Gesetzestext

 

Wird die Ehe geschieden, so tritt für die Berechnung des Zugewinns und für die Höhe der Ausgleichsforderung an die Stelle der Beendigung des Güterstandes der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft endet mit dem Tod eines der Ehegatten, mit der Aufhebung (§ 1313) oder Scheidung der Ehe (§ 1564), bei vorzeitigem Zugewinnausgleich (§ 1388) oder mit der wirksamen Vereinbarung eines anderen oder Ausschluss des gesetzlichen Güterstandes (§§ 1408 I, 1414). Für den Fall der Beendigung des Güterstandes durch Scheidung der Ehe wird der Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes für die Berechnung des Zugewinns und die Höhe der Ausgleichszahlung (§ 1378 II) auf den der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages vorverlagert, allerdings dann nicht, wenn die Ehe vor dem 1.9.09 rechtskräftig geschieden ist (BGH FamRZ 14, 1610; 15, 121).

 

Rn 2

Die Vorverlagerung des Stichtags auch für die Berechnung der Ausgleichsforderung führt dazu, dass die Vermögensentwicklung im Lauf des Scheidungsverfahrens für deren Berechnung unerheblich ist. Damit wird zwar Vermögensmanipulationen entgegengewirkt, doch befreit auch der schicksalhafte Vermögensverlust nicht vor der vollen Haftung. Eine Korrektur über § 1381 erscheint problematisch, weil die Norm nicht dazu dienen kann, systemimmanente Ungerechtigkeiten zu korrigieren (§ 1381 Rn 16), doch wendet der BGH sie andererseits zur Korrektur grob unbilliger Ergebnisse an (BGH FamRZ 12, 1479). Wegen der Problematik vgl iÜ § 1378 Rn 5.

 

Rn 3

Die Norm ist dispositiv. Sie kann in den Grenzen des § 138 durch Ehevertrag abbedungen werden (Staud/Thiele Rz 14). Sie gilt unmittelbar nur für die Ehescheidung, doch steht der Antrag auf Eheaufhebung dem der Scheidung gleich (§ 1318 III). Nicht anwendbar ist sie auf den Fall der Beendigung der Ehe durch den Tod eines Ehegatten (§ 1371) und für den Zeitpunkt der Bewertung des Gesamtgutes im Fall der Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft (BGH FamRZ 84, 254 [BGH 14.12.1983 - IVb ZR 62/82]). War zum Zeitpunkt des Todes eines Ehegatten zwischen ihnen ein Scheidungs- oder Aufhebungsantrag rechtshängig, gilt § 1384 auch für die güterrechtliche Lösung nach § 1371 II (BGH FamRZ 87, 353).

B. Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages.

 

Rn 4

Die Rechtshängigkeit tritt ein mit der Zustellung der Antragsschrift (§§ 111 Nr 1, 113 I FamFG, 253 I ZPO). Dem steht die Geltendmachung des Anspruchs in der mündlichen Verhandlung gleich (§§ 111 Nr 1, 113 I FamFG, 261 II ZPO), zB dann, wenn der Scheidungsantrag nicht zugestellt wird (BGH NJW 72, 1373 [BGH 24.05.1972 - IV ZR 65/71]). Der Zugang der Abschrift eines Gesuchs auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe begründet die Rechtshängigkeit nicht.

 

Rn 5

Dieser Grundsatz gilt auch bei längerem Ruhen des Verfahrens, zB wegen zwischenzeitlicher Aussöhnung (BGH FamRZ 83, 350, 4 Jahre; Brandbg FamRZ 21, 1524; Hamm FamRZ 92, 1180, 9 Jahre; FamRZ 80, 1637, 5 Jahre) und erneutem Zusammenleben (BGH FamRZ 83, 350) und auch im Fall der Aussetzung des Verfahrens (Staud/Thiele Rz 4). Eine Abweichung von dem gesetzlich bestimmten Stichtag ist nur möglich, wenn das ohne eine Korrektur ergebende Ergebnis grob unbillig wäre und dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde (BGH FamRZ 14, 24). Das gilt auch bei verfrühter Antragstellung (BGH FamRZ 18, 331; Brandbg FamRZ 21, 1524).

 

Rn 6

Maßgeblich ist aber nur der Antrag, der schließlich zur Scheidung führt, weshalb ein bereits erledigter Antrag in einer Ehesache auch dann belanglos ist, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft vor dem neuen, schließlich zur Scheidung führenden Antrag nicht wiederaufgenommen wurde (BGH FamRZ 79, 905; Kobl FamRZ 81, 260). Haben beide Ehegatten die Scheidung beantragt, ist auf den früher gestellten Antrag abzustellen, auch dann, wenn die Ehe nur auf den anderen geschieden wurde (Braunschw FamRZ 17, 789). Der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit bleibt auch maßgeblich, wenn das Zugewinnausgleichsverfahren gem § 141 2 FamFG als Verfahren auf vorzeitigen Zugewinnausgleich fortgeführt wird (Bambg FamRZ 97, 91). Ein zweiter Scheidungsantrag ist ein weiterer in dem bereits anhängigen Verfahren (BGH FamRZ 06, 260) und damit für den Stichtag unbedeutend, solange nicht der frühere Antrag zurückgenommen worden ist.

 

Rn 7

Folge der Vorverlagerung des Berechnungszeitpunktes ist, dass danach eintretende Vermögensänderungen ohne Bedeutung sind. Vermögensminderungen führen nicht mehr zur Hinzurechnung nach § 1375 II, Vermögenszuwendungen nicht mehr zur Anrechnung nach § 1380. Mit der Rechtshängigkeit besteht der Anspruch auf Auskunft über das vorhandene Endvermögen (§ 1379 II).

C. Verfahren.

 

Rn 8

Beruft sich ein Ehegatte auf die Vereinbarung eines abw Stichtages, hat er hierfür die Darlegungs- und Beweislast (Grüneberg/Brudermüller Rz 10). Der Stichtag kann nicht isoliert festgestellt werden (Köln FamRZ 03, 539).

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