Gesetzestext

 

Einer Partei, die den Einspruch eingelegt hat, aber in der zur mündlichen Verhandlung bestimmten Sitzung oder in derjenigen Sitzung, auf welche die Verhandlung vertagt ist, nicht erscheint oder nicht zur Hauptsache verhandelt, steht gegen das Versäumnisurteil, durch das der Einspruch verworfen wird, ein weiterer Einspruch nicht zu.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Norm schließt den wiederholten Einspruch zwecks Vermeidung einer Prozessverschleppung aus (Mot zur CPO, 235 = Hahn/Mugdan, Materialien, 298; BGH NJW-RR 08, 876, 877 [BGH 03.03.2008 - II ZR 251/06]).

 

Rn 2

Nach hM (BGHZ 141, 351, 356; KG MDR 00, 293; MüKoZPO/Prütting Rz 9 ff; Musielak/Voit/Stadler Rz 4 mwN) stellt § 345 die Säumnis im Einspruchstermin dem Verzicht auf den Einspruch gegen das Versäumnisurteil gleich, was mit dem Wortlaut (Verwerfung des Einspruchs), der eingeschränkten Berufung (§ 514 II 1) und der abweichenden Bestimmung für den Vollstreckungsbescheid (§ 700 VI) begründet wird. Nach Auffassung der Arbeitsgerichte (BAGE 23, 92, 96; 25, 475, 477; BAG NZA 94, 1102, 1103) und eines Teils des Schrifttums (St/J/Bartels Rz 6 mwN; Zö/Herget Rz 4) ergeben sich aus § 345 dagegen keine von §§ 330 ff abweichenden Voraussetzungen für das zweite Versäumnisurteil.

B. Voraussetzungen.

 

Rn 3

§ 345 ist nur anwendbar, wenn ein wirksames erstes Versäumnisurteil durch Verkündung nach § 311 oder durch Zustellung nach § 310 III (Dresd OLG-NL 96, 143) ergangen und durch wirksamen Einspruch angefochten worden ist (str dazu § 341 Rn 5).

 

Rn 4

Der Einspruchsführer muss im Einspruchstermin säumig sein. Unerheblich ist, ob er auch bei Erlass des ersten Versäumnisurteils säumig war (BGHZ 97, 341, 345). Die Vorschrift ist dagegen nicht anzuwenden, wenn die Partei in einem nachfolgenden Termin erneut (Frankf NJW-RR 11, 216) oder der Gegner im Einspruchstermin säumig ist. Ein Unterschied zwischen der Säumnis im ersten Termin, in dem das Versäumnisurteil ergangen ist, und der im Einspruchstermin besteht grds nicht (BGHZ 141, 351, 354). Der erschienene Einspruchsführer ist säumig, wenn er nicht verhandelt (dazu § 333 Rn 3–5). Das ist der Fall, wenn er sich nur zur Zulässigkeit des Rechtsbehelfs äußert; es sei denn, dass der Termin ausnahmsweise nur zu dem Zweck bestimmt worden ist (s § 341a Rn 1). Wegen der einschneidenden Folgen des § 345 reicht es grds aus, wenn der Einspruchsführer über die Sachurteilsvoraussetzungen – wie über die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts – verhandelt (Münzberg ZZP 80, 484, 486).

 

Rn 5

Der Gegner des säumigen Einspruchsführers muss den Verfahrensantrag auf Verwerfung des Einspruchs durch zweites Versäumnisurteil stellen (vgl Stuttgart NJW 94, 1884 [OLG Stuttgart 13.08.1993 - 2 U 48/93]). Der Gegner darf zudem kein anderes Sachbescheidungsinteresse als beim Erlass des (ersten) Versäumnisurteils verfolgen (zu den Entscheidungen bei Parteiwechsel, Klageänderung oder -erweiterung s Rn 8).

C. Die gerichtlichen Entscheidungen.

 

Rn 6

Bei einem Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid hat das Gericht nach § 700 VI iVm § 331 I, II sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen und die Schlüssigkeit der Klage zu prüfen (BGHZ 73, 87, 90; 112, 367, 371). Liegen die Voraussetzungen für ein Versäumnisurteil nach § 331 nicht vor, ist die Klage durch kontradiktorisches Urt abzuweisen.

 

Rn 7

Ist Einspruch gegen ein Versäumnisurteil eingelegt worden und der Einspruchsführer im Einspruchstermin säumig, ist nur noch zu prüfen, ob dieser ordnungsgemäß geladen worden ist (§ 335 I Nr. 2) und sein Nichterscheinen nicht unverschuldet ist (§ 337; Bsp für eine verschuldete Versäumung des Verhandlungstermins im Zusammenhang mit Einschränkungen des Zugverkehrs BGH, Beschl v 8.3.17 – III ZR 39/17, juris Rz 7). Liegen dafür keine Anhaltspunkte vor, ist der Einspruch grds ohne Sachprüfung zu verwerfen (BGHZ 114, 351, 354; s Rn 2). Eine Schlüssigkeitsprüfung findet nicht statt (BGH NJW-RR 20, 575 [BGH 18.02.2020 - XI ZB 11/19] Rz 10f).

 

Rn 8

Ausnahmen ergeben sich bei einer durch den Gegner veranlassten Änderung des Streitgegenstands. Erfolgt nach dem ersten Versäumnisurteil ein Parteiwechsel oder eine Klageänderung (§ 263), kann kein zweites Versäumnisurteil ergehen. Das erste Versäumnisurteil ist dann aufzuheben und – soweit zulässig – ein dem neuen Antrag entsprechendes (erstes) Versäumnisurteil zu erlassen (Karlsr NJW-RR 93, 383, 384). Bei einer Klageerweiterung ist tw durch zweites, iÜ durch erstes Versäumnisurteil zu entscheiden (Köln NJW-RR 88, 701).

D. Rechtsmittel.

 

Rn 9

Hat das Gericht den Einspruch durch zweites Versäumnisurteil verworfen, ist die Instanz beendet. Dem Einspruchsführer stehen nur die Rechtsmittel der Berufung oder der Revision zu, die zwar ohne Rücksicht auf den Wert der Beschwer und eine Zulassung des Rechtsmittels statthaft sind (BGH NJW-RR 08, 876 [BGH 03.03.2008 - II ZR 251/06]; s.u. § 514 Rn 11, § 565 Rn 2; anders für die Revision nach § 72a ArbGG: BAG NZA 04, 871 [BAG 22.04.2004 - 2 AZR 314/03]; 07, 944 [BAG 05.06.2007 - 5 AZR 276/07]), deren Zulässigkeit nach §§ 514 II 1, 565 jedoch den schlüssigen Vortrag voraussetzt, dass ein Fall schuldh...

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