2010 – 17 W 80/10; LG Mannheim AGS 2012, 324 = RVGreport 2012, 414 = AnwBl 2013, 149; OLG Köln 11.6.2014 – 17 W 59/14.
[4] BGH 8.5.2014 – IX ZR 219/13, AGS 2014, 263 = RVGreport 2014, 388; OVG Sachsen-Anhalt 18.6.2018 – 3 O 255/18.
[5] OLG Köln 11.6.2014 – 17 W 59/14.

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