Rz. 23

In § 15 ist der Umfang der Angelegenheit selbst nicht geregelt. In Anbetracht der Vielfalt der Lebenssachverhalte ist eine gesetzliche Abgrenzung kaum möglich.[1] Die Abgrenzung soll daher vielmehr im Einzelfall der Rechtsprechung überlassen bleiben.[2] Das OLG Köln[3] hat den Begriff der Angelegenheit zusammenfassend in einem Leitsatz zum damaligen § 13 BRAGO wie folgt definiert:

Zitat

"Unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne von § 13 Abs. 2 S. 1 [BRAGO] ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Für die Frage, wann von einer einzigen Angelegenheit auszugehen ist oder wann mehrere Angelegenheiten vorliegen, ist insbesondere der Inhalt des dem Anwalt erteilten Auftrages maßgebend. In der Regel betreffen die weisungsgemäß erbrachten anwaltlichen Leistungen ein und dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Mühewaltung gesprochen werden kann."

 

Rz. 24

Dies entspricht ganz einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Literatur.[4] Drei Kriterien sind danach maßgebend. Der Tätigkeit des Anwalts

muss ein einheitlicher Auftrag zugrunde liegen,
sie muss sich im gleichen Rahmen halten und
zwischen den einzelnen Handlungen und oder Gegenständen der anwaltlichen Tätigkeit muss ein innerer Zusammenhang bestehen.[5]

Ungeachtet dieser Kriterien muss sich der Anwalt bewusst sein, dass diese keine verlässliche Prognose geben, wie ein Gericht im Streitfall die Sache beurteilen wird. Auch das vom BGH herangezogene Kriterium der "einheitlichen Prüfungsaufgabe" darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es hier immer um Einzelfallentscheidungen geht. Zudem drängt sich bei näherer Lektüre vieler Entscheidungen, insbesondere im Verwaltungs- und Sozialrecht, der Verdacht auf, dass hier ergebnisorientiert argumentiert wird, je nachdem, ob man dem Anwalt die Vergütung gönnt oder nicht, und je nachdem, ob und von wem die Vergütung zu erstatten ist. Anders lässt sich die zum Teil gesetzeswidrige Rechtsprechung der Verwaltungs- und Sozialgerichte nicht erklären.

[1] Hansens, BRAGO, § 13 Rn 7.
[2] Hansens, BRAGO, § 13 Rn 7; BGH 5.4.1976 – III ZR 95/74, JurBüro 1976, 749 = AnwBl 1976, 337; OLG Frankfurt Rpfleger 1978, 109.
[3] OLGR 1999, 220.
[4] BGH 5.4.1976 – III ZR 95/74, JurBüro 1976, 749 = AnwBl 1976, 337; BGH 17.11.1983 – III ZR 193/82, JurBüro 1984, 537 = AnwBl 1984, 501; 4.5.1972 – III ZR 21/79, BGH JurBüro 1972, 684; OLG Köln JurBüro 1984, 97.
[5] So ausdrücklich auch OLG München OLGR 2003, 206.

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