Gesetzestext

 

(1) Der Vermächtnisnehmer kann das Vermächtnis nicht mehr ausschlagen, wenn er es angenommen hat.

(2) 1Die Annahme sowie die Ausschlagung des Vermächtnisses erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten. 2Die Erklärung kann erst nach dem Eintritt des Erbfalls abgegeben werden; sie ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird.

(3) Die für die Annahme und die Ausschlagung einer Erbschaft geltenden Vorschriften des § 1950, des § 1952 Abs. 1, 3 und des § 1953 Abs. 1, 2 finden entsprechende Anwendung.

 

Rn 1

Obwohl das Vermächtnis (nur) einen Anspruch des Bedachten begründet, sieht die Vorschrift auch dafür eine Annahme und Ausschlagung vor. Dies entspricht dem auch der Konstruktion eines Schenkungsvertrages zugrunde liegenden Prinzip, dass sich niemand ohne sein Einverständnis etwas zuwenden lassen muss. Wie bei der Erbschaft ist nach I die Ausschlagung ausgeschlossen, wenn die Annahme erfolgt ist. IÜ aber gilt nach §§ 2176 ff auch für das Vermächtnis das Anfallsprinzip, so dass es zur Verwirklichung des Anspruchs aus § 2174 der Annahme nicht bedarf. Wird der Anspruch erhoben, liegt darin freilich typischerweise eine konkludente Annahme. Denn die Annahmeerklärung ist formfrei, muss aber dem Beschwerten nach §§ 130–132 zugehen und darf nach II 2 Hs 2 keine Bedingung oder Befristung enthalten. Vor dem Erbfall können weder Annahme noch Ausschlagung erklärt werden (II 2 Hs 1). Möglich ist aber anstelle der Ausschlagung ein notarieller Zuwendungsverzichtsvertrag mit dem Erblasser nach §§ 2352, 2348. Da II 2 allein auf den Erbfall abstellt, braucht der Anfall nach § 2177 oder der Nachvermächtnisfall nach § 2191 (dazu BGH NJW 01, 520 [BGH 18.10.2000 - IV ZR 99/99]) noch nicht eingetreten zu sein. Eine Frist ist allg weder für die Annahme noch für die Ausschlagung vorgesehen. Der beschwerte Erbe kann dem Vermächtnisnehmer, der zugleich pflichtteilsberechtigt ist, aber nach § 2307 II eine Erklärungsfrist setzen, mit deren Ablauf die Wirkung der Ausschlagung eintritt. Auch der Erblasser kann eine Annahmefrist bestimmen. Deren Ablauf ist dann eine auflösende Bedingung des Vermächtnisses. Die Ausschlagung ist keine Obliegenheitsverletzung nach § 295 I Nr 2 InsO, BGH NJW 13, 692 [BGH 20.12.2012 - IX ZR 56/12].

 

Rn 2

Soweit die Anwartschaft auf das Vermächtnis oder der Vermächtnisanspruch selbst vererblich ist, wird auch das Ausschlagungsrecht vererbt, III iVm § 1952. Das Ausschlagungsrecht des überlebenden Ehegatten nach § 1371 III (das auch für das Vermächtnis gilt) kann jedoch nur vom Ehegatten selbst ausgeübt werden. Zur Ausschlagung von Minderjährigen oder für sie ist die Genehmigung des FamG nach §§ 1643 I, 1851 Nr 1 erforderlich, beim Betreuten des Betreuungsgerichts nach § 1851 Nr 1. Die Erklärung von Ausschlagung oder Annahme ist unwiderruflich, jedoch anfechtbar nach den allgemeinen Vorschriften, für den pflichtteilsberechtigten Vermächtnisnehmer zusätzlich nach § 2308.

 

Rn 3

Die Ausschlagung hat die Wirkung, dass der Anfall als nicht erfolgt gilt, III iVm § 1953. Dann verbleibt der Vermächtnisgegenstand entweder dem Beschwerten oder wächst – beim gemeinschaftlichen Vermächtnis – den anderen Vermächtnisnehmern an (§ 2158). Hat der Erblasser einen Ersatzvermächtnisnehmer bestimmt oder ist das Testament iSd § 2069 auszulegen, fällt das Vermächtnis der Ersatzperson an. Die Verweisung auf § 1953 II ist dann so zu verstehen, dass der ersatzweise Berufene nach dem Zeitpunkt des Erbfalls, bei §§ 2177, 2178 nach dem Zeitpunkt des späteren Anfalls zu bestimmen ist (NK/Horn Rz 10 mwN). Nicht diese Wirkungen hat ein Erlassvertrag mit dem Beschwerten nach § 397. Er kommt ausschließlich dem Beschwerten zugute und verstößt gegen § 295 I Nr 2 InsO (BGH NJW 11, 2291 [BGH 10.03.2011 - IX ZB 168/09]).

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