Gesetzestext

 

(1) 1Wer infolge der Vorschriften der §§ 946 bis 950 einen Rechtsverlust erleidet, kann von demjenigen, zu dessen Gunsten die Rechtsänderung eintritt, Vergütung in Geld nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. 2Die Wiederherstellung des früheren Zustands kann nicht verlangt werden.

(2) 1Die Vorschriften über die Verpflichtung zum Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen sowie die Vorschriften über den Ersatz von Verwendungen und über das Recht zur Wegnahme einer Einrichtung bleiben unberührt. 2In den Fällen der §§ 946, 947 ist die Wegnahme nach den für das Wegnahmerecht des Besitzers gegenüber dem Eigentümer geltenden Vorschriften auch dann zulässig, wenn die Verbindung nicht von dem Besitzer der Hauptsache bewirkt worden ist.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die durch §§ 946–950 angeordneten dinglichen Rechtsänderungen sollen aus praktischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht rückgängig gemacht werden. Dies macht einen schuldrechtlichen Ausgleich erforderlich, da die gesetzlichen Erwerbstatbestände keinen Rechtsgrund für den Vermögenszuwachs in sich tragen (BGHZ 55, 178). Zu diesem Zwecke sieht § 951 einen Rechtsgrundverweis (ganz hM, BGHZ 41, 159; 55, 178; BRHP/Kindl Rz 2; Grüneberg/Herrler § 951 Rz 2) auf das Bereicherungsrecht vor. Die Vorschrift stellt somit keine selbstständige Anspruchsgrundlage dar. Hieraus folgt ua, dass stets zu prüfen ist ob ein Rechtsgrund für den Erwerb vorlag, der va in einem Erwerb aufgrund einer Leistungsbeziehung liegen kann (s § 812 Rn 83; u Rn 5 ff).

 

Rn 2

In der Insolvenz desjenigen, zu dessen Gunsten die Rechtsänderung eintritt, hat der Verlierende nur eine einfache Insolvenzforderung. Die Vorschrift ist dispositiv.

B. Tatbestandsvoraussetzungen.

I. Rechtsverlust nach §§ 946–950 des Anspruchsinhabers, Rechtserwerb des Anspruchsgegners.

 

Rn 3

Voraussetzung des Eingreifens der Rechtsgrundverweisung ist ein Rechtsverlust nach §§ 946–950, also der ersatzlose Untergang des Eigentums oder eines beschränkten dinglichen Rechts. Inhaber des Anspruchs ist derjenige, der sein Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht verloren hat (ebenso für Anwartschaftsrecht, dann sind sowohl Vollrechts- als auch Anwartschaftsberechtigter Gläubiger des Anspruchs aus § 951, Soergel/Henssler Rz 15). Bei der Entstehung von Miteigentum nach § 947 I besteht der Ausgleich im Erwerb des Miteigentumsanteils, § 951 findet keine Anwendung. Schuldner ist derjenige, der durch §§ 946, 947 das Eigentum gewinnt. Miteigentümer der Hauptsache haften nur in Höhe ihres Miteigentumsanteils (BGH NJW 77, 44, 46 [BGH 21.10.1976 - VII ZR 193/75]). Derjenige, dessen beschränkt dingliches Recht sich nach § 949 3 auf die ganze Sache erstreckt, schuldet keinen Ausgleich (RGZ 63, 416, 423; Soergel/Henssler Rz 16).

II. Rechtsgrundlosigkeit des Erwerbs.

 

Rn 4

Ein Anspruch aus §§ 951, 812 I 1 Alt 2 besteht, wenn der Erwerb rechtsgrundlos war. Die gesetzlichen Erwerbstatbestände selbst konstituieren keinen Rechtsgrund. Dieser kann aber in einem zwischen Verlierendem und Gewinnendem bestehenden Leistungsverhältnis zu finden sein.

1. Zweipersonenverhältnisse.

 

Rn 5

Hat der Verlierende dem Gewinnenden die verlorene Sache nicht geleistet, so ist der Ausgleichsanspruch nach § 951 eine Kondiktion in sonstiger Weise nach § 812 I 1 Alt 2. Die Rechtsgrundlosigkeit dieses Erwerbs ergibt sich aus dessen Widerspruch zur gesetzlichen Eigentumsordnung, der eben nicht allein durch §§ 946 ff beseitigt wird. Beruht im Zweipersonenverhältnis der Rechtserwerb des neuen Eigentümers auf einer Leistung des Verlierenden, stellt also die Verbindungshandlung die Erfüllung einer schuldrechtlichen Verpflichtung dar, so ist der Erwerb des Gewinnenden mit Rechtsgrund iSv § 812 erfolgt, ein Ausgleichsanspruch nach § 951 entsteht nicht. Teilweise wird die Unanwendbarkeit des § 951 in diesem Fall auch damit begründet, dass die Vorschrift nur auf den Tatbestand der Eingriffskondiktion verweise. War das schuldrechtliche Geschäft unwirksam, findet nach dieser Ansicht eine Kondiktion (unmittelbar) nach § 812 I 1 Alt 1 statt (MüKo/Füller Rz 9). Zum Sonderfall der Errichtung eines Gebäudes in der Erwartung des späteren Erwerbs des Grundstücks BGHZ 44, 321; BGH NJW 01, 3118 (iE § 812 Rn 47 f).

2. Mehrpersonenverhältnisse.

 

Rn 6

In Mehrpersonenverhältnissen muss es für die Zulässigkeit einer Direktkondiktion nach §§ 951, 812 I 1 2. Alt darauf ankommen, ob eine Leistungskette vom Veräußerer zum Erwerber reicht (BGHZ 56, 228). Ist dies zu bejahen, scheidet die Durchgriffskondiktion aus, s § 812 Rn 82. Dies gilt auch dann, wenn die schuldrechtlichen Vertragsverhältnisse (alle) unwirksam sind (MüKo/Füller Rz 16 mwN).

 

Rn 7

Hat der Verlierende das Eigentum dagegen auf andere Weise als durch Leistung verloren, so unterliegt der gewinnende Eigentümer der Eingriffskondiktion, zB bei Einbau von gestohlenem Material. Die Rechtfertigung für die Eingriffskondiktion findet sich darin, dass der gewinnende Eigentümer ohne den Einbau des Materials dem Herausgabeanspruch des verlierenden Eigentümers ausgesetzt gewesen wäre, da ein gutgläubiger Erwerb wegen § 935 nicht möglich gewesen wäre (BGHZ 55, 176). Entsprechendes muss bei Bösgläubigkeit des Gewinnenden gelten (offengelassen v...

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