Rz. 19

Der Begriff der Angelegenheit hat für die Geschäftsbesorgung des Anwalts zentrale Bedeutung, weil hierdurch der mit dem Auftrag individuell festgelegte Rahmen der Interessenvertretung beschrieben wird (vgl. § 15 Rdn 23 ff.). Er braucht nicht von vornherein bestimmt zu werden, sondern unterliegt einer zeitnahen nachträglichen Erweiterung. Gem. § 15 Abs. 5 S. 2 gilt die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit und in diesem Gesetz bestimmte Anrechnungen von Gebühren entfallen, wenn der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt ist.

 

Rz. 20

Da jede Angelegenheit gebührenrechtlich eine eigene Abrechnungseinheit darstellt (§ 15 Abs. 1), ist das Gesetz bestrebt, diesen Rahmenbegriff gegenständlich möglichst klar auszufüllen. Eine allgemein gültige Definition des sachlichen Gehalts wird aber angesichts der vielfältigen Variationsmöglichkeiten gar nicht erst versucht.[24] Weisungsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen betreffen in der Regel dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann.[25] Der Begriff soll sich insbesondere durch die Fallgruppenbeispiele in §§ 16 ff. erschließen. Methodisch geschieht das in der Weise, dass einzelne Angelegenheiten konkretisiert und von anderen abgegrenzt werden. So zählt § 16 innerhalb einer durchnummerierten Liste eine Anzahl von Aufgaben des Anwalts auf, die jeweils als eine Angelegenheit zusammengehören sollen. Das ist allerdings keineswegs erschöpfend gemeint, sondern will nur praktisch bedeutsame Tätigkeitsfelder aufzeigen, soweit eine gesetzliche Verknüpfung jedenfalls angebracht erscheint.

 

Rz. 21

Neben der positiven Zuordnung unterschiedlicher Tätigkeiten des Anwalts zu ein und derselben Angelegenheit, wie sie in § 16 stattfindet, bedient sich das Gesetz auch der negativen Abgrenzung, indem § 17 festlegt, welche Aufgaben des Anwalts als verschiedene Angelegenheiten zu qualifizieren sind. So bildet das Strafverfahren in jedem Rechtszug dieselbe Angelegenheit,[26] allerdings mit der Besonderheit, dass das Ermittlungsverfahren und das Hauptverfahren gem. § 17 Nr. 10a ebenfalls verschiedene Angelegenheiten sind. Darüber hinaus bestimmt § 18, welche Interessenwahrnehmung des Anwalts als besondere Angelegenheit zählt, und § 19, welche Tätigkeiten zu dem gebührenrechtlichen Rechtszug oder dem Verfahren gehören.

[24] OLG Köln 11.6.2014 – 17 W 59/14; Siehe aber die abstrakte Begriffsausfüllung durch die Rspr.: Eine Angelegenheit liegt vor, wenn innerlich zusammengehörende Gegenstände in einem einheitlichen Rahmen bearbeitet und von einem einheitlichen Auftrag umfasst werden (vgl. BGH 8.5.2014 – IX ZR 219/13, AGS 2014, 263 = RVGreport 2014, 388 = NJW 2014, 2126; BGH 5.10.2010 – VI ZR 152/09, NJW 2011, 782; BGH 4.12.2007 – VI ZR 277/06, AGS 2008, 164; BVerwG AGS 2001, 246; OLG Düsseldorf AGS 2015, 128 = RVGreport 2015, 64 = NStZ-RR 2014, 359; OLG Stuttgart AGS 2013, 324 = NJW-RR 2013, 63).
[25] BGH 24.3.2016 – III ZB 116/15, AGS 2016, 316; BGH 17.12.2015 – III ZB 61/15, AGS 2016, 61 = RVGreport 2016, 94; BGH 8.5.2014 – IX ZR 219/13, AGS 2014, 263 = RVGreport 2014, 388 = NJW 2014, 2126; OLG Düsseldorf AGS 2011, 534 = JurBüro 2011, 592, Tz. 40; N. Schneider, NJW 2015, 998.
[26] Vgl. OLG Düsseldorf StRR 2015, 196; OLG Brandenburg AGS 2009, 325 = RVGReport 2009, 341; ausf. Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 4. Aufl., Rn 1458 ff. m.w.N.

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