Gesetzestext

 

(1) Wird der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig, erhält er die Gebühren nur einmal.

(2) 1Jeder der Auftraggeber schuldet die Gebühren und Auslagen, die er schulden würde, wenn der Rechtsanwalt nur in seinem Auftrag tätig geworden wäre; die Dokumentenpauschale nach Nummer 7000 des Vergütungsverzeichnisses schuldet er auch insoweit, wie diese nur durch die Unterrichtung mehrerer Auftraggeber entstanden ist. 2Der Rechtsanwalt kann aber insgesamt nicht mehr als die nach Absatz 1 berechneten Gebühren und die insgesamt entstandenen Auslagen fordern.

A. Allgemeines

I. Überblick

1. Mehrfachvertretung

 

Rz. 1

Die Vorschrift regelt die Rechtsbeziehungen des Anwalts im Mehrpersonenverhältnis und damit insbesondere auch die sog. Mehrfachvertretung (mehrere Mandanten in derselben Angelegenheit), die in der zivilrechtlichen Praxis häufig, aber z.B. auch in strafrechtlichen Angelegenheiten[1] anzutreffen ist. Sie hat verschiedene typische Fallgestaltungen zum Gegenstand (siehe Rdn 3), welche sämtlich dem Grunde nach einheitlich erfasst werden. § 7 gilt sowohl für die echte Streitgenossenschaft (gemeinsame Vertretung wegen desselben Streitgegenstands) als auch die unechte Streitgenossenschaft (gemeinsame Vertretung wegen verschiedener Streitgegenstände). Während § 7 die Vergütung bei mehreren Auftraggebern regelt, bestimmt § 6, welche Vergütung bei einem Auftrag für mehrere Rechtsanwälte anfällt.

[1] Siehe bspw. OLG Düsseldorf StRR 2015, 196; OLG Düsseldorf AGS 2010, 71 = JurBüro 2010, 33; OLG Celle RVGreport 2008, 144; OLG Koblenz AGS 2005, 504 = AnwBl 2006, 148, je zum Beistand für mehrere Zeugen in einer Hauptverhandlung.

2. Angelegenheit

 

Rz. 2

Bei den Mehrpersonenverhältnissen nehmen sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht diejenigen eine Sonderstellung ein, bei denen die Vertragspartner des Anwalts mit seinen Mandanten identisch sind. Dann gilt der Grundsatz, dass jeder zusätzliche Mandant auch eine zusätzliche Vergütung bringt, obwohl Abs. 1 dem zu widersprechen scheint, weil der Anwalt auch in allen Fällen der Mehrfachvertretung die Gebühren nur einmal erhält, wenn der insoweit in derselben gebührenrechtlichen Angelegenheit tätig ist (§ 15 Abs. 2). Diese Regelung steht jedoch der Mehrvergütung nicht entgegen, weil selbige auf besondere Art und Weise zustande kommt. Die bei der Einzelvertretung anfallenden Gebühren werden bei einer Mehrfachvertretung nicht vervielfacht, sondern (teilweise) angehoben; die Anzahl der Gebühren bleibt somit unverändert.

II. Angelegenheit und Gegenstand (Abs. 1)

 

Rz. 3

Das Gesetz definiert die für den Anwalt im Mehrpersonenverhältnis typischerweise anfallende Mehrarbeit über die Begriffe "Angelegenheit" und "Gegenstand", mit denen das Auftragsvolumen erfasst werden soll. Hiernach lässt sich bei Wertgebühren (§ 13) eine dreistufige Vergütungsregelung aufzeigen:

1. Verteilt sich die in Auftrag gegebene Vertretung auf verschiedene Angelegenheiten und wird in jeder dieser Angelegenheiten nur eine Person vertreten, so fallen die Gebühren – ungeachtet der Person des jeweils Vertretenen (also auch bei Personenidentität) – für jede Angelegenheit gesondert an. Es handelt sich um mehrere Einzelvertretungen, die abrechnungstechnisch getrennt zu erfassen sind (§ 15 Abs. 1, 2). § 7 Abs. 1 findet keine Anwendung.
2. Betrifft die Vertretung mehrere Mandanten, beschränkt sie sich jedoch auf eine Angelegenheit (Mehrfachvertretung), allerdings mit verschiedenen Gegenständen (unechte Streitgenossenschaft), so fallen die Gebühren zwar gem. §§ 15 Abs. 2, 7 Abs. 1 nur einmal an,[2] aber nach dem zusammengerechneten Wert aller Gegenstände (§ 22).[3] Durch jeden weiteren Mandanten erhöht sich der Gegenstandswert jeder Gebühr, soweit jeweils ein neuer Gegenstand hinzutritt. Nur die Gegenstandsverschiedenheit wirkt gebührenerhöhend, nicht die Personenverschiedenheit der Mandanten.
3. Betrifft die Mehrfachvertretung in derselben Angelegenheit mehrere Auftraggeber und denselben Gegenstand, so wird nur eine Gebühr (Verfahrens- oder Geschäftsgebühr) nach VV 1008 abhängig vom Gebührentyp erhöht (z.B. eine Wertgebühr mit 0,3).[4] Für jeden weiteren Auftraggeber erhält der Anwalt jeweils nur eine weitere Erhöhung, die insgesamt maximal das Doppelte der einfachen Gebühr erreichen kann (VV 1008). Entscheidend für die Anhebung der Verfahrens- oder Geschäftsgebühr ist die Personenverschiedenheit der Auftraggeber.

In der Praxis ist die Stufe 3 besonders häufig vertreten (siehe VV 1008 Rdn 36). Dabei bereitet die Berechnung der Erhöhung kaum Probleme, wohl aber gelegentlich die Abgrenzung zur Stufe 2, nämlich die Frage, ob es sich bei der anwaltlichen Vertretung der Mandanten um verschiedene (lediglich – äußerlich – gleiche) oder um identische Gegenstände handelt (siehe VV 1008 Rdn 53 ff.). Das ist für die Höhe der Vergütung des Anwalts genauso bedeutsam wie die Unterscheidung, ob er in nur einer oder in mehreren Angelegenheiten tätig war (siehe Rdn 19 ff.). Die Erhöhung nach VV 1008 sowie die Wertaddition gem. § 22 schließen sich grds. aus (zu Ausnahmen vgl. VV 1008 Rdn 124 ff.).[5]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge