Gesetzestext

 

(1) Das Recht des Erben, die Erbschaft auszuschlagen, ist vererblich.

(2) Stirbt der Erbe vor dem Ablauf der Ausschlagungsfrist, so endigt die Frist nicht vor dem Ablauf der für die Erbschaft des Erben vorgeschriebenen Ausschlagungsfrist.

(3) Von mehreren Erben des Erben kann jeder den seinem Erbteil entsprechenden Teil der Erbschaft ausschlagen.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Das Ausschlagungsrecht ist ein unselbstständiges, an die Erbenstellung gebundenes Gestaltungsrecht, das dem Erben persönlich zusteht und rechtsgeschäftlich nicht übertragbar ist (Zweibr FamRZ 08, 646); auch der Nachlasspfleger kann eine in den Nachlass des Erblassers gefallene Erbschaft nicht ausschlagen (BGH ZEV 22, 126). Es ist aber wie die angefallene Erbschaft selbst vererblich, wenn der zum Erben gewordene Erblasser die Erbschaft weder angenommen hat noch bei seinem Tod die Ausschlagungsfrist abgelaufen war (MüKo/Leipold § 1952 Rz 2). Die Vorschrift gilt nach § 2180 III auch für Vermächtnisse.

B. Übergang des Ausschlagungsrechts.

 

Rn 2

Mit dem Tod des ausschlagungsberechtigten Erben geht das Ausschlagungsrecht als Bestandteil seines Nachlasses (Zweitnachlass) auf den/die gesetzlichen oder gewillkürten Erben über (BGH NJW 65, 2295 [BGH 31.05.1965 - III ZR 233/62]). Mit dem Ausschlagungsrecht erlangt der Erbeserbe das Recht zur Annahme der Erbschaft. Er kann die Erbschaft nach dem verstorbenen Erben ausschlagen, wodurch er die Erbeserbenstellung rückwirkend verliert. Hatte die Ausschlagungsfrist für den Erben schon begonnen, läuft sie für den Erbeserben weiter, auch wenn er vom Anfall der ersten Erbschaft keine Kenntnis hat.

 

Rn 3

Die Ausschlagungsfrist läuft für den ersten Erbfall jedoch erst mit der für den zweiten ab. Dadurch behält der Erbeserbe die volle Überlegungsfrist. Der Erbeserbe kann die Erbschaft des Erben annehmen, die Erbschaft des Erblassers aber ausschlagen; er kann weiter auch beide annehmen, jedoch nicht die unmittelbar an ihn gefallene Erbschaft ausschlagen und zusätzlich das Ausschlagungsrecht hinsichtlich der im Nachlass befindlichen Erbschaft ausüben, dieses Gestaltungsrecht ist an seine Erbenstellung gebunden (München ZEV 20, 351 [OLG München 11.03.2020 - 31 Wx 74/20]; Grüneberg/Weidlich § 1952 Rz 1). Nicht möglich ist es weiter, die entferntere Erbschaft anzunehmen und die nähere auszuschlagen, weil auch hier die entferntere Erbschaft nur als Bestandteil der näheren dem Erbeserbe angefallen ist. In der Annahme der ersten Erbschaft liegt regelmäßig zugleich die Annahme der zweiten (v Lübtow JZ 69, 502; aA Soergel/Naczinsky§ 1952 Rz 2), da der Wille erkennbar ist, ein zum Zweitnachlass gehörendes Recht dauerhaft behalten zu wollen. Schlägt er den Zweitnachlass aus, verliert die Annahme des ersten Nachlasses ihre Grundlage (MüKo/Leipold § 1952 Rz 6).

 

Rn 4

Schlägt der Erbeserbe die Erbschaft des Erblassers aus, fällt sie demjenigen an, der berufen gewesen wäre, wenn der unmittelbare Erbe selbst die Erbschaft ausgeschlagen hätte (BayObLG NJW 53, 1431).

 

Rn 5

Starb der Erbe vor Fristbeginn, fängt die Frist für den Erbeserben erst mit seiner Kenntnis von Anfall und Berufungsgrund zu laufen an, § 1944 II 1; sie endet nicht vor Ablauf der für die Erbschaft des Erben bestehenden Ausschlagungsfrist des II, da andernfalls für die Erbschaft des Erblassers die gedachte Annahme nach § 1943 eintreten könnte (Grüneberg/Weidlich § 1952 Rz 1). Kannte der Erbe einzelne, aber nicht alle erforderlichen Tatsachen, so können diese dem Erbeserben nicht zugerechnet werden.

C. Erbeserbe als Vorerbe.

 

Rn 6

Der Vorerbe kann, wenn der vor Ablauf der Ausschlagungsfrist verstorbene Erbe Vor- und Nacherbfolge angeordnet hat, die Erbschaft mit Wirkung gegen den Nacherben ausschlagen, vorbehaltlich seiner späteren Verantwortlichkeit aus §§ 2130, 2131 (Soergel/Naczinsky § 1952 Rz 3).

 

Rn 7

IÜ können auch die gesetzlichen Erben eines Vorerben, denen die Nacherbschaft nicht zufällt, solange die Ausschlagungsfrist noch läuft, den Anfall der Vorerbschaft an ihren Rechtsvorgänger nach Eintritt des Nacherbfalls ausschlagen (BGH NJW 65, 2295). Lebte die zum Vorerben eingesetzte Witwe des Erblassers mit ihm in Zugewinngemeinschaft, fallen der Anspruch auf den kleinen Pflichtteil und den Zugewinnausgleich beim Tod der Witwe den gesetzlichen Erben zu, wenn diese ausschlagen (BGH NJW 65, 2295 [BGH 31.05.1965 - III ZR 233/62]).

D. Mehrheit von Erbeserben (Abs 3).

 

Rn 8

Jeder Erbeserbe kann, wenn mehrere Erben vorhanden sind, selbstständig für sich seinen Teil der Erbschaft ausschlagen (RGZ 162, 397). § 1952 III durchbricht dadurch nicht nur die Regel der Nichtigkeit der Teilausschlagung nach § 1950, sondern auch das Gesamthandsprinzip (MüKo/Leipold § 1951 Rz 11; vgl auch BGH ZEV 16, 84 [BGH 22.10.2015 - V ZB 126/14] mAnm Zimmer). Schlägt bei mehreren Erbeserben einer die Erbschaft aus, kommt dieser Anteil den Miterbeserben durch eine Art Anwachsung zugute (hM Soergel/Naczinsky§ 1952 Rz 5, Hamm ErbR 18, 526; aA Staud/Otte § 1952 Rz 8a). Insoweit gelten die Regeln der Anwachsung und Erhöhung nach § 2094 I 2 analog. Nimmt auch nur ein Erbeserbe den Erstnachlass an, ist der Erblasser zunächst vom E...

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