Gesetzestext

 

Eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden, ist nichtig.

A. Anwendungsbereich.

 

Rn 1

Systematisch betrifft die nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung den Bereich zwischen geheimem Vorbehalt und Scheingeschäft. Weder erwartet der Erklärende, wie bei § 116, dass die Erklärung vom Empfänger ernst genommen wird, noch besteht ein Konsens über den Vorbehalt, so gem § 117. Neben Scherzen und Lehrbeispielen wird auch das misslungene Scheingeschäft von § 118 erfasst (BGH NJW 00, 3128 [BGH 14.07.2000 - V ZR 320/98]; krit München NJW-RR 93, 1168 [OLG München 14.01.1992 - 25 U 6622/90]). Der Erklärende erwartet, dass der Empfänger den Vorbehalt erkennen und nur zum Schein mit ihm zusammenwirken wird, während der Empfänger die Erklärung ernst nimmt. Auf prozessuale Erledigungserklärungen ist § 118 unanwendbar (VGH Mannheim BeckRS 21, 38983).

B. Voraussetzungen.

I. Willenserklärung.

 

Rn 2

Es muss der objektive Tatbestand einer Willenserklärung vorliegen, dh eines Verhaltens, von dem aus der Empfänger berechtigterweise auf einen Rechtsfolgewillen schließen darf. Der objektive Erklärungstatbestand fehlt, wenn zu Ausbildungszwecken ein Beispiel gegeben wird (Neuner AT § 40 Rz 9). § 118 gilt für empfangsbedürftige wie nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen (Testament: RGZ 104, 322).

II. Fehlende Ernstlichkeit.

 

Rn 3

Subjektiv verlangt die Vorschrift Doppeltes. Die Erklärung darf nicht ernstlich gemeint sein. Außerdem muss der Erklärende erwartet haben, dass die mangelnde Ernstlichkeit erkannt wird. Dem Erklärenden fehlt damit willentlich das Erklärungsbewusstsein (Staud/Singer § 118 Rz 5). Die mangelnde Ernstlichkeit muss vom Empfänger weder erkannt worden noch für ihn objektiv erkennbar gewesen sein (Bork AT Rz 812). Es muss zwar nicht unbedingt eine scherzhafte Erklärung erfolgt sein, doch betrifft die unter Druck oder aufgrund einer Provokation abgegebene Willenserklärung (›Schmerzerklärung‹) nicht § 118, sondern § 123 (Weiler NJW 95, 2608; s.a. Medicus/Petersen AT Rz 596; aA Tscherwinka NJW 95, 308).

C. Rechtsfolge.

 

Rn 4

Als Rechtsfolge ordnet § 118 – auch bei einem formbedürftigen Rechtsgeschäft (BGH NJW 00, 3128 [BGH 14.07.2000 - V ZR 320/98]; Thiessen NJW 01, 3026 [BGH 26.05.2000 - V ZR 399/99]) – die Nichtigkeit der Willenserklärung an. Demjenigen, der auf die Erklärung vertraut, hat der Erklärende gem § 122 verschuldensunabhängig den Vertrauensschaden bis zur Grenze des Erfüllungsschadens zu ersetzen, es sei denn, der Empfänger hat die fehlende Ernstlichkeit fahrlässig verkannt. Bemerkt der Erklärende, dass der Empfänger den Mangel der Ernstlichkeit nicht erkannt hat, ist er zur Aufklärung verpflichtet. Sonst kann ggf die Berufung auf § 118 ausgeschlossen sein.

D. Beweislast.

 

Rn 5

Wer sich auf die Nichtigkeit beruft, muss beide subjektiven Elemente beweisen, die mangelnde Ernstlichkeit sowie die Erwartung des Erklärenden, die fehlende Ernstlichkeit werde erkannt.

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