Gesetzestext

 

(1) Aus einem Verlöbnis kann nicht auf Eingehung der Ehe geklagt werden.

(2) Das Versprechen einer Strafe für den Fall, dass die Eingehung der Ehe unterbleibt, ist nichtig.

A. Begriff des Verlöbnisses.

 

Rn 1

Verlöbnis ist das gegenseitige Versprechen zweier Personen, in Zukunft miteinander die Ehe einzugehen. Verlobte stehen in einem rechtlich geregelten personenrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis (BGH FamRZ 92, 160), wobei die §§ 1297 ff lediglich den Ausschluss von Einklagbarkeit und Strafversprechen (§ 1297) sowie die Rechtsfolgen der Auflösung (§§ 1298–1302) regeln, während Zustandekommen und Wirksamkeit des Verlöbnisses sich mangels spezieller Regelungen nach den allgemeinen Vorschriften über das Wirksamwerden von Rechtsgeschäften richten. Das wechselseitige Heiratsversprechen ist nach hM als Vertrag iSd §§ 137 ff, 145 ff zu qualifizieren (Waruschewski § 1 Rz 33; zum praktisch bedeutungslosen Theorienstreit bzgl der Rechtsnatur s Staud/Löhnig [2018] vor § 1297, Rz 20 ff mwN).

 

Rn 2

Wegen der Unterscheidung zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft vgl Vor §§ 1297 Rn 3.

B. Wirksamkeitsvoraussetzungen.

 

Rn 3

Das Zustandekommen eines Verlöbnisses erfordert übereinstimmende Willenserklärungen des Paares, die das ernsthafte gegenseitige Versprechen beinhalten, einander zu heiraten. Ein bloßes Liebesgeständnis oder Zusammenleben reichen nicht. Die Erklärungen müssen wechselseitig zugehen, doch ist eine Form gesetzlich nicht vorgeschrieben, weshalb sie auch konkludent erfolgen kann, zB als religiöse Eheschließung vor standesamtlicher Trauung, Anmeldung der Eheschließung beim Standesamt, gemeinsame Hochzeitsvorbereitungen, Einladung von Gästen zur Hochzeitsfeier. Hingegen reicht die Selbstbezeichnung zusammenlebender Partner als ›Verlobte‹ nicht, wenn kein ernstliches Eheversprechen vorliegt (BayObLG FamRZ 83, 1226).

 

Rn 4

Stellvertretung wie auch gesetzliche Vertretung sind angesichts der höchstpersönlichen Natur des Eheversprechens ausgeschlossen. Die Verknüpfung mit einer Bedingung ist – anders als nach § 1311 2 für die Eheschließung – möglich (RGZ 80, 88). Ebenso zulässig ist Zeitbestimmung auf einen Anfangstermin iSv § 163, nicht aber die Befristung auf einen Endtermin.

 

Rn 5

Auch Geschäftsunfähige sind verlöbnisfähig. Erforderlich für das Wirksamwerden der personenrechtlichen Folgen ist lediglich die Einsichtsfähigkeit. Das Verlöbnis Geschäftsunfähiger entfaltet jedoch keine schuldrechtlichen Wirkungen.

 

Rn 6

Es gelten die Nichtigkeitsgründe der §§ 134 (gesetzliches Verbot) und 138 I (Sittenwidrigkeit), weshalb das Verlöbnis unter Geschwistern oder von Personen, die in gerader Linie miteinander verwandt sind, wegen des damit verbundenen Verstoßes gegen die Eheverbote in §§ 1307, 1308 I nichtig ist. Sittenwidrig ist das Verlöbnis mit einem Verheirateten (Schlesw FamRZ 14, 1846); auch dann, wenn die Scheidungsvoraussetzungen vorliegen und die Scheidung betrieben wird (BGH FamRZ 84, 386). Indes schließt eine solche Nichtigkeit nicht aus, dass der gutgläubige Partner, der auf die Gültigkeit des Verlöbnisses vertraut hat, durch analoge Anwendung der §§ 1298 ff in seinem Vertrauen geschützt wird (Karlsr NJW 88, 3023 [OLG Karlsruhe 13.01.1988 - 6 U 202/86]).

 

Rn 7

Nicht anwendbar sind die Vorschriften zur Anfechtung von Rechtsgeschäften (§§ 119 ff, 142 f); nach zutreffender hM (LG Saarbrücken NJW 70, 327 [LG Saarbrücken 02.12.1969 - 11 S 259/69]; Staud/Löhnig [2018] vor § 1297 Rz 24) werden sie durch §§ 1298 f als spezielle Regelung zum Rücktritt vom Verlöbnis verdrängt. Anwendbar sind dagegen die Vorschriften zur Wirksamkeit bei verheimlichtem Vorbehalt (§ 116 1) sowie zur Nichtigkeit bei erkanntem Vorbehalt (§ 116 2), beim Scheingeschäft (§ 117) und bei Mangel der Ernstlichkeit (§ 118 mit Schadensersatzpflicht aus § 122).

C. Wirkungen.

I. Kein Zwang zur Eingehung der Ehe.

 

Rn 8

Die aus einem wirksam zustande gekommenen Verlöbnis resultierende Verpflichtung zur Eingehung der Ehe ist zwar materiell-rechtlich wirksam und mit den in §§ 1298 ff geregelten Rechtsfolgen verbunden, jedoch im Verfahren nicht durchsetzbar (I). Dies entspricht der durch Art 6 I GG gewährleisteten Freiheit, die Ehe mit einem selbst gewählten Partner einzugehen, ohne auch nur mittelbar zur Ehe mit einem anderen Partner gezwungen zu sein (BVerfG FamRZ 04, 765). Der Klagbarkeitsausschluss ist Verfahrenshindernis, eine Klage solchen Inhalts ist unzulässig.

 

Rn 9

Mittel zur Verhinderung eines auch nur mittelbaren Zwangs zur Eheschließung ist die in II normierte Nichtigkeit von Strafvereinbarungen für den Fall, dass die Eingehung der Ehe unterbleibt.

II. Sonstige Wirkungen.

 

Rn 10

Das Gesetz beschränkt sich auf die Regelung von Schadenersatz- und Rückgewähransprüchen bei Beendigung des Verlöbnisses (§§ 1298–1302), begründet aber darüber hinaus keine weitergehenden Verpflichtungen, insbesondere hat es weder unterhalts- noch güterrechtliche Auswirkungen, weshalb im Fall der Tötung eines Verlobten auch keine Ansprüche aus § 844 II bestehen (Frankf VersR 84, 449). Nur im Ausnahmefall sind Unterhaltsleistungen als Folge einer sittlichen Notwendigkeit steuerrechtlich als außergewöhnliche Belastung iS § 33a I...

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