Rn 2

Nach allgM kann § 39 S 1 gleichermaßen die örtliche und sachliche Zuständigkeit eines Gerichts begründen (s nur KG VersR 88, 909; Hamm NJW 88, 653; Musielak/Voit/Heinrich Rz 2; Zö/Schultzky Rz 2), nicht aber die Zulässigkeit des Rechtswegs (Ddorf DAR 14, 322; Musielak/Voit/Heinrich Rz 2; Zö/Schultzky Rz 2; vgl auch BGH NJW 97, 328). Zur internationalen Zuständigkeit s Rn 12. Zu den Grenzen Rn 7 f. Im Verfahren zur Aufhebung eines Schiedsspruchs (§§ 1059, 1062 I Nr 4) kann sich die örtliche Zuständigkeit des OLG ebenfalls aufgrund rügeloser Einlassung iSd § 39 S 1 ergeben (Stuttg NJW-RR 03, 495 [OLG Stuttgart 16.07.2002 - 1 Sch 8/02]; Zö/Schultzky Rz 3; Musielak/Voit/Heinrich Rz 2). Dasselbe dürfte bei allen Anträgen nach § 1062 gelten. Allerdings setzt dies eine mündliche Verhandlung voraus (vgl München SchiedsVZ 08, 307, 308 [OLG München 17.10.2008 - 34 SchH 11/08]; s dazu näher Rn 5). Im schiedsrichterlichen Verfahren selbst ist § 39 S 1 dagegen nicht ohne Weiteres anwendbar (vgl Musielak/Voit/Heinrich Rz 2; Wackenhuth KTS 85, 425, 429; vgl auch § 1027). Der Anwendungsbereich des § 39 ist, wie bereits der Wortlaut zeigt, auf die 1. Instanz beschränkt (BGH NJW 87, 3081 [BGH 13.07.1987 - II ZR 188/86]). Zur rügelosen Einlassung in der Berufungsinstanz s § 295 und § 525 Rn 5. Die Vorschrift steht in einem Spannungsverhältnis zu § 282 III, wonach Rügen, welche die Zulässigkeit der Klage betreffen, bis zum Beginn der Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen sind. § 39 S 1 stellt demgegenüber auf die mündliche Verhandlung selbst ab (Rn 5). Nach richtiger Auffassung muss § 39 deshalb Vorrang vor § 282 III haben mit der Folge, dass eine Präklusion nach § 282 III iVm § 296 III nicht stattfindet (BayObLG NJW-RR 21, 1000; Frankf OLGZ 83, 99, 101; Oldbg NJW-RR 99, 865, 866; Saarbr NJW 05, 906, 907; Saarbr 19.10.22 – 5 U 17/22; Zö/Schultzky Rz 5; ebenso BGHZ 134, 127, 134 f; BGH MDR 14, 674, 675 für die internationale Zuständigkeit; vgl auch BGHZ 147, 394, 397).

I. Unzuständigkeit des Gerichts.

 

Rn 3

§ 39 S 1 setzt zunächst voraus, dass eine Unzuständigkeit des Gerichts (Rn 2) gegeben ist. Wo eine Zuständigkeit bereits aufgrund anderer Zuständigkeitsnormen begründet ist, scheidet § 39 S 1 in jedem Fall aus. Dem hat die Prüfung durch das Gericht Rechnung zu tragen.

II. Rügelose Verhandlung zur Hauptsache.

1. Rügeverzicht.

 

Rn 4

Die zuständigkeitsbegründende Wirkung nach § 39 S 1 ist zunächst daran gebunden, dass der Bekl auf die Zuständigkeitsrüge verzichtet. Entscheidend ist der tatsächliche Rügeverzicht, so dass Ankündigungen, auf die Zuständigkeitsrüge verzichten zu wollen, nicht die Rechtsfolge des § 39 S 1 begründen (vgl BGH NJW-RR 13, 764 [BGH 19.02.2013 - X ARZ 507/12]). Zur Zuständigkeitsrüge und den Rügeverzicht eingehend § 12 Rn 10 – diese Ausführungen gelten für die sachliche Zuständigkeit entsprechend. Zur treuwidrigen Einlassung s Rn 11.

2. Mündliches Verhandeln zur Hauptsache.

 

Rn 5

§ 39 S 1 setzt grds eine mündliche Verhandlung voraus (vgl BGH WM 21, 894; Saarbr OLGR 02, 331 f; München SchiedsVZ 08, 307; Zö/Schultzky Rz 8). Deshalb werden Verfahren, bei denen lediglich eine Anhörung der Parteien erfolgt, nicht von der Vorschrift erfasst (vgl Zö/Schultzky Rz 8; vgl auch § 128 IV), Bsp: § 37 I, § 281 oder § 17a GVG und die einstweilige Verfügung (vgl KG GRUR-RR 19, 34). Auch die Güteverhandlung stellt keine mündliche Verhandlung idS dar (vgl § 278 II; Zö/Schultzky Rz 8), ebenso wenig das schriftliche Vorverfahren nach § 276 (vgl BayObLG 12.6.19 – 1 AR 62/19; Musielak/Voit/Heinrich Rz 4), das selbständige Beweisverfahren (iE ebenso Jena OLGR 00, 59) oder das Mahnverfahren (Köln Rpfleger 17, 407 [OLG Köln 18.11.2016 - 19 U 25/16]). Dagegen findet § 39 S 1 Anwendung im schriftlichen Verfahren gem § 128 (BGH NJW 70, 198; Zö/Schultzky Rz 8; Musielak/Voit/Heinrich Rz 4; ThoPu/Hüßtege Rz 1) und im Verfahren nach Lage der Akten gem §§ 251a, 331a (Zö/Schultzky Rz 8; Musielak/Voit/Heinrich Rz 4). Ein mündliches Verhandeln ist schon dann gegeben, wenn die Parteien und das Gericht zum Streitgegenstand erörtern (Saarbr OLGR 02, 331 f; München ZInsO 18, 1863; Zö/Schultzky Rz 6; Musielak/Voit/Heinrich Rz 4; MüKoZPO/Patzina Rz 6), wobei einseitige Antragstellung der beklagten Partei grds als Verhandeln zur Sache zu bewerten sein kann (BGH GRUR 19, 213 [BGH 27.11.2018 - X ARZ 321/18]). Ein vorheriges Stellen der Anträge ist aber nicht erforderlich (Dresd IPRsp 99, Nr 115; München ZInsO 18, 1863; Musielak/Voit/Heinrich Rz 4; vgl auch Frankf JurBüro 85, 1556 f; Saarbr OLGR 02, 331 f; aA Dresd OLGR 97, 187). Eine mündliche Verhandlung ist nämlich auch eröffnet (vgl § 136 I), wenn die Sachanträge nicht zu Beginn gestellt werden, da der Termin zur mündlichen Verhandlung nicht stets mit der Antragstellung beginnen muss (§ 137 I). Vielmehr können zunächst eine Einführung in den Sach- und Streitstand sowie ein Güteversuch angebracht sein, ohne dass das Gesetz hierfür eine zeitliche Reihenfolge vorsieht (so richtig BGHZ 109, 41, 44; vgl auch Saarbr OLGR 02, 331f). Deshalb fallen auch Vergleichsverhandlungen unter § 39 S 1, wenn die Sach- und Rechtslage erörtert word...

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