Gesetzestext

 

(1) 1Zur Erbschaft gehört, was der Vorerbe auf Grund eines zur Erbschaft gehörenden Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Erbschaftsgegenstands oder durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft erwirbt, sofern nicht der Erwerb ihm als Nutzung gebührt. 2Die Zugehörigkeit einer durch Rechtsgeschäft erworbenen Forderung zur Erbschaft hat der Schuldner erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntnis erlangt; die Vorschriften der §§ 406 bis 408 finden entsprechende Anwendung.

(2) Zur Erbschaft gehört auch, was der Vorerbe dem Inventar eines erbschaftlichen Grundstücks einverleibt.

A. Grundsatz.

 

Rn 1

§ 2111 ordnet für verschiedene Fälle die dingliche Surrogation an. Nach ihrem Grundgedanken werden bestimmte Gegenstände automatisch Bestandteil des Nachlasses. Sie gehen mit auf den Nacherben über und werden von seinem Herausgabeanspruch aus § 2130 erfasst. Die Beweislast für die Umstände, die die Surrogation begründen, liegt beim Nacherben (BGH NJW 83, 2874 [BGH 29.06.1983 - IVa ZR 57/82]).

 

Rn 2

Dahinter steht das Ziel, die Substanz des Nachlasses für den Nacherben zu erhalten (BGHZ 109, 214, 217). Er soll nicht auf schuldrechtliche Ersatzansprüche verwiesen werden.

B. Weitere Rechtsfolgen.

 

Rn 3

Entscheidend für die weitere Behandlung iRd Vor- und Nacherbschaft ist nicht der Charakter des weggegebenen Gegenstandes, sondern der des Surrogates (MüKo/Lieder § 2111 Rz 10). So etwa gilt für den Erlös aus einem verkauften Grundstück nicht § 2113 I; vielmehr ist er nach § 2119 anzulegen (BGH NJW 93, 3199 [BGH 07.07.1993 - IV ZR 90/92]), falls der Vorerbe nicht hiervon wiederum gem § 2136 befreit ist.

 

Rn 4

Sehr str ist, ob die Surrogation auch zugunsten von Nachlassgläubigern wirkt oder nur den Nacherben begünstigen will (so wohl BGHZ 81, 8, 12).

 

Rn 5

IÜ unterliegt die Surrogation nicht der Disposition der Beteiligten. Der Erblasser kann den Vorerben nicht generell von der Surrogation befreien. Auch ein Dritter kann bei seiner Zuwendung nicht bestimmen, dass Surrogation eintreten soll, wo sie nach dem Gesetz nicht eintritt, erst recht nicht umgekehrt. Der Vorerbe kann nicht von sich aus Gegenstände seines freien Vermögens mit dinglicher Wirkung dem Nachlass zuweisen (BGHZ 40, 115, 125); immerhin kann der Nacherbe einer Verfügung des Vorerben mit der Wirkung zustimmen, dass die Surrogation ausgeschlossen wird.

C. Anwendungsbereich.

 

Rn 6

Es handelt sich um eine Ausnahmevorschrift, die keiner ausdehnenden Auslegung zugänglich ist (BGH NJW 93, 3199 [BGH 07.07.1993 - IV ZR 90/92]).

 

Rn 7

Allerdings erfasst sie auch den Erwerb nicht übertragbarer Rechtspositionen; dies zeigt sich etwa dann, wenn der Vorerbe einen nicht übertragbaren Gesellschaftsanteil mit Nachlassmitteln erwirbt (BGHZ 109, 214, 217 ff) oder wenn er aus Nachlassmitteln eine Gegenleistung dafür erbringt, dass ihm ein Nießbrauch bestellt wird. Sie erfasst auch Girokonten, die dem Nachlass zugehören, doch ist dann für jede einzelne Position zu klären, ob sie aus dem Nachlass oder aus freiem Vermögen des Vorerben herrührt (BGHZ 131, 60).

 

Rn 8

Keine Surrogation besteht bezüglich Nutzungen, die der Vorerbe ordnungsgemäß gezogen hat. Sie fallen in sein freies Vermögen. Dies ergibt sich aus § 2111 I 1 Hs 2 (BGHZ 78, 177, 188; 81, 8, 12; BGH NJW 83, 2874).

D. Erster Fall der Surrogation: Erwerb aufgrund eines zur Erbschaft gehörenden Rechts.

 

Rn 9

Gemeint ist ein nicht rechtsgeschäftlicher Erwerb, etwa nach §§ 946 ff, 984, 937 ff (Ersitzung aufgrund eines zum Nachlass gehörenden Besitzes, § 857) sowie § 1952 (Annahme einer dem Erblasser angefallenen Erbschaft durch den Vorerben).

 

Rn 10

Dieser Fall ist nicht gegeben, wenn der nicht rechtsgeschäftliche Erwerb durch ein Rechtsgeschäft des Vorerben ausgelöst oder vermittelt worden ist, etwa die Umwandlung der Fremd- in eine Eigentümerhypothek (§§ 1163, 1177) durch Tilgung der gesicherten Forderung. Dagegen liegt Fall 3 (s Rn 12 ff) vor, wenn der Vorerbe diese Tilgung aus Nachlassmitteln bewirkt hat.

E. Zweiter Fall der Surrogation: Ersatz für Zerstörung, Beschädigung oder Entzug eines Nachlassgegenstandes.

 

Rn 11

Ob ein solcher Ersatz vorliegt, ist wirtschaftlich zu entscheiden, nicht formalrechtlich. Hierher zählen etwa auch der an den Vorerben ausgekehrte Überschuss aus der Zwangsversteigerung eines Nachlassgrundstücks (BGH NJW 93, 3198 [BGH 07.07.1993 - IV ZR 90/92]), Ansprüche aus unerlaubter Handlung im weitesten Sinne (auch Ansprüche auf Versicherungsleistungen oder Enteignungsentschädigung), Bereicherungsansprüche wegen des Verlustes von Nachlassgegenständen (va aus § 951) und Restitutionsansprüche nach dem Vermögensgesetz. Demgemäß fällt ein dem Vorerben restituiertes Grundstück auch dann unter § 2111 I 1, wenn der Erbfall vor Inkrafttreten des Vermögensgesetzes eingetreten ist (BGH ZEV 10, 247 [BGH 17.03.2010 - IV ZR 144/08]). Nicht hierzu zählen Aufwendungsersatzansprüche.

F. Dritter Fall der Surrogation: Erwerb durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft.

I. Wirtschaftliche Betrachtung.

 

Rn 12

Auch hier entscheiden wirtschaftliche Gesichtspunkte. Deshalb gehört hierher auch die Ersteigerung, wenn und soweit dazu Mittel aus der Vorerbschaft verwendet werden.

II. Mittel der Erbschaft.

 

Rn 13

Mit Mitteln der Erbschaft hat der Erwerb stattgefunden, wenn ihr der Gegenwert entnommen worden ist. Auch hier ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angezeigt (B...

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