Gesetzestext

 

(1) 1Tritt ein Verlobter von dem Verlöbnis zurück, so hat er dem anderen Verlobten und dessen Eltern sowie dritten Personen, welche an Stelle der Eltern gehandelt haben, den Schaden zu ersetzen, der daraus entstanden ist, dass sie in Erwartung der Ehe Aufwendungen gemacht haben oder Verbindlichkeiten eingegangen sind. 2Dem anderen Verlobten hat er auch den Schaden zu ersetzen, den dieser dadurch erleidet, dass er in Erwartung der Ehe sonstige sein Vermögen oder seine Erwerbsstellung berührende Maßnahmen getroffen hat.

(2) Der Schaden ist nur insoweit zu ersetzen, als die Aufwendungen, die Eingehung der Verbindlichkeiten und die sonstigen Maßnahmen den Umständen nach angemessen waren.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn ein wichtiger Grund für den Rücktritt vorliegt.

A. Anwendungsbereich.

 

Rn 1

Die Vorschrift regelt den Ausgleich für durch einseitige Beendigung eines Verlöbnisses nutzlos gewordene Aufwendungen oder sonstige Maßnahmen, die der betroffene Verlobte, seine Eltern oder anstelle der Eltern Handelnde in Erwartung der Ehe getätigt haben. Sie normiert einen Anspruch auf Schadensersatz und knüpft diesen an den Rücktritt vom Verlöbnis, den der in Anspruch genommene Verlobte erklärt hat. Zu diesem Ersatzanspruch werden Voraussetzungen und Grenzen bestimmt. Zur Konkurrenz der Schadensersatzpflicht aus § 1298 mit anderen Anspruchsgrundlagen vgl § 1297 Rn 18.

B. Anspruchsvoraussetzungen.

 

Rn 2

Gesetzliche Voraussetzung ist zunächst ein wirksames Verlöbnis – s dazu § 1297 Rn 37.

 

Rn 3

Darüber hinaus sind §§ 1298, 1299 analog anwendbar im Fall eines zB nach § 138 I nichtigen Verlöbnisses (Schlesw FamRZ 14, 1846), oder dann, wenn ein minderjähriger oder gutgläubiger Partner auf die Gültigkeit eines wegen fehlender Zustimmung des gesetzlichen Vertreters unwirksamen Verlöbnisses vertraut hat und deswegen schutzbedürftig ist. Dies ist der Fall, wenn der gutgläubige ›Verlobte‹ den Nichtigkeitsgrund – etwa eine bestehende Ehe seines Partners (Oldbg FamRZ 16, 2102) – nicht kannte oder der volljährige Partner des Minderjährigen um dessen Minderjährigkeit wusste (Rechtsgedanke des § 109 II).

 

Rn 4

Voraussetzung ist stets, dass der Rücktritt vom Verlöbnis erklärt worden ist – s dazu § 1297 Rn 15. In Fällen analoger Anwendbarkeit der Norm muss sich der Rücktritt auf das vermeintliche Verlöbnis bezogen haben. Bei einverständlicher Entlobung ist § 1298 nicht anwendbar.

 

Rn 5

Anspruchsberechtigt ist der von der Rücktrittserklärung betroffene Verlobte. Auch die Eltern des Verlobten sind anspruchsberechtigt, allerdings in geringerem Umfang als der Verlobte. Ihnen stehen dritte Personen gleich, die an ihrer Stelle aus persönlicher Bindung und sittlichem Empfinden wie Eltern gehandelt haben – zB Großeltern, Stiefelternteile, Pflegeeltern, ältere Geschwister. Sonstige Dritte sind nicht anspruchsberechtigt.

 

Rn 6

Ersatzfähig sind bestimmte Maßnahmen, die der Anspruchsberechtigte im Hinblick auf die künftige Eheschließung getätigt hat. Für den Verlobten sind dies in Erwartung der Ehe gemachte Aufwendungen, aus diesem Grunde eingegangene Verbindlichkeiten (I 1) sowie sonstige ehebezogene Maßnahmen, die sein Vermögen oder seine Erwerbsstellung berühren (I 2). Ob auch Schäden immaterieller Art ersetzt verlangt werden können, erscheint problematisch (bejahend Oldbg FamRZ 16, 2102). Für Eltern und an deren Stelle handelnde Dritte sind nur in Erwartung der Ehe gemachte Aufwendungen oder aus diesem Grund eingegangene Verbindlichkeiten ersatzfähig (I 1), nicht aber sonstige Maßnahmen.

 

Rn 7

Aufwendungen sind vom Anspruchsteller aus seinem Vermögen in Erwartung der Ehe erbrachte Leistungen (BGH FamRZ 61, 424) wie zB Anschaffungen für den Haushalt, Zahlung von Miete oder Kaufpreis für eine Wohnung oder ein Wohngrundstück, Umzugskosten in Erwartung des Zusammenlebens nach der Heirat, Kauf des Brautkleids, Kosten der Verlobungsfeier, geldwerte Arbeitsleistungen bei unbezahltem Urlaub, unentgeltlich erbrachte freiberufliche oder gewerbliche Dienste (BGH aaO), nicht dagegen Gelegenheitsgeschenken im allgemeinen. Wegen der Verlobungsgeschenke vgl § 1301.

 

Rn 8

Als ehebezogene Verbindlichkeiten kommen in Betracht die Bestellung von Lieferungen oder Dienstleistungen für Verlobungs- oder Hochzeitsfeier, die Aufnahme von Kredit zum Erwerb von Hausrat, Eigentumswohnung oder Eigenheim sowie der Abschluss dahingehender Miet- oder Kaufverträge, soweit dies nicht nur dem Zusammenleben in der Partnerschaft vor Eingehung der Ehe dient (Köln FamRZ 95, 1142).

 

Rn 9

Zugunsten des betroffenen Verlobten sind neben ehebezogenen Aufwendungen und Verbindlichkeiten auch sonstige Maßnahmen ersatzfähig, die er in Erwartung der Ehe in Bezug auf sein Vermögen oder seine Erwerbsstellung getroffen hat (I 2). Hierunter fallen die Aufgabe einer Erwerbstätigkeit, die Kündigung der bisherigen Wohnung, die Veräußerung von bisher genutzten Haushaltsgegenständen oder von Wertgegenständen, der Verzicht auf Unterhaltsansprüche aus früherer Ehe (RGZ 163, 280).

 

Rn 10

Aufwendungen, Verbindlichkeiten oder sonstige Vermögensdispositionen müsse...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge