Gesetzestext

 

(1) Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zu.

(2) 1Die Höhe der Ausgleichsforderung wird durch den Wert des Vermögens begrenzt, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstands vorhanden ist. 2Die sich nach Satz 1 ergebende Begrenzung der Ausgleichsforderung erhöht sich in den Fällen des § 1375 Absatz 2 Satz 1 um den dem Endvermögen hinzuzurechnenden Betrag.

(3) 1Die Ausgleichsforderung entsteht mit der Beendigung des Güterstands und ist von diesem Zeitpunkt an vererblich und übertragbar. 2Eine Vereinbarung, die die Ehegatten während eines Verfahrens, das auf die Auflösung der Ehe gerichtet ist, für den Fall der Auflösung der Ehe über den Ausgleich des Zugewinns treffen, bedarf der notariellen Beurkundung; § 127a findet auch auf eine Vereinbarung Anwendung, die in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht protokolliert wird. 3Im Übrigen kann sich kein Ehegatte vor der Beendigung des Güterstands verpflichten, über die Ausgleichsforderung zu verfügen.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Norm bestimmt in I den Grundsatz für die Errechnung der Höhe der Ausgleichsforderung, statuiert in II eine Ausnahmeregelung und in III den Zeitpunkt des Entstehens der Forderung, auf die der spätere Gläubiger bis dahin auch noch kein Anwartschaftsrecht hat (MüKo/Koch Rz 17; einschränkend Staud/Thiele Rz 14).

 

Rn 2

Die Forderung auf Ausgleich des Zugewinns unterliegt weder der Schenkungs- noch der Erbschaftssteuer, § 5 ErbStG (Schlünder FamRZ 15, 372). Sie ist steuerlich neutral, rechnet nicht zum Einkommen und ist insbes kein unentgeltlicher Erwerb (BGH FamRZ 15, 47).

 

Rn 3

Zugewinnausgleichsansprüche unterliegen der Regelverjährung des § 195, wobei es auf die Kenntnis von der Beendigung des Güterstandes nicht ankommt. Die wechselseitigen Ansprüche der Ehegatten auf Zugewinnausgleich sind rechtlich jeweils selbstständig zu beurteilen. Eine Hemmung der Verjährung des Leistungsanspruchs des einen Ehegatten aufgrund der früheren gerichtlichen Geltendmachung des gegenläufigen Leistungsanspruches des anderen Ehegatten kommt nicht in Betracht (Celle FamRZ 21, 1874).

B. Höhe der Ausgleichsforderung.

 

Rn 4

Schuldner der Ausgleichsforderung ist der Ehegatte, der den höheren Zugewinn erwirtschaftet hat. Der Anspruch ist stets auf Zahlung von Geld gerichtet (Ausnahme: § 1383). Es besteht auch nicht die Möglichkeit, die Forderung ganz oder teilweise in Sachwerten zu erfüllen (Staud/Thiele Rz 2), vgl aber § 1383.

C. Begrenzung der Höhe (Abs 2).

 

Rn 5

Die Zugewinnausgleichsforderung ist begrenzt auf den Wert des bei dem maßgeblichen Stichtag (§§ 1384, 1387) vorhandenen Nettovermögens des Schuldners, weshalb sie bei gänzlich fehlendem Vermögen auch ganz entfallen kann. Wegen der mit § 1384 verbundenen Vorverlagerung des Berechnungszeitpunktes sind Vermögensminderungen nach dem Stichtag ohne Bedeutung. Damit kann sich der Ausgleichspflichtige seiner Zahlungspflicht nicht mehr durch Übertragung seines Vermögens auf Dritte entziehen. Andererseits ändert aber auch unverschuldeter Vermögensverlust nicht vor einer Inanspruchnahme, womit der Gesetzgeber weit über den gewollten Schutz vor Manipulationen hinausgegangen ist. Möglichkeiten einer Korrektur für solche Fälle werden im Falle grober Unbilligkeit über § 1381 gesehen (BGH FamRZ 12, 1479 m Anm Hoppenz; Fischinger NJW 12, 3611; vgl § 1381 Rn 16; aA MüKo/Koch § 1384 Rz 5, die für den Fall schicksalhafter Vermögensminderung eine Verlagerung auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung annimmt). Die Regelung ist nicht anwendbar, wenn die Ehe vor dem 1.9.09 rechtskräftig geschieden worden ist (BGH FamRZ 15, 121; FamRZ 14, 1610).

 

Rn 6

Für die Ermittlung des Nettovermögens bleiben solche Verbindlichkeiten unberücksichtigt, die ggü der Ausgleichsforderung nachrangig sind, wie zB die Erbfallschulden bei Beendigung des Güterstandes durch den Tod eines Ehegatten und Abwicklung per güterrechtlicher Lösung. Nicht berücksichtigt werden auch Bewertungsprivilegien wie das in § 1376 IV (Staud/Thiele Rz 9).

 

Rn 7

Angesichts des Umstandes, dass es nach II nur noch einen Zeitpunkt für die Berechnung des für die Höhe der Ausgleichsforderung maßgeblichen Vermögens gibt sowie der Tatsache, dass das Endvermögen ohnehin zu ermitteln ist, bedarf es einer ausdrücklichen Einrede für die Geltendmachung der Haftungsbegrenzung nicht.

D. Entstehen der Ausgleichsforderung und Vereinbarungen über sie (Abs 3).

I. Entstehen der Ausgleichsforderung.

 

Rn 8

Die Ausgleichsforderung entsteht mit der Beendigung des Güterstandes, gleich aus welchem Grund, ob also durch Ehevertrag, Rechtskraft eines die Ehe oder den Güterstand beendenden Beschlusses oder Tod. Im Fall der Scheidung können Prozesszinsen deshalb erst ab Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses verlangt werden, im Fall der Anfechtung einer Scheidung im Verbund erst mit der Rechtskraft der Verbundentscheidung (BGH FamRZ 86, 37; Zweibr FamRZ 04, 1032). Die gem §§ 1384, 1387 für die Berechnung des Zugewinns maßgeblichen Zeitpunkte sind für das Entstehen der Forderung ohne Bedeutung. Verstirbt ein Ehegatte vor der Rechtskraft der Scheidung, hinterlä...

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